August 1945: US-Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki

Am 6. August 1945 warf ein US-Bomber eine Atombombe über Hiroshima ab. In der folgenden riesigen Explosions- und Hitzewelle wurden ungefähr 80 Prozent der japanischen Hafenstadt sofort zerstört. Am 9. August fiel eine weitere Atombombe auf Nagasaki. Insgesamt wurden 200 000 Menschen getötet und über 100 000 verwundet, darunter auch viele Zwangsarbeiter aus Korea und China. In den Jahrzehnten danach und bis heute gab es unzählige Opfer aufgrund der langfristigen Strahlenfolgen.
Zum Zeitpunkt der Bombenabwürfe stand die Kapitulation Japans ohnehin bevor. Ziel der US-Führung war nicht die Beschleunigung der Kapitulation, sondern eine Demonstration ihrer Macht – und ein Test der beiden Bomben unterschiedlicher Bauart unter realen Bedingungen. Für diese Kriegsverbrechen wurden die USA nie zur Verantwortung gezogen.

Atombombe und „friedliche“ Nutzung der Kernenergie

Der Atomwaffensperrvertrag (auch Nuklearer Nichtverbreitungsvertrag, NVV) von 1970 stellt grundsätzlich fest, dass Atomwaffen die Menschheit insgesamt gefährden. Entsprechend sagten die unterzeichnenden Atomstaaten zu, Atomwaffen nicht an andere Staaten weiterzugeben und in naher Zukunft Verhandlungen über wirksame Maßnahmen zur Beendigung des nuklearen Wettrüstens und zur nuklearen Abrüstung zu führen. Im Gegenzug verpflichteten sich die Nicht-Atomstaaten, auf Nuklearwaffen zu verzichten.

Der NVV enthält aber auch die Vereinbarung, Erforschung, Erzeugung und Verwendung der Kernenergie für friedliche Zwecke weltweit zu fördern – unter Wahrung der Gleichbehandlung. Er sieht Kontrollen durch die Internationale Atomenergie-Organisation
(IAEO) vor, ob die Nicht-Atomwaffenstaaten das vereinbarte Verbot der Atomrüstung einhalten. Diese Verpflichtung zur Kontrolle suggerierte, dass die Förderung der Kerntechnik nicht zu einer Verbreitung der Atomwaffen führen würde. Damit ermöglichte der NVV den profitablen globalen Export von Kernkraftwerken – zutreffender wäre es, ihn als „Kerntechnikverbreitungsvertrag“ zu bezeichnen. Doch wer die Technik zur Energieerzeugung importiert, erwirbt damit technische und materielle Fähigkeiten zum Bau von Atombomben. Vor allem aus diesem Grund wurden und werden Atomkraftwerke (AKWs) zur Stromerzeugung eingesetzt – trotz der Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima und gegen jede wirtschaftliche Vernunft, denn Atomkraft ist die teuerste Art der Energieerzeugung. Doch solange es Atomwaffen gibt, werden weitere Staaten die Atomtechnik übernehmen und ausbauen, um perspektivisch mit einem atomaren Gegenschlag drohen zu können. Als Unterzeichnerstaat des NVV hat der Iran wie alle anderen Staaten das Recht auf die Nutzung der Kernenergie zur Stromerzeugung und für wissenschaftliche und medizinische Zwecke. Dennoch ist das Land wegen seiner Atomanlagen seit Jahren wirtschaftlich zerstörerisch wirkenden Sanktionen ausgesetzt. Wären die Befürchtungen gegenüber dem Iran ernst gemeint, gäbe es auch die Wahl, einen Atomwaffenfreien Nahen Osten zu fordern und Verhandlungen in diese Richtung aufzunehmen – dann müssten allerdings auch die Atomwaffen Israels einbezogen werden, von denen sich nicht nur der Iran bedroht fühlt.

Auch andere Verbündete des Westens in der Region, die eigentlich aufgrund der Erdöl- und Erdgasvorkommen, aber auch wegen der guten Bedingungen zur Erzeugung von Solar- und Windenergie keinerlei Bedarf an Atomstrom hätten, greifen jetzt
nach der atomaren Option: In Saudi-Arabien, Ägypten, Jordanien und der Türkei sind AKWs in Planung; in den Vereinigten Arabischen Emiraten ging der erste Reaktorblock bereits ans Netz.

