Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!

Für ein Rüstungsexportkontrollgesetz bis zur nächsten Bundestagswahl

von Susanne Weipert

„Nichts ist mächtiger als eine Idee zur richtigen Zeit.“ (Victor Hugo)

 

Das Bündnis „Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!“, bestehend aus über 100 Organisationen und Initiativen aus der Friedensbewegung, Zivilgesellschaft und Kirche fordert seit seiner Gründung 2011 ein Rüstungsexportkontrollgesetz, dass der unsäglichen deutschen Rüstungsexportpolitik endlich ein Ende setzt. Am 26.2.2020, dem alljährlichen Aktionstag in Anlehnung an den Grundgesetzartikel 26, Abs. 2, gab es dazu wieder zentral in Berlin sowie dezentral Aktionen.

 

Von den im Bundestag vertretenen Parteien wird die Forderung nach einem Gesetz, das deutsche Rüstungsexporte stoppt oder massiv einschränkt, seit langem von der Partei DIE LINKE sowie Bündnis90/Die Grünen erhoben. Die SPD-Fraktion hat sich jüngst im November für ein derartiges Gesetz ausgesprochen und selbst die FDP hat in ihrem letzten Wahlprogramm ein „Rüstungsexportgesetz“ gefordert. Nun scheint also endlich die Zeit gekommen, in der eine Mehrheit im Bundestag die Idee eines solchen Gesetzes befürwortet. Doch darüber, wie dieses Gesetz im Einzelnen aussehen soll, gibt es bisher nur wenige Übereinstimmungen.

Rüstungsexporte sind völkerrechtlich nur deswegen überhaupt legal, weil jedes Land ein Recht auf Selbstverteidigung hat und militärische Gewalt als letztes Mittel zur Selbstverteidigung angewendet werden darf, aber nicht jedes Land seine Armee mit eigenen Waffen ausstatten kann. Umgekehrt resultiert daraus jedoch keine Pflicht, andere Staaten aus- oder gar aufzurüsten. Da wir nicht an einem Nullpunkt stehen, bei dem wir über die Frage einer möglichen Verpflichtung zum Waffenexport diskutieren müssen, um Selbstverteidigung jedes einzelnen Landes zu ermöglichen, sondern so ziemlich jedes Land der Welt über eine bewaffnete Armee verfügt, stellt sich also die Frage, nach welchen Kriterien wir überhaupt neue Waffen exportieren sollten. Wahrscheinlich reichen alle derzeit verfügbaren Waffen auf der Welt für die nächsten 50 oder 100 Jahre aus. Die Antwort von deutscher Seite kann ganz einfach lauten: Für uns gibt es keine Fälle mehr, in denen wir Rüstungsexporte genehmigen werden. Die differenziertere Antwort kann jedoch auch lauten: Nur noch in zu begründende Ausnahmefällen. Waffenlieferungen in Kriegs- und Krisengebiete und an menschenrechtsverletzende Staaten werden strikt verboten und eine Abwägung gegen vermeintliche Sicherheitsinteressen findet nicht mehr statt. EU-, NATO- und NATO gleichgestellte Länder werden nicht mehr bevorzugt behandelt. Die Einhaltung von Völkerrecht und der Menschenrechte ist uneingeschränktes Kriterium. Staatliche Bürgschaften für Rüstungsgeschäfte werden nicht mehr vergeben. Steuermittel werden nicht mehr verwendet, um Preisnachlässe für befreundete Staaten  zu ermöglichen. Ausgesondertes Bundeswehrmaterial wird nicht mehr kostenlos abgegeben, sondern verschrottet oder besser noch recycelt. Lizenzen zum Nachbau deutscher Waffen und damit meist im Zusammenhang stehende Exporte von Herstellungsausrüstung, Technologie und Software werden verboten. Kleine und leichte Waffen (gemäß umfassender UN-, und nicht der derzeit angewendeten EU-Definition) und die dazugehörige Munition werden ausnahmslos nicht mehr in sogenannte Drittstaaten exportiert. Es wird ein Konversionsfonds eingerichtet, um die Umstellung von militärischer zu ziviler Produktion zu fördern. Europäische Abkommen über gemeinsame Exportregeln für in Kooperation produzierte Rüstungsgüter werden nur geschlossen, wenn die Regeln des deutschen  Rüstungsexportgesetzes nicht unterlaufen werden. In diesem Zusammenhang ist das deutsch-französische Abkommen, dass im Oktober 2019 geschlossen wurde, nachzubessern, da zum Beispiel bei Anwendung des darin enthaltenen „De-minimis“-Grundsatz nur noch in besonderen Ausnahmefällen von deutscher Seite gegen ein französisches Exportvorhaben widersprochen werden kann. Zudem wird eine Sorgfaltspflicht der Rüstungsunternehmen für Menschenrechte implementiert (Stichwort Lieferkettengesetz), damit kein Unternehmen mehr seinen Profit vor die Menschenrechte stellen und eine vermeintliche Verantwortungslosigkeit mit einer behördlichen Genehmigung rechtfertigen kann.

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Susanne Weipert ist Referentin für Rüstungsexporte und Koordinatorin der Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel! in Berlin.