Rüstungsproduktion

Rüstungsaktien: Das Böse ist lukrativ wie nie ...

von Barbara Happe

... so betitelte jüngst eine große deutsche Tageszeitung einen Artikel zu Investitionen in Rüstungsaktien. Und obwohl die Zahl der Menschen, die Rüstungsexporte ablehnen, in Deutschland über 65 Prozent liegt und stetig wächst, ist die Verlockung, Geld in Rüstungskonzerne zu stecken, groß. Gewinne sind angesichts zunehmender Kriege und Krisen weltweit garantiert.

Steigende Rüstungsetats vielerorten tun das ihrige, um Banken und InvestorInnen zu überzeugen, ihre Geschäftsbeziehungen zur Rüstungsindustrie zu pflegen. Hinzu kommt, dass Rüstungsaufträge meist über Jahre laufen, was das Risiko von Kursschwankungen oder gar -abstürzen deutlich minimiert.
FinanzanalystInnen loben Rüstungsaktien daher aktuell gern als „krisenfeste“ und „stabile“ Investitionen. Und in der Tat rechnet sich ökonomisch der Besitz von Rüstungsaktien: Das wichtigste Börsenbarometer der Rüstungsbranche Nyse Arca Defense ist in den vergangenen drei Jahren viermal so stark gestiegen wie die weltweiten Aktienmärkte (MSCI World) im Durchschnitt.

Nicht nur internationale Rüstungsgrößen, auch die größten hiesigen Rüstungskonzerne verzeichneten in den letzten Jahren deutliche Kursgewinne, allen voran der größte in Deutschland ansässige Rüstungskonzern Rheinmetall. Innerhalb eines Jahres stieg die Rheinmetall-Aktie von Jahresbeginn 2017 bis 2018 um über 50 Prozent auf einen Rekordwert von über 100 Euro. (1)

Die Kehrseite dieses ökonomischen „Rüstungswunders“ bei Rheinmetall und Co. wird dabei ausgeblendet: eine unheilvolle Aufrüstung der Krisengebiete der Welt, eine stetig steigende Zahl von Toten und von Menschen, die aus ihrer Heimat vertrieben werden sowie nicht enden wollende Konflikte.

Rüstungsgeschäfte – nicht mit mir und meinem Geld?!
Angesichts von derartigen Kursentwicklungen müssen auch SparerInnen aufpassen, dass ihr Geld nicht bei Rüstungsfirmen landet. Denn aufgrund ihrer guten ökonomischen Performance sind Rüstungsfirmen oft Bestandteil der gängigen Fondsprodukte, die SparerInnen von ihren FinanzberaterInnen angeboten werden. Ausgeschlossen werden in der Regel nur Streumunitions- und Landminenhersteller – ansonsten finden sich in gängigen Fondsprodukten viele international wie national bekannte Rüstungsunternehmen oder -zulieferer, die ihre Waffen in viele Kriegs- und Krisengebiete der Welt liefern. Viel zu oft – weil auch nicht vom Gesetzgeber vorgeschrieben –wird bei Beratungsgesprächen zur Geldanlage nicht darüber informiert, wo das Geld der Kundschaft angelegt wird.

Aktienfonds Fondsgesellschaft Rüstungsbeteiligungen 2018
Allianz Strategiefonds Balance Allianz Global Investors Daimler, Northrop Grumman, Rheinmetall
Deka-Dividendenstrategie Fondsgesellschaft der Sparkassen BAE Systems Northrop Grumman
DekaFondsCF Fondsgesellschaft der Sparkassen Airbus, Daimler, MTU Aero Engines, Rheinmetall, Thyssenkrupp
DWS Deutschland Fondsgesellschaft der Deutschen Bank Daimler, Jenoptik, MTU Aero Engines,  Thyssenkrupp
DWS Aktien Strategie Deutschland Fondsgesellschaft der Deutschen Bank Airbus, Jenoptik, MTU Aero Engines
DWS Top Dividende Fondsgesellschaft der Deutschen Bank BAE Systems, Raytheon
UniGlobal Vorsorge Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken Airbus, Honeywell International, Northrop Grumman

