Redebeitrag für den Ostermarsch Würzburg am 16. April 2022

 

- Sperrfrist: 16. April 2022, Redebeginn: 11 Uhr -
- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Beim Ostermarsch letztes Jahr, liebe Friedensfreunde und Friedensfreundinnen habe ich auch hier zum Thema „Atomwaffen“ gesprochen. Kurz zuvor war der Atomwaffenverbotsvertrag durch die Unterschrift des 50. Staates völkerrechtlich verbindlich geworden, und es gab die Hoffnung, dass eine Dynamik hin zu einer Unterschrift auch Deutschlands in Gang kommen könnte, denn der öffentlichen Zuspruch war groß: alle Bundesländer, die Kirchen, 600 Abgeordnete und 92% der Bevölkerung sprachen sich dafür aus.

Heute, nach 6 Wochen Ukrainekrieg, ist davon nicht mehr viel geblieben. Heute gibt es nur noch wenig Hoffnung, dass in ungefähr 10 Jahren die nukleare Teilhabe gleich mit ausgemustert wird, wenn es die 85 Tornados trifft, die Trägerflugzeuge für die in Büchel lagernden 15-20 Atombomben. Verteidigungsministerin Lamprecht will als Tornadoersatz im Rahmen des 100 Mrd. Aufrüstungsprogrammes 35 amerikanische F-35 Kampfflugzeuge bestellen zum Stückpreis von ca. 100 Mill.$. Dazu kommen noch die Kosten für Wartung und Reparaturen – die Maschinen sind sehr pannenanfällig - und das Training der Piloten. Allerdings brauchen diese Bomber für den Abwurf von Atombomben eine spezielle Ausstattung. Falls also Verteidigungsausschuss und Haushaltsausschuss dem Kauf zustimmen, und falls der Bundestag dem 100 Mrd. Programm zustimmt, muss die Bundesregierung in den nächsten 3-5 Jahren entscheiden, ob sie die atomwaffenfähige Ausstattung will.

Vor der Wahl 2021 haben SPD und Grüne eine Grundsatzdebatte über die nukleare Teilhabe versprochen – die hat bisher nicht stattgefunden, die müssen wir jetzt verlangen! Wenn nämlich die Entscheidung dafür einmal gefallen ist, bedeutet sie eine Festlegung auf 30-40 Jahre Fortführung der nuklearen Teilhabe, denn solange dauert die Nutzungsdauer von Flugzeugen.

Nicht nur neue Trägerflugzeuge drohen uns, sondern auch eine modernisierte Version der in Büchel stationierten Atombomben. Ab 2023 soll das Nachfolgemodell B61-12 in Europa stationiert werden, einen Zeitplan für eine Stationierung in Deutschland gibt es wohl noch nicht. Die neue Bombe unterscheidet sich von der alten dadurch, dass ihre Sprengkraft variabel ist von niedrig bis zum 4-fachen der Hiroshima Bombe. Außerdem verfügt sie über eine höhere Treffgenauigkeit durch elektronische Steuerung und größere Schlagkraft, sie kann Bunker brechen. Diese drei Fähigkeiten: variable, also niedrig einstellbare Sprengkraft, große Treffgenauigkeit und extreme Schlagkraft erlauben deutlich erweiterte Einsatzmöglichkeiten. Damit wird die Hemmschwelle zum Einsatz dieser modernen Bomben herabgesetzt, mit anderen Worten: Sie erhöhen die Gefahr eines Atomkrieges! Und sie heizen die atomare Rüstungsspirale an, weil natürlich die anderen Atomstaaten ebenfalls solche modernen Systeme beschaffen werden.

Ohnehin sehen die Einsatzdoktrinen Russlands und der NATO schon lange Atomschläge auch als eine Reaktion auf konventionelle oder Cyber Angriffe vor, nicht von ungefähr hat Putin schon nach wenigen Tagen Krieg in der Ukraine mit dieser Möglichkeit gedroht. Wenn diese neuen Atombomben die Überschreitung der Schwelle zum Atomwaffeneinsatz schon zu einem frühen Zeitpunkt eines Konfliktes erleichtern, dann wird auch die atomare Eskalation schneller erfolgen. Und man muss auch wissen: selbst auf der niedrigsten atomaren Stufe hat die neue Bombe immer noch die 30-fache Sprengkraft der größten konventionellen.

Demnächst findet sowohl die 1. Konferenz zum Atomwaffenverbotsvertrag statt als auch die Überprüfungskonferenz zum Nicht-Verbreitungsvertrag. An beiden wird die Bundesregierung teilnehmen. Geben wir ihr dafür unsere Forderungen mit:

  • Wir wollen keine F-35 Atombomber und keine neuen US-Atombomben!
  • Wir wollen kein 100 Mrd.€ Aufrüstungspaket!
  • Wir wollen ein Ende der nuklearen Teilhabe und einen Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbotsvertrag!

 

Uta Deitert ist bei ÖKOPAX e.V. aktiv.