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Lokale Friedensarbeit in Bonn
Friedensweg Bonn – Erinnerungskultur mal anders
von
„Frieden in unserer Stadt entdecken“ – so lautete der Titel der Eröffnungsveranstaltung zum Projekt „Friedensweg Bonn“, die am 3. September 2023 im Rahmen der Bonner Friedenstage stattfand. Dieser Titel lockte nicht nur rund 50 Teilnehmende zum friedenspolitischen Stadtrundgang. Er beschreibt auch gut die Motivation, die dem gesamten Projekt zugrunde lag. Doch was meinen wir damit, wenn wir von einem „Friedensweg“ sprechen? Wer steckt hinter dem Projekt? Und auf welchen Vorbildern konnten wir aufbauen? Dieser Artikel beantwortet all diese Fragen und soll Friedensgruppen in anderen Städten als Inspiration für die Umsetzung ähnlicher Projekte dienen.
Das europäische „Life long learning“ Projekt hat bis 2020 verschiedene Friedenswege unter dem Namen „discoverpeace“ gefördert, u. a. in Turin, Manchester, Wien oder Berlin. Die „Peace Trails“ sollen Bürger*innen dieser Städte, aber auch Tourist*innen mit Friedensorten im öffentlichen Raum vertraut machen. Denkmäler, Gebäude und Orte, die vielleicht schon bekannt sind, sollen in einen neuen Kontext gesetzt werden. Schon lange gab es auch in Bonn die Idee, ein ähnliches Projekt ins Leben zu rufen. Doch erst durch die Initiative von Annegret Krüger (Mitarbeiterin beim Netzwerk Friedenskooperative und Vorstandsmitglied im Frauennetzwerk für Frieden) und durch großzügige Finanzierung durch die Bertha-von-Suttner-Stiftung der DFG-VK konnte es schließlich als Kooperationsprojekt von Netzwerk Friedenskooperative und Frauennetzwerk für Frieden umgesetzt werden. Unterstützung bei den Recherchen und der Textarbeit bekamen wir durch zahlreiche Menschen und Initiativen in unseren Netzwerken, denen wir hiermit noch einmal herzlich danken möchten.
Hintergründe und Anspruch des Projekts
Beim Thema der Erinnerungsarbeit im öffentlichen Raum stellt sich immer die Frage: An wen erinnern wir und warum? Seit dem 19. Jahrhundert sind überall Friedensbewegungen entstanden, die jedoch in der öffentlichen Erinnerungskultur nur selten öffentliche Aufmerksamkeit erlangen. Das kollektive Gedächtnis ist noch immer durch patriarchale Perspektiven dominiert, fokussiert auf die vermeintlichen Errungenschaften von sogenannten „Kriegshelden“ und richtet sich nach einem bürgerlichen Geschlechtermodell aus. Durch die Mainstream-Interpretationen des Vergangenen werden Perspektiven von gesellschaftlichen Minderheiten ausgeblendet. Auch Frauen als agierende Subjekte kommt dadurch wenig Beachtung zu. Frieden und Menschenrechte sind kaum Gegenstand der Erinnerungskultur.
Mit dem Friedensweg Bonn wirken wir dem Vergessen entgegen: An insgesamt elf Stationen stellen wir bedeutende Frauen der Friedensbewegung wie etwa Bertha von Suttner, Petra Kelly, Klara Marie Faßbinder und Johanna von Elberskirchen vor und machen ihren Bezug zu unserer Stadt sichtbar. Daneben werden weitere Orte in den Fokus gerückt, deren Friedensgeschichte oft vergessen ist – so etwa die Kontroverse um das Deserteursdenkmal, das in den 1980er Jahren nur wenige Stunden am Bonner Friedensplatz stehen durfte. Aber auch wichtige Orte des friedenspolitischen Erinnerns sind Teil des Friedenswegs, so etwa das Hiroshima-Mahnmal in Bonn-Beuel.
Die elf Stationen sind in einer 36-seitigen Broschüre in handlichem Format beschrieben. Die Texte stellen den jeweiligen Ort bzw. die Person kurz vor und fokussieren dann darauf, welchen Bezug Ort bzw. Person zum Frieden und zur Stadt Bonn haben. Jede Station ist mit Bildern und einem zur Station passenden Friedenszitat geschmückt. Mithilfe der Broschüre können interessierte Menschen in einem eigenständigen Lernprozess im Freien die Stadt Bonn (neu) kennenlernen. Der Friedensweg verbindet die Erkundung der Stadt mit dem Erwerb von Wissen und regt zum weiteren Recherchieren sowie zum Selbstentdecken weiterer Friedensorte an.
Die Broschüre kann kostenlos als PDF heruntergeladen oder in gedruckter Form im Shop des Netzwerk Friedenskooperative bestellt werden. Außerdem liegt sie in der Touristen-Information der Stadt Bonn aus.
Wie geht es weiter?
Zwar ist das Projekt Friedensweg Bonn nach mehr als einem Jahr voller Fundraising, Recherchen, Textarbeit und Veranstaltungsplanung erst einmal abgeschlossen. Doch es soll noch weitergehen: Geplant ist derzeit eine englische Fassung der Broschüre, damit der Friedensweg auch nicht-deutschsprachigen Einwohner*innen und Gästen unserer Stadt zugänglich wird. Zudem soll der Friedensweg auf der internationalen Discover Peace-Website eingebettet werden. Auch Führungen für Gruppen sollen auf Anfrage angeboten und ggf. in Zusammenarbeit mit Stadtführer*innen der Stadt Bonn umgesetzt werden.
Und schließlich soll der Friedensweg Bonn auch Friedensgruppen in anderen Städten inspirieren: Öffentliche Erinnerungskultur braucht überall frischen Wind – und was in Bonn geschehen ist, kann genauso auch bei euch geschehen. Falls ihr euch dazu austauschen möchtet, wendet euch gerne an das Netzwerk Friedenskooperative: info [at] friedenskooperative [dot] de.
Alle Infos zum Friedensweg: www.friedensweg-bonn.de