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“Demokratisierung“ als Herrschaftsmittel in der Dritten Welt
Tagung des Transnational Institute (TNI) am 13. November 1993 in Köln,
Alte Feuerwache, Melchiorstr. 3, 10-18 Uhr
Seit dem Ende des Kalten Krieges ist kaum noch von "Entwicklung" die Rede. Das neue Schlagwort heißt "Demokratisierung" der Dritten Welt.
Nicht selten haben früher die Staaten der NATO und des Warschauer Paktes in der Dritten Welt aus taktischen Gründen Diktaturen an die Macht gebracht oder gestärkt, um der Gegenseite Einfluß zu verweigern. Dieser Anreiz vermindert sich naturgemäß, wenn der Gegner verschwunden ist. Machtpolitisch gesprochen ließe sich hoffen, daß dadurch die Toleranz der Großmächte für demokratische Experimente gestiegen ist. Diese Möglichkeit wird allerdings dadurch zum Teil aufgehoben, daß die verbliebene Supermacht und ihre Verbündeten nach der Auflösung der Sowjetunion eine so beherrschende Stellung in der internationalen Politik haben, daß sie Toleranz kaum nötig haben und ihre wirtschaftlichen und politischen Interessen durchaus mit Zwang und Einmischung verfolgen können.
Das Ende des Kalten Krieges hat zwar die Ost-West-Konfrontation beseitigt. Und damit auch den Anlaß für "Stellvertreterkonflikte" in der Dritten Welt. Aber es zeigt sich, daß das Interesse des Westens an Einfluß oder Kontrolle in und über die Dritte Welt nicht verschwunden ist - die wirtschaftlichen, strategischen und politischen Gründe dieses Interesses waren älter als die Systemkonkurrenz und haben diese überlebt.
Die "Demokratisierung'' der Dritten Welt hat einige verlockende Aspekte für westliche Regierungen.
Zunächst einmal ist aus ideologischen und innenpolitischen Gründen nur sehr schwer etwas gegen "mehr Demokratie" einzuwenden. Zweitens wird der Demokratiebegriff im Westen häufig in einem Sinne gebraucht, der ihn mit dem westlichen Gesellschaftsmodell gleichsetzt. "Demokratie für die Dritte Welt" kann in einem solchen Zusammenhang bedeuten, dieser keine demokratische und eigenständige Entwicklung zugestehen zu wollen, sondern sie nach dem eigenen Bilde zu formen. Drittens könnte "Demokratisierung" in den konfliktgeschüttelten Regionen der Dritten Welt zur Stabilisierung beitragen.
All diese Vorteile erfüllen jedoch für die Eliten der Ersten und Dritten Welt nur dann ihren Zweck, wenn sie die Kontrolle in und über die betreffenden Staaten nicht gefährden. "Demokratisierung" muß auf eine Art und Weise umgesetzt werden, die die Staaten nicht "destabilisiert" oder die Kontrolle über sie gefährdet.
Auf der Tagung soll diskutiert werden, wie dies geschieht. Welche Strategien werden verfolgt, wie werden sie legitimiert, mit welchen Mitteln werden sie umgesetzt und wie lauten die Konsequenzen daraus?
Folgende Tagungspunkte sind bisher vorgesehen:
- Demokratisierung in der Dritten Welt nach dem Ende des Kalten Krieges (Einführung)
- Demokratisierung und Anti-Staatlichkeit als integriertes, neo-liberales Konzept
- Instrumente der Demokratisierung "von oben"
- Demokratisierung und soziale Reformen als Herrschaftsmittel
- Demokratisierung "von oben" - Auswirkungen und Antworten der sozialen Bewegungen im Suden
Referentinnen:
Susan George, Verschuldungsexpertin, Stellvertr. TNI-Direktorin, USA / Frankreich; Azmi Bishara, Prof. f. Philosophie, Bir Zeit Universität, besetzte Gebiete; Claude Ake, Prof. am Center f. Advanced Research in Social Sciences, Nigeria; Gaby Gottwald, angefragt; Jochen Hippler, TNI-Direktor, Köln/Amsterdam; Hector Silva, Wahlkampfleiter von Ruben Zamora/ El Salvador; Peter Schraeder, Prof. an der Loyola University of Chicago; USA
Anmeldung und Information bei Andrea Lueg, Neusserstr. 263, 50733 Köln, Tel. 0221-739 3220.