Redebeitrag für den Ostermarsch Wermelskirchen am 18. April 2022

 

- Sperrfrist: 18. April 2022, Redebeginn: 12 Uhr -
- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Ostermarschiererinnen und Ostermarschierer,

im Namen von Rat und Verwaltung begrüße ich Sie herzlich vor unserem Rathaus.

Es ist toll, dass so viele Menschen gekommen sind, um ihre Solidarität mit den Menschen in der Ukraine zu demonstrieren. Besonders beeindruckend finde ich das Bündnis, das zu dieser Demonstration aufgerufen hat. Kirchen, Parteien, Vereine, bekannte Privatpersonen, alle sind dabei. Besonders bedanken möchte ich mich bei Willkommen in Wermelskirchen, die sich in besonderem Maße um die Flüchtlinge kümmern. Aber auch Rat und Verwaltung werden sich nach Kräften bemühen, den Geflüchteten eine menschenwürdige Unterkunft zur Verfügung zu stellen, den Kindern den Besuch von Kitas und Schulen zu ermöglichen und die Eingliederung in unsere Gesellschaft zu ermöglichen. Es ist das Einzige, was wir tun können, um das Leid der Menschen zu mildern.

Eigentlich müssten wir jedes Jahr so viele Menschen beim Ostermarsch sein. Krieg, Unterdrückung und Menschenrechtsverletzungen sind in vielen Ländern der Erde an der Tagesordnung. Schauen wir nach Jemen, Mali, Afghanistan, Syrien usw. Aber die Ukraine berührt uns hautnah, weil das Land fast in direkter Nachbarschaft liegt und wir das Kriegsgeschehen täglich miterleben.

Einige von Ihnen zeigen Symbole der Ostermarschbewegung.

Die weiße Taube ist ein Friedenssymbol, das auf die Arche Noah zurückgeht. Als die Sintflut zu Ende war, ließ Noah drei weiße Tauben fliegen, um die frohe Botschaft vom Ende der Sintflut zu verkünden. Eine kehrte mit einem Olivenzweig im Schnabel zurück. Die heutige Friedenstaube auf blauem Grund geht auf eine Idee von Picasso zurück und wurde von einem Finnen, Mika Launis, umgesetzt.

Das sogenannte Peace Zeichen geht zurück auf den Beginn der Ostermarschbewegung. Es ist eigentlich ein Antiatomsymbol. Es entstand als Zeichen des Widerstands gegen die atomare Aufrüstung der Bundeswehr 1960.

Seitdem gibt es Ostermärsche mit unterschiedlich großer Beteiligung. Immer, wenn auf der Welt Unterdrückung, Menschenrechtsverletzungen und Krieg besonders schlimm waren, fanden die Menschen sich zum Protest in großer Zahl zusammen.

Der Vietnamkrieg Ende der sechziger Jahre war ein solches Ereignis. Die Amerikaner zerbombten Vietnam, töteten Millionen Menschen. Ergebnis: Ein wiedervereintes unabhängiges Vietnam und 55000 tote amerikanische Soldaten. Putin könnte daraus lernen, dass man ein Land zwar mit Waffen zerstören und viele Menschen töten kann, dass man aber ein einiges Volk nicht für immer unterdrücken und beherrschen kann.

Eine erneute starke Unterstützung erhielten die Ostermärsche ab 1979. Der Nato -Doppelbeschluss – Abrüstung durch Aufrüstung- machte vielen Menschen Angst.

Auf sowjetischer Seite standen SS 20, atombewaffnete Kurzstreckenraketen und auf deutsch/amerikanischer Seite atomkopfgerüstete Pershing 2 und Cruise Missiles. Beide mit einer Reichweite von 2000 Kilometer. Eine Auseinandersetzung hätte also auf deutschem Boden stattgefunden. Die Angst und der Protest waren in ganz Deutschland groß. 1981 kamen allein in Bonn 300000 Protestierende zusammen. 1983 waren es wieder allein in Bonn 500000. Hinzu kam eine Menschenkette von 1 Million Menschen von Stuttgart bis München.

Zum Glück wurde Gorbatschow russischer Präsident. Man einigte sich zwischen Amerika und der Sowjetunion auf den Abbau der Mittelstreckenraketen unter gegenseitiger Abrüstungskontrolle. Die Politik des Glasnost (Offenheit) und der Perestroika (Umgestaltung) veränderte die Sowjetunion. Gorbatschow brachte Deutschland die Wiedervereinigung und er löste 1991 die Sowjetunion auf. Er gab allen Staaten des Warschauer Paktes das Recht, ihre inneren Angelegenheiten selbst zu regeln. Seitdem ist auch die Ukraine ein selbständiger Staat. Nun will Putin das Rad der Geschichte zurückdrehen. Er muss wissen: Man kann ein einiges Volk nicht für immer unterdrücken.

Einige tragen auch die Regenbogenfahne. Wir haben einen gefestigten demokratischen Staat, der auch andersdenkende Minderheiten aushalten kann. Mein wichtigstes übergeordnetes Lernziel in der Schule war immer TOLERANZ. Egal welche Religion, welche Hautfarbe, welches Geschlecht, welche Lebensgemeinschaft, welche politische Überzeugung. Wir tolerieren alle Menschen, die sich in der von uns gegeben Rechtsordnung bewegen, auch wenn wir deren Meinung nicht teilen. Wir ertragen die Querdenker, die Deutschtürken, die für Erdogan auf die Straße gehen, ja selbst die Deutschrussen, die für Putin demonstrieren, auch wenn uns das besonders schwerfällt.

Wir Ostermarschierer ertragen auch die beleidigenden Worte im Leserbrief von AFD Lietzmann und gleiche Böswilligkeiten von Graf Lambsdorff.

Wir haben einen starken demokratischen Staat, der Andersdenkende tolerieren kann. Das können Staaten wie Russland und die Türkei nicht. Wir werden der Ukraine helfen, einen solchen demokratischen Staat zu errichten, wenn dieser menschenverachtende, furchtbare Krieg endlich vorbei ist.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Norbert Galonska ist Stellvertretender Bürgermeister der Stadt Wermelskirchen und Ratsmitglied  für die SPD.