Süddeutsches Forum für Entrüstung und Konversion

von Beate Roggenbruck

"Danke - den wunderbaren Bürgern aus Schwäbisch Gmnd, Mutlan­gen, Heilbronn, Neu-Ulm und Umgebung, danke für die Aufnahme der Soldaten und für die Bereitstellung von Flächen für Manöverbungen. Ohne Ihre volle Unterstützung wäre der Pershing II Einsatz unmöglich gewesen."

(Und ohne uns - den Tausenden von BlockiererInnen und Demonstran­tInnen in Mutlangen - wäre das Teufelszeug immer noch da.)

Etwas einseitig ist sie schon, die Sicht der Dinge, die der kommandierende General Bean in seiner Dankesrede an­läßlich der Auflösung der Pershing II Einheit in Mutlangen am letzten Tag zur Erfüllung des INF-Vertrags, dem 31. 5. 1991, präsentiert.

Die Army hatte zur Feierstunde aufs Depotgelände geladen, an der auch lo­kale Politiker nicht fehlen durften.

Aber nicht nur die Army feierte - auch die Friedens- und Begegnungsstätte und das Carl Kabat Haus hatten nach Mut­langen geladen - zur Feier und Reflek­tion. Und so konnten die militärischen und zivilen Army-Gäste noch ein letztes Mal gebührend mit Transparenten am Eingang des Depots begrüßt werden.

Auch das Friedensnetz Baden-Württem­berg, der regionale Zusammenschluß von Friedensgruppen aus Baden-Würt­temberg, hatte seine Beratungskonfe­renz nach Mutlangen verlegt. Das "Sd­deutsche Forum fr Entrüstung und Konversion" - so der Konferenztitel - sollte zur Diskussion von Perspektiven und Konzepten künftiger Friedensarbeit dienen. Gerade auch vor dem Hinter­grund, daß nach dem Ende des Kalten Krieges - sinnfällig demonstriert durch den Abzug der Mittelstreckenraketen - kein goldenes Zeitalter, wie von man­chen noch vor einem Jahr erhofft, an­bricht. Der Kalte Krieg wird durch einen Nord-Süd-Konflikt ersetzt oder besser gesagt, einen Konflikt zwischen den "haves" und den "havenot", zwischen Arm und Reich, wie schon im 2. Golf­krieg sichtbar.

Die Konferenz wollte sich mit den Her­ausforderungen für die künftige Frie­densarbeit, die sich mit zunehmend komplexer werdenden Aufgaben aus­einandersetzen muß, beschäftigen.

In den AG's wurden folgende Schwer­punkte behandelt:

  • Wie können/sollen gewaltfreie Ak­tionen aussehen, welche Zukunft hat die soziale Verteidigung, und wie geht es mit der Kampagne "Bundes­republik ohne Armee" weiter?
  • die Frage der Standortkonversion (d.h. die Verwendung freiwerdender militärischer Liegenschaften) und der Rüstungskonversion
  • die Analyse der strukturellen Vertei­digungsunfähigkeit der Industrie­staa­ten
  • und schließlich die Beschäftigung mit neuen Feindbildern und den Bedro­hungen der Zukunft.

Die Diskussion war breit angelegt. Lei­der kann ich hier nur "Diskussionssplit­ter" wiedergeben.

In der Konversionsgruppe wurden z.B. konkrete Konversionsprojekte vorge­stellt, fr deren Unterstützung und kriti­sche Begleitung Georg Werckmeister von der IG die Friedensbewegung bat. Leider wurde ein entsprechender Ap­pell, um dessen Unterstützung im Ple­num geworben wurde, nicht angenom­men; aus den unterschiedlichsten Grn­den - bedauerlich ist nur, daß so ein schriftliches Signal aus Mutlangen aus­blieb.

In der AG zu neuen Feindbildern ist uns nochmals sehr bewußt geworden, wie erfolgreich der 2. Golfkrieg die Saat fr ein tiefgreifendes neues Feindbild gelegt hat - viel schneller als wir es uns vor ei­nem Jahr hätten träumen lassen. In die gleiche Kerbe schlug auch das Buch und der Film "Nicht ohne meine Tochter", dessen klare Botschaft wohl das Araber­bild von Millionen beeinflußt hat.

Soweit einzelne Eindrücke. Ich hatte das Gefühl, daß wir uns auch schwer taten mit dem Formulieren gemeinsamer Per­spektiven, wohl aus dem Bewußtsein, daß die Arbeit nach dem 2. Golfkrieg nicht einfacher geworden ist und ein ge­höriges Maß an Engagement und Kennt­nis verlangt. Wohl auch, weil die Welle der Sympathie in breiten Teilen der Be­völkerung fr die Abrüstung in­zwischen etwas abebbt und Diskussio­nen während des Krieges ber den Um­gang mit Ag­gressoren Verunsicherung hinterlassen hat. Wir sollten nicht ver­gessen, daß während des Krieges ein tie­fer Bruch mit einigen früheren Mit­streitern pas­siert ist.

Und trotzdem war es schön, an diesem Tag in Mutlangen zu sein und das Ge­fhl zu haben, etwas erreicht zu haben.

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Beate Roggenbuck arbeitet in der Stuttgarter Geschäftsstelle von OHNE RÜSTUNG LEBEN