Redebeitrag für die Hiroshima / Nagasaki-Gedenkveranstaltung am 6. August 2023 in Bremen

 

- Es gilt das gesprochene Wort –

 

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

Als ich ein Kind war, wurden uns noch in der Schule die schrecklichen Bilder vom Atombombenabwurf auf Hiroshima und Nagasaki vor Augen geführt und es war klar: Ein solcher Akt der Barbarei darf sich niemals wiederholen. Als Christ habe ich dann gelernt: Gott hat in Jesus die Menschen zu seinen Schwestern und Brüdern erklärt, sie zur Feindesliebe berufen und zu Gesandten seiner Friedensbotschaft gemacht. Und wer Menschen, egal welcher Nationalität, tötet, misshandelt oder auch nur bedroht, der leugnet das Heilshandeln Gottes. Eine wirklich schlimme Sünde dabei ist die Bedrohung von Schwestern und Brüdern, die man zu Feinden erklärt hat, mit Atomwaffen. Heute muss ich feststellen, dass

Atomwaffen nicht wie im Atomwaffensperrvertrag vereinbart schrittweise abgebaut werden, sondern modernisiert werden. Militärstrategen halten den Einsatz zielgenauer sprengkraftbegrenzter Atomwaffen für verantwortbar. Und der Krieg in der Ukraine führt uns vor Augen, dass die Umsetzung solcher wahnwitzigen Überlegungen immer wahrscheinlicher wird.

Dagegen muss sich jeder vernünftig denkende Mensch und besonders jede Christin/jeder Christ erheben. Der Friedenskreis der Gemeinde Unser Lieben Frauen hat deshalb unterstützt vom Kirchenvorstand der Andreasgemeinde eine Resolution verfasst, in der die Bundesregierung aufgefordert wird, dem Atomwaffenverbotsvertrag beizutreten. Darin heißt es:

„Schritte zu einer Deeskalation sind das Gebot unserer Zeit, wenn wir nicht auf ein atomares Inferno zusteuern wollen. Jetzt ist die Zeit zu handeln!

Seit dem 22. Januar 2021 ist der Atomwaffenverbotsvertrag völkerrechtlich verbindlich in Kraft. Er verbietet jegliche Entwicklung, Erprobung, Herstellung, Erwerb oder Lagerung von Kernwaffen, einschließlich der unmittelbaren oder mittelbaren Annahme ihrer Verfügungsgewalt. Bisher haben 92 Staaten diesen Vertrag unterzeichnet und 68 Staaten haben ihn ratifiziert. Die Bundesrepublik Deutschland hat ihre Zustimmung bisher verweigert und will an der sogen. atomaren Teilhabe festhalten. Dabei hatten schon 2010 die Fraktionen des Bundestages von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen in einem gemeinsamen Antrag an die Regierung u.a. gefordert, verbindlich auf den Einsatz von Atomwaffen zu verzichten und auf den Abzug der amerikanischen Atomwaffen aus Deutschland zu drängen (Drucksache 17/ 1159).

Und schon im „Zwei + Vier-Vertrag“ zur deutschen Einheit (seit 15.03.1991) haben die damaligen deutschen Regierungen sich auf Verzicht von Besitz, Herstellung und Verfügungsgewalt über atomare, biologische und chemische Waffen verpflichtet.

Ein Schritt zur Deeskalation der gegenwärtigen bedrohlichen Spannungen durch den Krieg in der Ukraine ist die Unterzeichnung und Ratifizierung des Atomwaffen-Verbots-Vertrages (AVV) durch die deutsche Regierung.“

Diese Resolution soll nach dem Willen der Verfasser über die jeweiligen Kirchenverwaltungen der Bundesregierung zugeleitet werden. Das ist vielleicht nur ein kleiner Schritt in einer bedrohlichen Lage. Aber es ist wichtig, dass jede und jeder am jeweiligen Ort deutlich macht, das ein erneutes Inferno wie vor 78 Jahren in Hiroshima verhindert werden muss.

 

Wilfried Preuß-Hardow ist (ehem. Friedensbeauftragte der Bremischen Ev. Kirche.