Atomare Aufrüstung

Derzeit modernisiert die weltweit größte Militärmacht USA ihre Atombomben und Trägerwaffen mit Milliardenbeträgen – und zwingt damit potenzielle Gegner nachzuziehen. Die US-Rüstungsproduzenten, die durch ihre Lobbypolitik und Finanzspritzen
an Politiker enormen Einfluss haben, erhoffen sich riesige Profite. Um diese Pläne durchzusetzen, braucht es aber vor allem ein Feindbild: Wie früher die Sowjetunion werden jetzt Russland, vor allem aber China systematisch als gefährliche und aggressive Gegner dargestellt.

Doch es ist nicht Russland, das sich aus internationalen Überwachungs- und Abrüstungsvereinbarungen zurückgezogen hat: Die USA kündigten 2019 den INF-Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme, der 1987 zwischen den USA und der Sowjetunion vereinbart worden war und weitreichende Inspektions- und Kontrollmechanismen vorsah; dieser Vertrag hatte tatsächlich zur Vernichtung einer ganzen Kategorie von Atomwaffen geführt. Die russische Regierung strebt weiterhin Gespräche und Vereinbarungen über atomare Abrüstung an. Das ist auch kein Wunder: Noch viel weniger als die ehemalige Sowjetunion hat Russland das militärische und ökonomische Potenzial, ein atomares Wettrüsten auf Dauer durchzuhalten. Die VR China sieht sich zur atomaren Aufrüstung gezwungen: Das Land verfügt über etwa 350 Atomsprengköpfe, das sind weniger als die Frankreichs und Englands zusammen – und weltweit gibt es mehr als 13.000 Atomsprengköpfe.

Die USA drängen die NATO-Mitglieder zur Aufrüstung – und natürlich sollen sie bei US-Unternehmen einkaufen! Die Regierung Biden hat bis jetzt an den umfassenden Plänen zur Modernisierung des US-Atomwaffenpotenzials festgehalten. Auch die
im rheinland-pfälzischen Büchel lagernden etwa 20 US-Atombomben werden modernisiert; die Bundesregierung plant die Anschaffung neuer Kampfflugzeuge des US-Herstellers Boeing für etwa 8 Milliarden Euro, die als Träger für diese neuen Bomben
geeignet sind.

Atomwaffenverbotsvertrag und deutsche Ambitionen

Wie bisher schon chemische und biologische Waffen sind jetzt endlich auch Atomwaffen – die Massenvernichtungswaffen schlechthin – verboten: Im Januar 2021 ist der Atomwaffenverbotsvertrag (AVV) der UNO in Kraft getreten: Er verbietet  Entwicklung, Produktion, Test, Erwerb, Lagerung, Transport, Stationierung, Einsatz von und Drohung mit Atomwaffen. Alle Staaten sollen sich einer entsprechenden Überprüfung unterziehen. Der Vertrag wurde von einer großen Mehrheit der UNO-Mitgliedstaaten unterstützt – nicht aber von den bisherigen Atommächten und auch nicht von den NATO-Staaten.

Deutschland hat nie eigene Atomwaffen besessen. Man sollte meinen, dass es für die Bundesregierung überhaupt keine Frage wäre, sich gegen die Atomrüstung zu positionieren und – wie z. B. Österreich – den AVV zu unterzeichnen. Nicht zuletzt wäre das auch eine Basis für die Forderung an die USA, ihre in Büchel stationierten Atombomben abzuziehen, statt zu „modernisieren“. Gegenüber den bis jetzt in Büchel gelagerten Bomben ist die Sprengkraft der neuen B61-12-Bomben zwar geringer und zudem variierbar – doch das macht sie nur umso gefährlicher, denn mit ihnen wird die Vorstellung eines begrenzten Atomschlags verbunden! Doch die Vorwarnzeiten für die Auslösung eines atomaren Gegenschlags sind inzwischen derart gering, dass ein atomares Inferno nach einem solchen „begrenzten“ Atomschlag nur allzu wahrscheinlich ist. In dem Fall läge Deutschland im Zentrum eines atomaren Schlachtfelds, denn nach militärischer Logik wären die US-Atombomben in Büchel und die Schaltzentralen des US-Militärs in Deutschland natürliches Ziel eines Gegenschlags.

