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Rechtspotential unter Jugendlichen
vonIm Auftrag des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW hat das Institut für angewandte Sozialwissenschaften (Infas) Jugendliche (16 bis 23 Jahre) in NRW zu ihren Perspektiven befragt. Ein wichtiger Problembereich, der nach den Wahlergebnissen der letzten Monate für Parteien ebenso wie für außerparlamentarische Bewegungen an Bedeutung gewonnen hat, ist das in der Jugend existierende Rechtspotential. Zusammenfassung von Gregor Witt.
Infas hat hierzu zunächst den Übergangsbereich von konservativen Positionen zum Rechtsextremismus untersucht. Die in nachstehender Grafik zusammengefaßten Antworten begründen zwar ernsthafte Besorgnisse über die Anfälligkeit einer größeren Zahl von Jugendlichen für konservativ bis reaktionäre Standpunkte. Sie müssen aber auch vor dem Hintergrund gesehen werden, daß z.T. dieselben Jugendlichen, die konservative Grundpositionen übernommen haben, zugleich kritisch-fortschrittliche Forderungen befürworten. Und ein weiterer Hinweis aus der Studie zur "konservativen Ladung" solcher Aussagen ist wichtig:
"Daß z.B. Leistung sich wieder lohnen muß, ist nicht nur eine neokonservative 'Wendeparole' - sie enthält auch einen Appell an leistungsgerechte Entlohnung. Oder wer meint, bei der sozialen Sicherheit solle man in erster Linie für sich selbst sorgen, ist nicht unbedingt ein Gegner des Sozialstaats, sondern hat vielleicht die jetzt teilweise notwendig gewordenen Eigenleistungen zur Finanzierung des sozialen Netzes im Auge. Diese Ambivalenzen in den Statements müssen beachtet werden, damit man die Äußerungen der Jugendlichen zu konservativen Positionen nicht einfach beim Nennwert nimmt."
Obwohl der Anteil junger Männer unter den Wählern rechtsextremer Parteien relativ hoch ist, kommt die Studie zu dem überraschenden Ergebnis, daß die Zustimmung zu einschlägigen Bewertungen in der Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik höher als in der Untersuchungsgruppe ist. Zum Beispiel stimmten 21% der Befragten der Aussage zu: "Der Nationalsozialismus hatte auch seine guten Seiten", unter den Bundesbürgern sind es 42%. 12% der Jugendlichen halten die Aussage "Wir sollten wieder einen Führer haben" für völlig oder teilweise richtig!
Die Einstellungen gegenüber Ausländern, Asylbewerbern und Aussiedlern hat Infas in einer anderen Studie ermittelt. Danach sind die Jugendlichen in NRW "... durchweg etwas toleranter gegenüber Ausländern als der Durchschnitt der Bevölkerung. Sie erkennen häufiger an, hier lebende Ausländer machten unsere Kultur bunter und abwechslungsreicher (45% zu 35%), sie seien für unsere Wirtschaftsentwicklung notwendig (43% zu 37%).
Jugendliche fordern häufiger, die Beteiligung von Ausländern am politischen und gesellschaftlichen Leben solle verstärkt werden (43% zu 36%). Dagegen stehen allerdings jeweils Mehrheiten, die all dies ablehnen. Darin werden die Jugendlichen von den Erwachsenen allerdings noch übertroffen. In dieses Bild fügt sich, daß Jugendliche mehrheitlich Ausländer mit großer Wohnungsnot in Zusammenhang bringen (53%) und ganz überwiegend (zu 80%) die 'Wirtschaftsasylanten' als eine große Belastung für die Deutschen bezeichnen."
Bemerkenswert sind einige Feststellungen von Infas zur Friedensthematik: Beunruhigt über Aufrüstung sind nur 8% der Befragten, davor stehen Umweltprobleme (58%), Arbeitslosigkeit/Lehrstellenmangel (32%) und Politik allgemein (11%). Dennoch gehört Frieden für 43% zu den politischen Prioritäten bis zum Jahr 2000 - nach Umwelt (88%) und Arbeitslosigkeit (77%). Von den gesellschaftlichen und politischen Institutionen findet die Friedensbewegung großes Vertrauen bei den Jugendlichen.