Quelle: (Halb-)Jahresberichte der Fonds, geprüft im September 2018

Bereits diese stichprobenartigen Erhebungen zeigen, dass nicht nur Banken, sondern auch die vier großen deutschen Fondsgesellschaften DWS, Deka Investment, Union Investment und Allianz Global Investors keine Hemmungen haben, in Rüstungskonzerne zu investieren. In zahlreichen der von ihnen aufgelegten Publikumsfonds befinden sich (inter-)national bekannte Rüstungsschmieden, die für Elend und Not weltweit verantwortlich sind.

Sie haben die Wahl! Raus aus Rüstung!
Niemand muss sein Geld bei Banken anlegen oder in Finanzprodukte stecken, die Rüstungskonzerne unterstützen. Wer auf Nummer sicher gehen will, dass sein Geld rüstungsfrei angelegt wird, sollte seine Ersparnisse nicht bei deutschen privaten Großbanken, sondern nur bei nachhaltig arbeitenden Geldhäusern (z.B. GLS Bank, EthikBank, Triodos Bank) und/oder in Produkte anlegen, die Rüstungskonzerne  und -zulieferer definitiv ausschließen. KundInnen von Sparkassen und Volksbanken sollten darauf hinwirken, dass „ihre“ Bankfilialen Druck auf die eigenen Fondsgesellschaften Union Investment und Deka ausüben, endlich aus Rüstungsfirmen auszusteigen. VolksbankkundInnen können sich darüber hinaus gerade an einer Protestaktion der Nicht-Regierungsorganisation ICAN beteiligen, die ihre  Fondsgesellschaft Union Investment und ihr Zentralinstitut DZ Bank auffordern, aus dem Atomwaffengeschäft auszusteigen (Näheres unter: https://atombombengeschaeft.de). Ende September startet „urgewald“ eine Kampagne zur Fondsgesellschaft der Sparkassen, DEKA, aus Rüstung und Kohle auszusteigen (www.urgewald.de). Kurz: SparerInnen sollten auch bei der Geldanlage Farbe bekennen: Menschenrechtsbelange dürfen nicht länger ehrgeizigen Renditezielen geopfert werden! Denn mit Geld lässt sich die Welt verändern, es kommt aber auf die richtige Richtung an!

Anmerkung
1 Aktuell (Mitte September 2018) hat die Aktie zwar wieder etwas an Wert eingebüßt (88 Euro, Stand: 7.9.2018), liegt aber deutlich über dem 3-Jahres-Referenzwert von 54 Euro. Der Rückgang ist u.a. darauf zurückzuführen, dass zahlreiche Genehmigungsanfragen für Rüstungsexporte in Kriegs- und Krisengebiete wie Saudi Arabien oder in der Türkei aktuell von der Bundesregierung nicht bearbeitet werden und auf Halde liegen, was Investoren zumindest etwas zögerlich macht.

Weitere Informationen:
Urgewald/Facing Finance (2018): Dirty Profits. Unser Geld für Rüstungsexporte in Kriegs- und Krisengebiete, Download unter:  https://urgewald.org/shop/dirty-profits-geld-fuer-ruestungsexporte-krieg...

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Barbara Happe arbeitet seit 2000 als Referentin für Finanzinstitutionen bei der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald e.V. Sie ist (Mit-)Autorin zahlreicher urgewald-Studien wie “Neue Banken braucht das Land“ oder „Die Waffen meiner Bank“ Diese Studien durchleuchten die ökologische und soziale Performance deutscher Finanzinstitute und streiten für verbindliche und umfassende Reformen. Frau Happe ist promovierte Politikwissenschaftlerin und seit 2011 Vorstandsmitglied beim Dachverband der Kritischen AktionärInnen.