Seit über einem Jahr

Täglich Mahnwachen für politische Gefangene in München

von Friedrich Müller

Auch nach Abschluß des INF-Vertrags verurteilen Gerichte weiter Menschen, die vor Atomwaffenlagern blockierten oder dazu aufriefen, gehen weiter Angehörige der Friedensbewegung ins Gefängnis.

Seit dem 14. März stehen täglich An­gehörige der Friedensbewegung im Zentrum Münchens Mahnwache für Menschen, die ins Gefängnis gingen, weil sie sich konsequent gegen Mas­senmordwaffen eingesetzt haben.

Teils wegen Sitzblockaden vor ABC-Waffenlagern, teils wegen Aufrufen hierzu, wurden diese Menschen krimi­nalisiert.

Viele sitzen und saßen im Gefängnis, weil sie sich weigerten, Geldstrafen nach Verurteilungen zu bezahlen. Ei­nige von ihnen waren auch nicht in der Lage, die Geldstrafen zu zahlen. Die meisten aber wollten bewußt durch ih­ren Gefängnisaufenthalt auf diese Un­rechtsurteile aufmerksam machen. Weit über 100 Menschen waren es, die bisher die Erstzfreiheitsstrafen in bun­desdeutschen Gefängnissen absaßen.

Mit einigen kurzen Unterbrechungen - in dieser Zeit waren den Münchner Friedensfreunden keine Gefängnisauf­enthalte bekannt - wurden und werden die Mahnwachen jeden Tag von 17.00 - 18.30 Uhr durchgeführt. Die Aktion "Öffentliche Aufforderung zu Blocka­den von Atomraketen" und die "Kam­pagne ziviler Ungehorsam", die diese Mahnwachen geplant haben, sind der Meinung, daß die Menschen, die we­gen gewaltfreier Demonstrationen ge­gen Massenmordwaffen wie die Pers­hing II politische Gefangene sind. In dem berüchtigten Urteil des Bundes­gerichtshofs vom 5. 5. 1988 heißt es dazu: "...politische Motive sind in den Urteilen nur bei der Strafzumessung zu berücksichtigen..."

Die Fließbandurteile vieler bundes­deutscher Gerichte, vor allem in Ba­den-Württemberg und Bayern, gegen Mitglieder der Friedensbewegung dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Erfreulich ist es sicher, daß es sogar in Bayern Richter gibt, die nach diesem BGH-Urteil noch freisprechen, so ge­schehen u. a. erst wieder am 8. 5. 1989 vor dem Landgericht München, in ei­nem Fall, in dem das Bayerische Ober­ste Landgericht - nach drei Freisprü­chen in erster und zweiter Instanz - nicht davon ablassen will, die CDU/CSU-Linie (Sitzblockaden vor Atomwaffenlagern u. ä. sind verwerfli­che Gewalt = Nötigung) durchzuset­zen. Einige Richter haben die Schand­urteile des Dritten Reiches nicht ver­gessen und schämen sich, politische Urteile zu fällen.

Schön wäre es, wenn solche Mahnwa­chen auch in anderen Städten durch­geführt würden! In der Münchner Fußgängerzone sind die Mahnwachen inzwischen eine Institution geworden, wenn auch die Polizei auf kleinliche Weise schikaniert.

Weitere Auskünfte erteilen gerne Friede­rich Müller, Andreestraße 18, 8000 München 19, Tel 089-1688308 und Helmut Gross, Kolumbusstraße 5, 8000 München 90, Tel 089-653255.

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