Redebeitrag für den Ostermarsch Neuruppin am 17. April 2022

 

- Sperrfrist:16. April 2022, Redebeginn: 14 Uhr -
- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Demonstrierende,

ich grüße Euch alle ganz herzlich. Schön, dass Ihr da seid!

Es gab und gibt Kritik an den Ostermärschen in diesem Jahr.

Doch wir brauchen die Tradition, die es seit 1960 gibt. Es begann mit dem Protest gegen die Wiederbewaffnung mit Atomwaffen, Fragen der Abrüstung und der Suche nach friedlichen Konfliktmanagement, die Forderungen nach mehr Demokratie – Ostermärsche sind Wahrzeichen der so wichtigen Friedensbewegung. Krieg tötet und zerstört - er ruft das Grausamste im Menschen hervor, Krieg darf nicht sein. Und doch war er ja nie weg aus dieser Welt. Jetzt ist er uns Nahe gerückt. Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine erschüttert zu tiefst. Die ganze Grausamkeit des Krieges zeigt sich hier. Er ist durch nichts zu rechtfertigen. Fragen von unseren Verstrickungen und unseren Fehleinschätzungen und Schuld stellen sich.

Als Theologin ist es für mich kein Zufall, dass es Oster-märsche sind. Ostern – Fest der Auferstehung. Der Glaube an die Auferstehung kehrt nicht den Gang der Geschichte und der Schrecknisse um, die wir gerade erleben. Doch zeigt sich in dieser radikalen Hoffnung das Vertrauen in die Zukunft - . in der das Unmögliche möglich wird. Denn nur wer das Unverhoffte erhofft , kann es auch finden.
Diese Hoffnung ist nicht naiv oder dumm. Dem politische Mord eines Menschen, eines Friedensstifter, am Kreuz, wird das Nein mit dieser Hoffnung entgegen gerufen. Jesus ergriff für die Menschen, denen die Herrschenden egal waren, Parte. Er trat für die Allergedemütigsten und Armen, für Recht und Gerechtigkeit gegen die Willkür des Stärkeren in jeder Form.
Ich vertraue darauf, dass das Böse, wie wir es gerade erleben nicht siegen wird. Es schafft unendliches Leid. Ich halte es kaum aus, wenn ich die Bilder der Gewalt aus der Ukraine sehe. Doch es wird wieder Friede sein. Es wird wieder Versöhnung geben. Aber es ist nicht selbstverständlich. Menschen müssen hierfür eintreten, den Weg bereiten, wir sind gefordert.

  • 1. Hinzuschauen: Lasst uns einen Augenblick innehalten und der Getöteten Kinder, Frauen und Männer in der Ukraine gedenken. Unser Mitgefühl gilt den um ihr Leben Bangenden in den Luftschutzkellern, die an der Gewalt verzweifelten -
  • Wir halten inne einen Augenblick. Danke
  • 2. Für mich gehört im Augenblick dazu, dass den Ukrainer*innen auch mit Waffen geholfen wird, sich zu verteidigen
  • 3. Schuld eingestehen: Meine Landeskirche hat bekannt: "Wir erkennen, dass wir im Interesse unseres Wohlstandes wegschauen, wenn wir Rohstoffe und Güter aus Staaten beziehen, in denen Menschenrechte verletzt werden und Gewalt ausgeübt wird. Mit dieser Haltung tragen wir zur Finanzierung dieses Krieges und anderer Kriege weltweit bei. Wir bekennen unsere Verstrickung und Schuld, Wir bitten um Vergebung und wollen künftig Wohlstand nicht mehr auf Kosten von Menschenwürde und Menschenleben aufbauen. Eine Veränderung unseres Lebensstiles soll ein Beitrag zu einem gerechten Frieden leisten.

Gerechter Friede – wie kann er gelingen?

  • Den Mut und die Herzensgröße immer wieder hinzuschauen und zu benennen: wo Macht missbraucht wird und Willkür herrscht. Menschenrechte mit Füßen getreten werden, Interessen sich einseitig durchsetzen und Menschen und Länger verarmen lassen.
  • Es braucht ein Tribunal gegen Putin, dass das völkerrechtswidrige Handeln aufarbeitet und die Grausamkeiten verurteilt.
  • Es braucht zugleich die Kraft und die weite des Denkens, um Widersprüche auszuhalten, sich gegen die scheinbare Sicherheit des weiß – schwarz Denkens zu stemmen. Die Welt ändert sich, Unsicherheit gehört dazu, Antworten müssen immer wieder in Frage gesteltt werden.
  • Auch wenn es jetzt zur Friedenssicherung noch Militär bedarf (das kann ich letztlich nicht beurteilen), dann muss all unser Mühen, unser Ringen und unser Gelder für Abrüstungsverhandlungen und für Friedens- und Entwicklungsarbeit eingesetzt werden, für eine kooperative Welt, die gemeinsam die Krisen bekämpft. Denn Waffen töten.
  • Es braucht ein Reform politischer Institutionen - so z.B. kann es m.E nicht sein, dass es im Weltsicherheit keine Befangenheitsregelung gibt für einen Agressor. Und auch dass so viele Länder kein wirkliche Mitsprache haben.
  • Es braucht die Achtsamkeit, dass alle Menschen den gleichen Wert haben – auch in der Flüchtlingspolitik. Es darf keine Klassengesellschaft des Willkommens geben.

Eine Welt ohne Krieg ist möglich! Selig sind die Friedensstifter! Ihnen gehört die Zukunft!

Ich wünsche Euch allen ein gesegnetes Osterfest.

 

Pfarrerin bei Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz.