Redebeitrag zur Antikriegstag-Kundgebung am 31. August 2019 in Köln

 

Der Tod ist ein Meister aus Deutschland

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,
Dieser Satz aus dem Gedicht „Todesfuge“ des Lyrikers Paul Celan, mit dem er die deutsche nationalsozialistische Judenvernichtung thematisiert hat, passt auch zu unseren Themen hier heute, speziell zu meinem:

  • Rüstungsproduktion, Rüstungsexport
  • Unsere Antwort: Schluss mit der Produktion und dem Handel von Waffen und Munition!

Laut IG Metall wurden Ende 2017 etwa 100.000 Beschäftigte in der Rüstungsindustrie gezählt. Ein Ausstieg wäre ein elementares Problem für die Beschäftigten, wenn sie damit allein gelassen werden.

Nun wir haben bei anderen todbringenden Produkten wie beim Atomstrom schon einen erheblichen Rückbau der Produktion geschafft, wenn auch noch nicht alles. Und gerade schicken wir uns an, ein anderes todbringendes Produkt – Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen – zurückzufahren. Und das, obwohl in beiden Bereichen Zigtausende von Arbeitsplätzen wegfallen.

Und auch hier in der Rüstungsproduktion gab es und gibt es Ideen, wie ein Ausstieg gehen könnte. Die IG Metall hat sich auf dem DGB-Bundeskongress 2018 zugunsten verstärkter Initiativen für Abrüstung und Rüstungskonversion engagiert. Diese Bemühungen gehen in die richtige Richtung. Aber solange Abrüsten statt Aufrüsten politisch nicht gewollt wird, solange ungehinderte Verwertung des Kapitals – egal wofür - der Motor unseres Wirtschaftssystems bleibt, wird es schwierig sein, das Konzept des „Umbaus statt Abbaus der Arbeitsplätze“ umzusetzen.

Es gibt zwei Gründe, warum nicht schon längst aus den offensichtlichsten todbringenden Sparten - der Rüstungsproduktion und dem Rüstungsexport - ausgestiegen wurde:

  1. Waffen sind besondere Produkte: ihr Besitz bedeutet Macht über unbewaffnete oder schlechter Bewaffnete potentielle oder tatsächliche Konkurrenten auf dem kapitalistischen Weltmarkt, z.B. bei Sicherung der Transportwege der Rohstoffe für die Produktion in den Ländern der 1. Welt, siehe aktuelle Kriegsgefahr am Persischen Golf
  2. Und an ihrer Produktion und Handel lässt sich für die großen Waffenhersteller besonders viel Geld verdienen. Hier gibt es seit Jahren Überrenditen.

Viele Investment-Analytiker gehen davon aus, dass Waffen auch in nächster Zeit gute Renditen bringen. Donald Trump hat Druck gemacht, dass die Verbündeten der USA, insbesondere diejenigen in der Nato, ihre Rüstungsausgaben erhöhen. Auch Wladimir Putins Andeutung eines neuen Wettrüstens in seiner Rede an die Nation vom Februar dieses Jahres klingt ermutigend, wenigstens aus Renditeperspektive.

Da die BRD weltweit aktuell der viertgrößte Waffenexporteur ist, profitieren die deutschen Rüstungskonzerne enorm, allen voran der Größte – Rheinmetall - Hersteller von Panzern, Waffensystemen und Munition. Der Größte und der rücksichtsloseste.

Die deutschen Rüstungskonzerne sind zuletzt unter Druck gekommen, weil eine deutliche Mehrheit in der Bevölkerung Exporte in Krisengebiete ablehnt. Rheinmetall umgeht deshalb deutsche Rüstungsexportrichtlinien mit Munitionsproduktionsstätten in Südafrika und Italien bei der Belieferung Saudi-Arabiens.

