Redebeitrag von Waltraud Andruet (Friedensnetz Saar) für die Antikriegstagsveranstaltung am 1. September 2017 in Saarbrücken

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Friedensfreundinnen und liebe Friedensfreunde, liebe Saarländer,

auch ich begrüße Euch herzlich zum Antikriegstag 2017, den wir vom FriedensNetz Saar wie fast jedes Jahr hier in Saarbrücken begehen, diesmal unter dem Motto:

Atomwaffen verbieten - Kriege beenden - Konflikte friedlich lösen

Wenn das FriedensNetz Saar, dem mehrere Organisationen angehören, zu Infoveranstaltungen, Mahnwachen, Kundgebungen oder Demos, wie dem jährlich stattfindendem Ostermarsch aufrufen, tut es das nicht nur in unserer begrenzten Region.

Wir sind verknüpft mit der bundesweiten Friedensbewegung, die in vielen Städten, Gemeinden und vor Militäreinrichtungen gegen Krieg und die Militarisierung der Gesellschaft aufmerksam macht.

Wie viele Friedensfreunde bin auch ich in mehreren Organisationen engagiert, vor allem seit über 20 Jahren als Mitglied der Internationalen Friedensbewegung pax christi und seit mehreren Jahren im Internationalen Versöhnungsbund sowie in mehreren Bündnissen.

Im März 2016 haben wir die Kampagne KRIEG BEGINNT HIER /WIDERSTAND DAGEGEN AUCH gegründet. Dem Rat der Kampagne gehören Friedensgruppen aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland an. Die Kampagne will aufklären, informieren und zum Mitmachen anregen. Von HIER soll Frieden ausgehen. Wir engagieren uns für eine solidarische Welt ohne Kriege, ohne Drohnen und ohne Atomwaffen, für Abrüstung und Konversion, dafür, Grenzen zu öffnen für Menschen - Grenzen zu schließen für Waffen.

Wir tolerieren weiterhin keinen Sexismus, Rassismus und Antisemitismus, keine Zusammenarbeit mit Nationalisten, Rechtspopulisten und Nazis! „Nie wieder Krieg und nie wieder Faschismus“ gehören für uns zusammen. Auch das muss man leider heute wieder klar und deutlich sagen.

Die Militarisierung Deutschlands ist das zentrale Thema, das ich heute ansprechen möchte.

Die Bundesregierung will mehr Geld fürs Militär ausgeben. Bisher sind es 1,2 Prozent der Wirtschaftsleistung Deutschlands. Laut Absprache in der NATO soll dieser Anteil bis 2024 auf 2 Prozent gesteigert werden. Statt derzeit 37 Mrd. sollen also künftig 62 Mrd. Euro fürs Militär ausgegeben werden. Wenn Deutschland tatsächlich 2 Prozent ausgibt, ist es die stärkste Militärmacht in der EU. Diese Aufrüstung lehnen wir ab, weil sie dem Vorrang für Zivile Lösungen zuwiderläuft.

Deshalb sagen wir: Mehr fürs Militär? Nicht mit uns!

Wir merken, dass Wahlkampf ist, denn Bundesaußenminister Sigmar Gabriel hatte die Kanzlerin aufgrund diesem 2 Prozent-Ziel attackiert, obwohl Gabriels Vorgänger Walter Steinmeier die Vereinbarung vor 3 Jahren mitgetragen hatte.

Deshalb sagen wir: Mehr fürs Militär? Nicht mit uns? Aber wir meinen es Ernst.

Deutschland hat seine Rüstungsausgaben im Jahre 2016 gegenüber dem Vorjahr um mehr als zehn Prozent erhöht. Der Verteidigungshaushalt lag 2016 bei 35,1 Mrd. Euro. 2017 sind es bereits über 37 Mrd. Euro. 1999 waren es noch 24,3 Mrd. Euro. Aktuell zählt die Bundeswehr 178.000 Soldaten. Bereits im vergangenen Jahr ist eine Aufstockung beschlossen worden, die nun erneut erhöht wird. Dazu kommen weitere 5.00 militärische, 1.000 zivile Angestellte und 500 Reservisten.

Vergangene Woche haben wir spontan vom FriedensNetz Saar an der öffentlichen Gelöbnisfeier der Bundeswehrrekruten in Saarlouis teilgenommen, um dort mit Transparenten und Fahnen gegen dieses in unseren Augen archaisch-unwürdige Ereignis zu protestieren. 131 Rekruten von Einheiten aus Zweibrücken und Bruchsal legten an diesem Tag im Stadtgarten den Treueeid ab. Sie gelobten, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen. Der Kommandeur des Fallschirmjägerregimentes 26, Oberst Andreas Steinhaus, sagte in seiner Rede: Für die Bundeswehr gehe es heute um „die Fähigkeit, unsere freiheitlich, demokratische Grundordnung, unsere Art zu leben, zu schützen. Weder unsere Freiheit noch unser Wohlstand oder unsere Selbstbestimmung sind selbstverständlich“. Es sei naiv zu glauben, „dass die Entwicklung der Welt freiwillig einen Bogen um uns macht, damit ausgerechnet wir bequem und ungestört weiter leben können wie bisher“. Wer „apodiktischen Gewaltverzicht propagiert, muss auch den Preis nennen, der dafür zu zahlen ist: Der Preis ist die Selbstbestimmung“. Bedingungslosen Gewaltverzicht nannte Steinhaus „eine ehrenwerte Entscheidung für ein Individuum, für einen Staat ist er verantwortungslos“. Wir sagen : Die Auslandseinsätze der Bundeswehr sind verantwortungslos. Ihre Bilanz ist verheerend. Sie befördern Terror und behindern friedliche Lösungen!

