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Internationale Diplomatie
Wenn Jimmy Carter für den Frieden streitet
vonEx-Präsident Jimmy Carter macht immer wieder als Vermittler in politischen Krisen von sich reden, wie zuletzt in Haiti und Bosnien. Er hat ein "Zentrum für Friedens-und Konfliktforschung" gegründet und jüngst ein Buch mit dem Titel "Vom Frieden reden" veröffentlicht.
Der Name Jimmy Carters, Präsident der USA zwischen 1977 und 1981, ist mit dem Camp-David-Abkommen und dem Treffen zwischen Sadat und Begin verbunden. Die so entwickelte Methode, Verhandlungen zu führen, hat als Modell für einen kooperativen Ansatz bei der Konfliktlösung gedient.
Das Camp-David Abenteuer
Nach dem Sechstagekrieg im Juni 1967 besetzt Israel die Golanhöhen, einen Teil Jordaniens, den Gazastreifen und die ägyptische Sinaihalbinsel. In der Folgezeit liefern sich Ägypter und Israelis einen Krieg, bei dem sich Angriffe und Bestrafungsaktionen abwechseln, ohne daß sich die geringste Lösung des Konflikts abzeichnet. Es muß erst der Jom Kippur-Krieg, eine ägyptische Offensive im Oktober 1973 abgewartet werden, bis daß die resultierende Veränderung in den Machtverhältnissen die Idee einer Aufteilung des Gebietes zwischen den Kriegsgegnern entstehen läßt. Doch alle Pläne scheitern. Als Jimmy Carter ins Weiße Haus einzieht, ist er von einer Idee besessen: den Frieden im Nahen Osten voranbringen. Im September 1978 lädt er den israelischen Premierminister Begin und den ägyptischen Präsidenten Sadat in seine Präsidentenwohnung in Camp David ein. Er wird als Mediator zwischen den beiden Protagonisten fungieren, mit seinen Beratern einen Verhandlungsprozess ohne Verlierer entwickeln. Anstatt sich auf die unvereinbaren Positionen des einen und des anderen bezüglich des Sinai zu beziehen, schlägt Carter beiden vor, ihre wirklichen Bedürfnisse darzulegen: Bedürfnis nach nationaler Souveränität für Ägypten, Bedürfnis nach Sicherheit für Israel.
Verhandlungen ohne Verlierer
Sobald dies geschehen ist, handelt es sich nicht mehr darum, zu bestimmen, wer den Sinai gewinnt oder verliert, wie es bei dem klassischen Ansatz (Sieger-Verlierer-Modell) der Fall wäre, sondern auf die legitimen Bedürfnisse der beiden Gesprächspartner zu reagieren. Von einer konkurrierenden Haltung zwischen "antagonistischen" Positionen geht man zu einer kooperativen Suche über, bei der das Ziel ist, "verschiedenartige" Bedürfnisse zu befriedigen. Es genügen jetzt Vorstellungskraft und Kreativität, um diese Unterschiedlichkeit zu regeln. Und die Lösung konnte gefunden werden. Der Sinai wurde an Ägypten zurückgegeben und eine entmilitarisierte Zone unter amerikanischer Kontrolle eingerichtet, um die israelische Sicherheit zu garantieren. Jimmy Carter schreibt im ersten Kapitel seines Buches: "Jeden Tag machte ich eine Liste der Punkte, über die wir Übereinstimmung erzielt hatten und eine weitere mit den noch zu klärenden Unterschieden. Langsam aber sicher verkleinerte sich diese."
"Von Frieden reden"
Fünfzehn Jahre später ist Jimmy Carter nicht mehr für die Angelegenheiten seines Landes verantwortlich, aber mit dem von ihm in Atlanta gegründeten "Zentrum für Friedens-und Konfliktforschung" arbeitet er weiterhin im Bereich internationaler Beziehungen. Er ist überzeugt, daß die einzige Überlebensgarantie unseres Planeten in der Dringlichkeit liegt, "gewaltlose" Lösungen für die Konflikte zu finden, die die Welt zerreißen.
Das Carterzentrum hat u.a. ein Programm internationaler Vermittlermissionen entwickelt und zahlreiche Wahlbeobachtungsmissionen durchgeführt, z.B. in Panama, Nicaragua, Sambia, Guyana usw. Jimmy Carter selbst führte 1988 eine Mediation zwischen Äthiopien und Eritrea durch und besuchte Haiti nach der Wahl von Jean-Bertrand Aristide: "Am Tag seiner Amtseinsetzung, am 7.Februar 1991... versammelten sich Millionen Menschen in den Straßen. Viele trugen einen Hahn, das Symbol der Wahlkampagne Aristides...Dies war die eindrucksvollste Demonstration demokratischer Freude, an der ich jemals teilnehmen durfte", schreibt Carter. Nach dem Sturz Aristides durch das Militär arbeitet das Carterzentrum an einer Lösung des Problems in Haiti.
Im letzten Kapitel seines Werkes appelliert der Autor an die junge Generation, sich ihrer gemeinsamen Bedürfnisse und ihres Rechts auf Würde bewußt zu werden, egal welcher Rasse, Geschlecht und Alter sie angehörten. Der Weltfriede beginne in der Stadt, mit Toleranz und Solidarität. JedeR könne an der Herstellung gerechter und friedlicher Beziehungen in ihrer/seiner Umgebung beitragen.
Dieser Beitrag wurde stark gekürzt aus "Non-violence Actualité, Oktober 1994 übernommen. Übersetzung: Red