Die regierenden Parteien wollen diese Gefahren nicht wahrhaben: Der Bundesregierung ist vor allem die nukleare Teilhabe im Rahmen der NATO wichtig. Zudem zielt sie auf Teilhabe an den französischen Atomwaffen; über eine stärker institutionalisierte
EU-Außen- und Militärpolitik wäre auch Deutschland Atommacht. Es gibt weitere Hinweise darauf, dass die Bundesregierung sich die Option auf Atomwaffen offenhalten will: Weder die Urenco-Urananreicherungsanlage in Gronau noch die Brennelementfertigungsanlage Lingen wurde in den Beschluss zum Ausstieg aus der Kernenergie einbezogen. Der deutsch-britisch-niederländische Urenco-Konzern, an dem auch RWE und Eon beteiligt sind, reichert Uran in Zentrifugen an
und stellt nuklearen Brennstoff für AKWs her; mit dieser Technik kann auch hochangereichertes Uran für Atomwaffen erzeugt werden. Die in französischem Besitz befindliche Brennelementefabrik in Lingen stellt Brennstoff für europäische Atomkraftwerke
her. Zudem wird im Forschungsreaktor FRM II in Garching bei München in signifikanten Mengen hochangereichertes, waffenfähiges Material eingesetzt.

Klimawandel und Atomkraft

Die derzeit propagierten ehrgeizigen Förderpläne für Wasserstoff als Antrieb für LKWs, Flugzeuge, Schiffe und in der Industrie sollten misstrauisch machen: Die Atomlobby wittert Morgenluft! Sie stellt die Atomenergie als „kohlenstoffarm“ und „nachhaltig“ dar und als idealen Partner für die Wasserstofferzeugung. Wenn sich diese Interpretation, die von Frankreich und einigen osteuropäischen Staaten geteilt wird, in der EU durchsetzt, könnten damit nicht nur Laufzeitverlängerungen, sondern
auch neue AKWs begründet werden. Die umfangreiche Erzeugung von Wasserstoff durch Kernkraft – der sogenannte „gelbe Wasserstoff“ – würde die ohnehin immer drängenderen Gefahren durch Atomwaffen und Atomkraftwerke und deren strahlende
Hinterlassenschaften endgültig unbeherrschbar machen. Gerade die Folgen des Klimawandels machen die Errichtung solcher Kraftwerke immer mehr zu einem hochgefährlichen Vabanquespiel, denn die Sicherheit bisheriger und potenzieller Standorte –
wegen der erforderlichen Kühlung zumeist an Küsten und Wasserläufen – ist immer weniger vorhersehbar.

Atomwaffen abschaffen, Atomkraftwerke abbauen!

Der einzige Schutz vor weiterer nuklearer Verseuchung der Erde besteht in der Vernichtung aller Atomwaffen, dem Abbau aller AKWs und der internationalen Kontrolle aller Strahlenquellen aus militärischer und „friedlicher“ Nutzung.
Wir fordern von der Bundesregierung:

  • Unterzeichnung und Ratifizierung des UN-Atomwaffenverbotsvertrags
  • Distanzierung von der atomaren Erstschlagdoktrin der NATO, stattdessen Druck in Richtung umfassender internationaler Abrüstungsverhandlungen
  • Abzug, nicht Modernisierung der in Büchel lagernden US-Atombomben
  • Entscheidung gegen die Anschaffung neuer atomwaffenfähiger Trägerflugzeuge
  • Ächtung von Uranmunition, die von der NATO in Kriegen eingesetzt wird
  • Schnellstmöglicher Abbau aller AKWs in Deutschland
  • Schließung der Gronauer Urananreicherungsanlage, der Brennelementefabrik in Lingen und des Forschungsreaktors FRM II in Garching
  • Verbot des Handels mit Kernbrennstoffen und kerntechnischen Anlagen
  • Verbot der Erzeugung und des Imports von „gelbem Wasserstoff“

Hamburg Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung, www.hamburgerforum.org