Redebeitrag für den Ostermarsch Bonn am 16. April 2022

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe friedensbewegte Menschen,

Deutschland rüstet wieder auf. Ein Sondervermögen von 100 Milliarden für die Bundeswehr. Aber schafft das wirklich Sicherheit und Frieden? Mehr als 2% des Bruttoinlandprodukts sollen in das Verteidigungsetat investiert werden. Das entspricht rund 75 Milliarden Euro jährlich. Das ist mit Abstand der bisher größte Aufrüstungsetat der Bundesrepublik Deutschlands. Damit wären wir rein nach Ausgaben die drittstärkste Militärmacht der Welt – nach den USA und China und wir wären noch vor Russland. Aber wollen wir wirklich eine Militärmacht sein? Oder wollen wir lieber eine Friedensmacht sein?

Schon jetzt bekommt die Bundeswehr mehr als 45 Milliarden pro Jahr überwiesen. Das ist ja nicht nichts. Es besteht die Gefahr, dass das Geld in teuren Projekten, wie dem europäischen Future Combat Air Systems (FCAS) verbrannt werden wird. Außerdem sollen Flugzeuge vom Typ F-35 angeschafft werden. Die Anschaffung neuer Atombomber und Stationierung neuer Atomwaffen wären die umfassendste nukleare Aufrüstung in Deutschland seit über 30 Jahren. Gerade in einer Zeit, in der Krieg in Europa geführt wird, sollten wir kein nukleares Wettrüsten beginnen, sondern auf einen Waffenstillstand und Deeskalation hinarbeiten.

Mit den neuen Atombomben vom Typ B61-12 wird suggeriert, dass ein räumlich begrenzter Atomkrieg führ- und gewinnbar sei. Damit sinkt die Hemmschwelle für ihren Einsatz. Deutschland bleibt dadurch ein potenzielles Ausgangsland für einen Atomkrieg, aber auch ein klares Angriffsziel. Atomwaffen töten unterschiedslos Hunderttausende. Wer mit ihnen droht und den Einsatz vorbereitet, droht damit, Massenmord an Unschuldigen zu begehen. Das darf nie wieder geschehen.

Das Sondervermögen ist nur ein politischer Schnellschuss. Einfach noch mehr Geld in ein Fass ohne Boden zu investieren, kommt letztlich vor allem Rüstungskonzernen zugute. Mehr als einen emotionalen Zusammenhang zwischen dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine und dem Sondervermögen gibt es nicht. Politische Entscheidungen, die die Verteidigungspolitik auf Jahrzehnte prägen werden, können und dürfen jedoch nicht aus emotionalen Gründen getroffen werden. Angst sollte nicht die Basis solcher weittragenden Entscheidungen sein. Und die gerade empfundenen Ängste und Unsicherheiten der Bevölkerung dürfen nicht für politische Zwecke ausgenützt werden.

Schließlich wird das Geld erst in den kommenden Jahren ausgegeben werden und steht damit nicht im direkten Zusammenhang des Ukraine-Krieges. Das Sondervermögen hilft den flüchtenden Menschen aus der Ukraine nicht.

Außerdem ließe sich mit Kooperation viel Geld sparen. Denn die Rüstungsspirale ist teuer und gefährlich. Wir müssen auf Verhandlung und zivile Konfliktprävention setzen und nicht auf Waffen. Zudem wird das Geld so dringend in ganz anderen Bereichen benötigt, beispielsweise für den Klimaschutz, für Gesundheit und Soziales.

Ray Acheson sagte vor Kurzem: „Wir erleben, dass Regierungen auf der ganzen Welt in die Militarisierung investieren, um scheinbar Probleme zu lösen, die durch die Militarisierung überhaupt erst geschaffen wurden.“

Auf lange Sicht führen Militarisierung, Aufrüstung und schlechte Rüstungskontrolle immer wieder zu Kriegen, Konflikten und Aggressionen.

Deswegen brauchen wir eine Zeitendwende für zivile Maßnahmen!

Vielen Dank!

 

Annegret Krüger arbeitet für das Netzwerk Friedenskooperative in Bonn.