Frankfurter Rundschau und Süddeutsche Zeitung kuschen vor Daimler

von Richard Ackva

In der letzten Ausgabe des Friedensforums berichteten wir über die Planungen der Kampagne "Entrüstet Daimler", die mit einer Anzeigenaktion eröffnet wurde. In der Anzeige ist die Rede vom "bedrohlichen Stern auf allen Kriegsschauplät­zen der Welt" und wird ein Stop der Rüstungsexporte sowie Rüstungskonversion gefordert. Die Anzeige ist als offener Brief an die Daimler-Vorsitzenden Reutter und Herrhausen gerichtet. TAZ und das Deutsche Allgemeine Sonntagsblatt druckten die Anzeige problemlos ab. Aber sowohl die Frankfurter Rundschau als auch die Süddeutsche Zeitung lehnten den Druck der Anzeige ab.

Die Frankfurter Rundschau schrieb am 21. August 89:
"(...) Wie Sie wissen, liegt die rechtli­che Verantwortung für den Inhalt von Anzeigentexten ausschließlich beim veröffentlichenden Verlag. Einige der von Ihnen gewählten Formulierungen sind rechtlich derart bedenklich, daß wir die Veröffentlichung Ihrer Anzeige ablehnen müssen. Wir möchten aus­drücklich betonen, daß diese Ent­scheidung weder eine 'Zensur' noch eine Meinungsäußerung zu der von Ihnen getroffenen inhaltlichen Aus­sage darstellt, sondern auf dem Er­gebnis einer rechtlichen Prüfung ba­siert.

Im übrigen machen wir darauf auf­merksam, daß das Thema Ihrer An­zeige Gegenstand unserer allgemeinen redaktionellen Berichterstattung war und ist und die Frankfurter Rundschau sich grundsätzlich dazu entschlossen hat, keine Anzeigen zu veröffentlichen, deren Inhalte Gegenstand unserer re­daktionellen Berichterstattung sind..."

Mündlich hieß es zu den rechtlichen Bedenken, der Text vermischte Tatsachenbehauptungen mit Mei­nungsäußerungen. Die Frankfurter Rundschau ginge so das grundsätzliche Risiko einer zivilrechtlichen Klage durch Daimler-Benz ein. Auf unser Angebot jedoch, die entsprechenden Stellen durch Hinzufügung von "un­seres Erachtens" unmißverständlich als Meinungsäußerung zu kennzeichnen, ging die als "liberal" geltende Zeitung nicht ein.

Eine Aussage, die Frankfurter Rund­schau veröffentliche grundsätzlich keine Anzeigen, deren Inhalte Gegen­stand redaktioneller Berichterstattung seien, ist historisch gesehen falsch. Die FR berichtete beispielsweise über die sogenannte Nachrüstung und druckte Anzeigen ab, die die "Nachrüstung" zum Thema hatten. Die Politik der CDU war sowohl Gegenstand der Be­richterstattung als auch von Anzeigen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß das  während des kommenden Bundes­tagswahlkampfes anders sein wird.

Der Süddeutsche Verlag schrieb am 16. August 89:
"(...)Wie bereits telefonisch heute mit­einander besprochen, kann nach Kenntnis Ihres Anzeigentextes die Veröffentlichung aus grundsätzlichen Erwägungen nicht in der Süddeutschen Zeitung vorgenommen werden.

In der Anzeige werden Namen dritter Personen verwendet. Eine Veröffentlichung wäre uns nur dann möglich, wenn von deren Seite aus eine Zu­stimmung erfolgt. Wir bitten um Ihr Verständnis und möchten noch hinzufügen, daß diese Beurteilung gene­rell bei den Anzeigenaufträgen in der Süddeutschen Zeitung angewendet wird und gleichzeitig für Privatperso­nen wie für Firmen und Organisatio­nen gilt (...)"

Nach dieser Logik dürfte überhaupt kein offener Brief mehr als Anzeige zu veröffentlichen sein, der Gefahren, Skandale beim Namen nennt. Eine Anzeige zur Ausländer- oder Frem­denfeindlichkeit der Republikaner, in der ausdrücklich Franz Schönhuber kritisiert wird, kann diesem Grundsatz folgend in der Süddeutschen nicht er­scheinen, da wohl kaum zu erwarten ist, daß Franz Schönhuber seine Zu­stimmung geben wird. Und ob der Name Helmut Kohl im Wahljahr 1990 in Anzeigen genannt werden darf?

Wir betrachten die Entscheidung bei­der Zeitung als "Kniefall" vor dem sehr guten Anzeigenkunden Daimler-Benz. Die angeführten Gründe überzeugen uns in keinster Weise. Wenn solche "Kniefälle" Schule machten, denn gilt die Pressefreiheit nur noch für finanz­starke Unternehmen, die noch nicht einmal einen Finger rühren müssen, um die "Schere im Kopf" in Gang zu setzen.

In diese Situation ist es nach unserer Überzeugung wichtig, wenn beide Zeitungen möglichst viele kritische Anfragen und Protestbriefe erhielten.

Hier die entsprechenden Anschriften:
Frankfurter Rundschau, Postfach 10 06 60, 6000 Frankfurt 1, Tel 069-21991; Süddeutsche Zeitung, Postfach 20 22 20, 8000 München 2, Tel 089-21830.

 

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Hintergrund
Richard Ackva, Referent für Friedens¬fragen beim Versöhnungsbund