Neben dem „normalen“ Geschäft, hat sich für Rheinmetall ein neues eröffnet. Die Abschottung Europas wird weit in die afrikanischen Staaten hinein verlagert. Rheinmetall liefert dafür Schützenpanzer zum Beispiel nach Jordanien oder Algerien. Und das
Unternehmen stellt auch Objektschutzanlagen her, Sensorsysteme zur Überwachung, Bodenradar und Flugobjekte.

Morgen beginnt in Unterlüß das Camp der Kampagne „Rheinmetall entwaffnen“.

Dort in der Lüneburger Heide ist die größte militaristische Konzentration der BRD. Dort liegt Mittel- und Westeuropas größter Truppenübungsplatz, Munster. Dort ist der größte Heeresstandort der BRD.

Beginnend mit dem Ersten Weltkrieg dreht sich dort viel um die Panzerwaffe. Rheinmetall in Unterlüß produziert diese Mordfahrzeuge, die Panzertruppenschule in Munster ist die Fahrschule, der Truppenübungsplatz Bergen ist der Trainingsplatz und
ausgediente Exemplare sind im Panzermuseum Munster zu bestaunen. Dort wurde ganz praktisch der Überfall auf Polen vor genau 80 Jahren vorbereitet. Hier ließ die Wehrmacht Zigtausende gefangene Rotarmisten in Lagern elendig verrecken. Von hier
zogen später die British Army in die Kriege ums Öl, deutsche Soldaten und andere nach Afghanistan und anderswo.

Änderungen der Militärstrategie führen seit einigen Jahren dazu, dass auf dem Truppenübungsplatz Bergen weniger Krieg trainiert wird. Gewerkschafter*innen holten die alte Gewerkschaftsparole „Abrüstung JA – arbeitslos NEIN“ aus der Kiste.

Auf ihre Initiative hin beschlossen ver.di-Bundeskongress und DGB-Niedersachsen-Bremen-Sachsen-Anhalt Konversionsforderungen für den Truppenübungsplatz Bergen. Ver.di und DGB fordern ausreichende Bundesfinanzierung einer neuen Wirtschaftsstruktur – und die muss sozial, ökologisch und nicht-militärisch sein.

Aus dem Kriegsübungsplatz ein UN-Biosphärengebiet zu machen, ist nicht nur besser für Umwelt und Natur, sondern schafft auf Dauer viele Tausend zivile Arbeitsplätze. Tourismus und gesunde Landwirtschaft sind ohnehin besser für die Gesundheit. Ja, für die Gesundheit der Menschen in Afrin, am Hindukusch, aber auch dort in der Heide.

Zum Abschluss zitiere ich einen Appell der Kampagne Rheinmetall entwaffnen an die Kolleg*innen von Rheinmetall:

Bei RHEINMETALL wird für Krieg und Profit hochwertige Technik produziert. Wir appellieren an die Kolleg*innen von Rheinmetall: Eure Talente brauchen wir für Medizintechnik und viele zivile Bereiche. Machen wir alle gemeinsam Druck auf die Bundesregierung, dass unsere Steuergelder für soziale Daseinsvorsorge und Infrastruktur ausgegeben werden.

  • Keine Milliarden für Aufrüstung und Krieg!
  • Bekämpfung der Fluchtursachen, nicht der Geflüchteten.
  • Schluss mit der Produktion und dem Handel von Waffen und Munition

Krieg darf künftig kein Meister aus Deutschland mehr sein.

Das Camp in Unterlüß ist direkt am Fabrikgelände von Rheinmetall. Es beginnt morgen. Es steht heute schon.

Unterlüß liegt an der Bahnstrecke Hannover Hamburg und hat einen Bahnhof. Es ist nördlich von Celle.

Die Blockade der Fabrik ist am Freitag, dem 6.9.2019,

Anreise aber spätestens Donnerstag 5.9.19 Uhr, besser 10 Uhr wegen des Aktionstrainings.

Die Demo ist am Samstag, 7.9.2019, 13 Uhr in Unterlüß.

 

Reiner Schmidt ist aktiv bei der Interventionistischen Linken in Köln.