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Redebeitrag für den Ostermarsch XX (Stadt) am XX. April 2019 (Datum)
- (ggf.) Sperrfrist: XX. April 2019, Redebeginn: XX Uhr -
- Es gilt das gesprochene Wort -
Liebe Freundinnen und Freunde,
seit mehr als vier Jahren führen Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate gemeinsam mit ihren Verbündeten einen entsetzlichen Krieg im Jemen und die Schreckensmeldungen reißen nicht ab.
Mehr als 24 Millionen Menschen benötigen dringend humanitäre Hilfe, 14 Millionen Menschen sind vom Hungertod bedroht. Die Zahl der an Cholera Erkrankten übersteigt mittlerweile die Einwohnerzahl Kölns. Die Vereinten Nationen bezeichnen die Situation im Jemen als die „weltweit schwerste humanitäre Krise“. Die von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten angeführte Kriegskoalition ist mit ihren Luftangriffen und der Seeblockade des Jemens für diese Krise maßgeblich mitverantwortlich. Seit Beginn der Militärintervention im März 2015 hat die Kriegskoalition über 19.000 Luftangriffe geflogen – alle 106 Minuten einen. Diese richten sich regelmäßig auch gegen die Zivilbevölkerung und zivile Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Schulen.
Trotz des Krieges werden Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und ihre Verbündeten auch von Deutschland aus und von deutschen Konzernen mit Rüstungsgütern versorgt. Seit 2015 genehmigte die Bundesregierung Rüstungsexporte in Länder der Jemen-Kriegskoalition im Wert von über 5 Milliarden Euro! Darunter beispielsweise Patrouillenboote, Haubitzen und Raketen. Rüstungsgüter werden aus Deutschland, im Rahmen europäischer Gemeinschaftsprojekte und zudem über ausländische Tochter- und Gemeinschaftsunternehmen deutscher Konzerne geliefert.
Und diese Rüstungsgüter werden im Jemen-Krieg eingesetzt. So fallen im Jemen Bomben einer italienischen Tochterfirma des deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall. Für die Bombardierungen stehen dem saudischen Königreich beispielsweise Eurofighter zur Verfügung – Kampflugzeuge, die von Rüstungsunternehmen in verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten gemeinsam gebaut werden und die zu 30 Prozent aus deutschen Teilen bestehen. Medienberichten zufolge sollen sich die aus Deutschland exportierten Patrouillenboote zudem an der Seeblockade beteiligt haben.
Deutschland und deutsche Rüstungsunternehmen sind also mitverantwortlich an dem unermesslichen Leid der Zivilbevölkerung im Jemen! Und was macht die Bundesregierung?
Es ist kaum noch zu zählen, wie oft versprochen wurde, keine Rüstungsexporte mehr zu genehmigen, die im Jemen-Krieg verwendet werden können. Doch alle Vereinbarungen lassen riesige Hintertüren offen, um doch in die Krisenregion zu exportieren.
Vor einem Jahr hat sich die Große Koalition im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, keine Lieferungen mehr an Staaten zu genehmigen, solange diese unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind. Bereits genehmigte Exporte konnten jedoch noch ausgeführt werden. Im November 2018 folgte dann der Exportstopp gegen Saudi-Arabien, der jüngst abermals um ein halbes Jahr verlängert wurde. Es ist unakzeptabel und unverständlich, warum dieser Exportstopp zeitlich befristet und nur gegen Saudi-Arabien und nicht gegen alle Staaten der Jemen-Kriegskoalition, insbesondere die Vereinigten Arabischen Emirate, verhängt wurde. Hinzukommt, dass auch dieser Exportstopp eigentlich seinen Namen nicht verdient – bis Ende September soll es zwar keine Rüstungsexporte aus Deutschland an Saudi-Arabien geben, europäische Partner wie Großbritannien, die Kampfflugzeuge nach Saudi-Arabien liefern wollen, dürfen jedoch wieder mit Komponenten beliefert werden.
Diese Entscheidung wird unter anderem damit begründet, sich mit dem Exportstopp innerhalb Europas nicht isolieren zu wollen. Doch Rüstungsexporte in Kriegs- und Krisenregionen mit dem Argument Europa begründen zu wollen ist zynisch und falsch.
Das Europäische Parlament hat bereits mehrfach einen EU-weiten Stopp von Waffenexporten nach Saudi-Arabien gefordert. Die Niederlande, Finnland und Dänemark haben ebenfalls Rüstungsexport-Beschränkungen gegen Saudi-Arabien und - anders als Deutschland - gegen die Vereinigten Arabischen Emirate verhängt. Auch Schweden, Belgien und Österreich haben sich kritisch zu Rüstungsexporten nach Saudi-Arabien positioniert.
Selbst die Situation in Frankreich und Großbritannien ist bei weitem nicht so eindeutig, wie oftmals vermittelt werden soll: In Frankreich waren bei einer Umfrage im März 2018 rund 75 Prozent der Befragten für einen Rüstungsexportstopp an Länder, die am Jemen-Krieg beteiligt sind. Im britischen Parlament wurde Deutschlands Entscheidung zur Einschränkung von Waffenexporten nach Saudi-Arabien parteiübergreifend als Beispiel begrüßt.
Liebe Freundinnen und Freunde,
angesichts des unermesslichen Leids im Jemen ist es unfassbar, dass der Rüstungsindustrie weiterhin Hintertüren offengehalten werden. Rüstungsexporte an Länder der Jemen-Kriegskoalition stehen im eklatanten Widerspruch zu nationalen sowie europäischen Vorgaben. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, Konsequenzen zu ziehen. Und die Konsequenz kann nur ein zeitlich unbefristetes und alle Rüstungsgüter – einschließlich Komponenten – umfassendes Waffenembargo gegen alle Staaten der Jemen-Kriegskoalition sein. Dafür muss sich die Bundesregierung auch auf EU-Ebene einsetzen.
Denn wir fordern ein Europa des Friedens und der Menschenrechte. Unterstützt also den Aufruf „Rettet das Friedensprojekt Europa!“ mit eurer Unterschrift und sammelt noch viele weitere Unterschriften. Sprecht mit den Kandidatinnen und Kandidaten für die Europawahl über Friedenspolitik, über eure Sorgen und eure Forderungen – dafür gibt es bei vielen Friedensorganisationen auch Wahlprüfsteine, zum Beispiel bei der Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!
Stand: 09.04.19 / CK