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Mediation oder gewaltfreier Widerstand?
Gewaltfreier Widerstand als Voraussetzung für Mediation
vonMediation und gewaltfreier Widerstand sind zwei verschiedene Herangehensweisen an einen Konflikt. Gewaltfreier Widerstand ist kämpferisch, Mediation versöhnlich. Insofern könnte sich die Frage stellen, ob man sich für einen von beiden Wegen entscheiden muß, da sich beide ausschließen. Dies ist meines Erachtens jedoch nicht unbedingt der Fall. In mancherlei Hinsicht läßt sich Mediation mit gewaltfreiem Widerstand verbinden, bzw. vereinbaren:
Mediation kann unter Umständen gewaltfreien Widerstand voraussetzen, dann nämlich, wenn ein Konflikt durch ein großes Machtungleichgewicht geprägt ist. Mit gewaltfreiem Widerstand kann eine Gegenmacht aufgebaut und zum Ausdruck gebracht werden, die bei der Gegenseite ein Interesse an einem Dialog erzeugt. Absicht gewaltfreier Widerstandsbewegungen sollte es immer sein, einen herrschaftsfreien Dialog mit den GegnerInnen herbeizuführen. Mediation ist ebenso wie das Konsensverfahren auf diesen herrschaftsfreien Dialog angewiesen. In beschränktem Maße kann sie ihn auch herstellen. Sofern das jedoch nicht möglich ist, ist Mediation nicht sinnvoll. Durch das Mittel des gewaltfreien Widerstandes können jedoch die nötigen Voraussetzungen geschaffen werden.
Gewaltfrei aktiv und trotzdem MediatorIn?
Wenn also Widerstand und Mediation unter Umständen zwei Phasen derselben Auseinandersetzung sind, können dann die MediatorInnen zuvor TeilnehmerInnen an den gewaltfreien Aktionen gewesen sein? Christopher Moore schreibt, das die Glaubwürdigkeit und Vertrauenswürdigkeit einer Mediationsorganisation und ihrer MediatorInnen u.a. auf einer "Geschichte makelloser Unparteilichkeit" beruhen.(9) Können Einrichtungen und Personen aus einer gewaltfreien Widerstandsbewegung diese Voraussetzungen erfüllen? Auf den ersten Blick wohl nicht.
Zunächst muß man eingestehen, daß es wenig Sinn macht, wenn Personen die von einem Konflikt existentiell und stark emotional betroffen sind, sich für diesen als MediatorInnen anzubieten. Sie sollten lieber offen Partei ergreifen und an gewaltfreien Aktionen teilnehmen. Nur: Sind sie dann auch für die Mediationsaufgabe in anderen Konflikten disqualifiziert? Sie haben ja keine "weiße Weste" mehr, was Unparteilichkeit angeht. Wie schon dargelegt, gibt es jedoch mittlerweile eine Diskussion darüber, inwieweit nicht eine gewisse Parteilichkeit akzeptiert werden kann oder sogar von Vorteil ist - wegen der "Innenansicht" des Konflikts und der genaueren Kenntnisse seiner Beteiligten. Da es doch vor allem darauf ankommt, daß die MediatorInnen das Verfahren sachgerecht anleiten, den inhaltlichen Ausgang nicht im eigenen Interesse beeinflussen und das Vertrauen der Konfliktparteien genießen, braucht das Kriterium der Unparteilichkeit nicht zu eng gefasst zu werden. Sinnvollerweise sollte es lediglich auf die Mediationstätigkeit solcher Personen bezogen werden und nicht auf ihr politisches Engagement. Andernfalls müssten alle engagierten und politischen Leute von der MediatorInnen-Aufgabe ausgeschlossen werden - und das macht ja keinen Sinn, besonders bei politischen Mediationen!
Vorzüge gewaltfreier MediatorInnen
Personen aus der gewaltfreien Bewegung könnten - trotz ihrer Parteilichkeit - für politische Konflikte geradezu geeignete MediatorInnen sein: Sie haben trotz ihrer Verbundenheit mit der Widerstandsbewegung auch eine kritische Distanz zu ihr, was Gewaltbereitschaft und Feindseligkeit angeht. Dies trifft auch auf das Verhältnis zu staatlichen und wirtschaftlichen Funktionsträgern zu, gegenüber denen sie zwar gesprächsbereit und gewaltfrei sind, deren Gewaltmittel und Herrschaftsstellung sie jedoch ablehnen. Sie haben also beiden Seiten gegenüber positive Anknüpfungspunkte, aber auch eine gewisse Distanz - eine Mischung, die sie für die Mediationsaufgabe vertrauenswürdig machen kann. Ihre Akzeptanz könnte demnach gerade aus der spezifisch gewaltfreien Haltung erwachsen: Auftreten gegen Unrecht und Unterdrückung und gleichzeitig Eintreten für faire Methoden, Dialogbereitschaft und Achtung der Menschen.
Widerstands-Mediation
Mediation kann schließlich auch als Teil des gewaltfreien Widerstands genutzt werden. Zum Beispiel, wenn es in der Widerstandsbewegung Konflikte gibt, die den Widerstand insgesamt schwächen. Durch Mediation zwischen den Widerstandsgruppierungen können möglicherweise diese Konflikte überwunden und dadurch der Weg für ein gemeinsames Vorgehen geebnet werden. In eine solche "Mediation von unten" könnten durchaus auch Kommunalverwaltungen oder Landesregierungen einbezogen werden, wenn sie - wie etwa im Falle der Kernenergie - im Konflikt mit der Bundesregierung oder mit mächtigen Wirtschaftsunternehmen stehen, aber gleichzeitig auch in Auseinandersetzungen mit Basisinitiativen verwickelt sind.