Offensichtlich hatten wir das Gelöbnis allein durch unsere stille Anwesenheit wirksam gestört, denn derjenige, der seine Personalien angab, erhielt kurz danach einen Anruf der Polizei mit der Ankündigung, er müsse mit einer Strafanzeige wegen einer nicht angemeldeten Kundgebung rechnen. Das werden wir auf uns zukommen lassen und entsprechend reagieren, d. h. breite Öffentlichkeit herstellen, sofern es tatsächlich zu einer solchen völlig unbegründeten Anzeige kommen sollte, zumal von der Bundeswehr selbst keinerlei Reaktion auf unsere Anwesenheit bzw. unser großes Transparent „KRIEG BEGINNT HIER“ erfolgte. Soweit unsere kleine Episode, eine Erfahrung, die wir hier vor Ort gemacht haben.

Wenn Deutschland tatsächlich 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für das Militär ausgibt, ist es, zusammen mit Russland, die stärkste Militärmacht Europas. Russlands Militärausgaben liegen derzeit bei 62 Mrd. Euro. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist deutlich größer als das BIP Großbritanniens oder Frankreichs. Knapp ein Fünftel des Bundeshaushaltes wird dann für Rüstung ausgegeben. Eine solche Steigerung erfordert Kürzungen in anderen Bereichen des Bundeshaushaltes, z.B. bei den Soziallleistungen!

Deshalb sagen wir: Mehr fürs Militär? Nicht mit uns!

Zum Vergleich: Der Haushalt des Bundesministeriums für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit beträgt momentan 8,5 Mrd. Euro, was 2,6 Prozent des Bundeshaushaltes entspräche. Für die Entwicklungs- und die auswärtige Politik zusammen sind nur 13,77 Mrd. Euro vorgesehen.

Nicht mit uns! Denn Waffenhandel vertreibt Menschen aus ihrer Heimat. Kriege und Bürgerkriege zerstören Städte und Dörfer, vergiften ganze Landstriche, so dass dort nichts mehr wachsen kann. Hintergrund sind meist Hungersnöte, Armut oder fehlende Möglichkeiten zur politischen Mitbestimmung, Konflikte um Land und Macht. Militäreinsätze, neue Rüstungsprojekte und Cyberkriege können diese Probleme nicht lösen. Waffen sind ungeeignete Mittel, um Konflikte zu lösen, Hunger zu stillen, Armut zu überwinden und die Schöpfung zu bewahren.

Frieden geht anders! Den Frieden fördern können gerechte Wirtschaftsverhältnisse, Verringerung des CO2-Ausstoßes, die Aufnahme Geflüchteter und Hilfe bei Naturkatastrophen oder Epidemien. Deutschland trägt zum Frieden in der Welt bei durch: vertrauensvolle Zusammenarbeit mit anderen Ländern, Gewaltprävention, Handel, Unterstützung der Erstzufluchtsländer Flüchtender, durch kulturellen Austausch und Entwicklungszusammenarbeit. Statt 62 Mrd. Euro für Rüstung auszugeben, schlagen wir vor, das Geld für die Agenda für nachhaltige Bildung und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle zu erreichen. Um extreme Armut und Hunger weltweit zu beseitigen, würden 180 Milliarden EUR ausreichen und wir sollen in Deutschland über ein Drittel der notwendigen Summen für Militär und Krieg ausgeben.

Da sagen wir: Nicht mit uns!.

Mit der Unterschriftenaktion „Mehr fürs Militär? Nicht mit uns!“ die hier am Infotisch zum Unterschreiben bereitliegt, setzen sich pax christi und befreundete Friedensorganisationen gegen eine Erhöhung des Verteidigungshaushaltes ein. Unterstützen sie uns mit Ihrer Unterschrift, damit wir das verhindern.

Weitere Unterschriftenlisten unterstützen die Kampagnen:

BÜCHEL IST ÜBERALL! Atomwaffenfrei jetzt und

MACHT FRIEDEN. Zivile Lösung für Syrien.

Ich stehe Euch dort für Fragen und weitere Information zur Verfügung. Herzlichen Dank für Eure Geduld.

 

Waltraud Andruet ist aktive beim Friedensnetz Saar.