Aufruf für eine friedensfähige Gesellschaft aus Anlaß der bundesweiten Friedenswoche vom 12.-22. November 1989

Frieden schaffen ohne Waffen - ohne Gewaltandrohung und Ausgrenzung

Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg. Wir wollen deshalb, daß Angst, Haß, Gewalt und jede Form der Bedrohung überwunden werden.

Immer mehr Menschen verstehen die Zusammenhänge von Rüstung, neuer und alter Armut, ungleichen Entwick­lungschancen und Umweltzerstörung und fordern ein neues Denken: Si­cherheitspolitik heute steht in der Verantwortung, die Lebensgrundlagen der Menschheit zu bewahren. Der erste Schritt heißt - Abrüstung.

Unter dem Motto "Frieden schaffen ohne Waffen" hat sich eine Bewegung entwickelt, durch die eine neue demo­kratische Kultur in der Bundesrepublik entstand.

Diese Bewegung steht 1989 vor zu­sätzlichen Aufgaben.

Nationalistische und rassistische Gruppen und Töne auch in den Reihen der Regierungskoalition gefährden den inneren Frieden und sind eine Bedro­hung für das Zusammenleben der Menschen in Europa. Ausländerhaß und Fremdenfeindlichkeit breiten sich aus. In unseren Städten leiden Men­schen unter alltäglicher Verletzung ih­rer Würde, unter körperlicher Gewalt, unter Herabsetzung und Diskriminie­rung.

Die Angst vor Arbeitslosigkeit und so­zialem Abstieg, die erdrückende Er­fahrung von Zukunftslosigkeit gerade unter Jugendlichen verführt dazu, Minderheiten zu Sündenböcken zu machen und vergangenen, überwun­den geglaubten "deutschen Vater­landsträumen" nachzuhängen. Die Ge­sellschaft in der Bundesrepublik ist in einen friedlosen Zustand.

Dem dürfen wir nicht tatenlos zuse­hen: Frieden ist nicht teilbar.

Wir fordern dazu auf, die bestehenden Bündnisse zu erweitern.

Gemeinsam mit Gruppen, die für die Gleichberechtigung hier lebender AusländerInnen und für ein uneinge­schränktes Recht auf Asyl eintreten, müssen wir als Friedensbewegung in der Friedenswoche und darüber hinaus für eine friedensfähige Gesellschaft arbeiten, in der alle Menschen gleich welcher Hautfarbe oder Nationalität zu Hause sind.

Im Bündnis mit Gewerkschaftsgrup­pen müssen wir die tatsächlichen Ur­sachen von sozialer Not im Innern auf­zeigen und bekämpfen.

Im 40. Jahr des Bestehens der Bundes­republik für den Frieden im Innern und nach Außen zu wirken. Keine re­vanchistische Parole, keine nationali­stische Verherrlichung, keine antise­mitische Äußerung, keine rassistische Diskriminierung darf unwidersprochen bleiben. Wir wollen, daß Menschlich­keit herrscht!

Die Friedensfähigkeit der Deutschen 50 Jahre nach dem Überfall auf Polen ist unabdingbar verbunden mit der Be­reitschaft, mit den Nachbarn in Eu­ropa in Gleichberechtigung und Frie­den zusammenzuleben, die bestehen­den Grenzen nicht mehr in Frage zu stellen, zur Versöhnung bereit zu sein und offen zu sein für das Zusammen­leben aller Menschen in unserem Land.

 

Ein gemeinsamer Aufruf von:
Aktion Sühnezeichen / Friedensdienste

Deutsche Friedensgesellschaft-Verei­nigte Kriegsdienstgegner

Gustav-Heinemann-Initiative

Initiative für Frieden, internationalen Ausgleich und Sicherheit

Vereinigung der Verfolgten des Nazire­gimes - Bund der Antifaschisten

 

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