Dritte Deutsch-Sowjetische Friedenswoche 1991:

"Zusammen-Arbeit" in Projekten

von Werner Koep-Kerstin

Mit der inzwischen 3. deutsch-sowjetischen Friedenswoche im Novem­ber 1991 wollen wir auch in diesem Jahr die Verständigung zwischen deutschen und sowjetischen Menschen weiterentwickeln. Ganz deutlich müssen wir allerdings feststellen, daß die Bedingungen unserer Arbeit durch die Entwicklungen in der Sowjetunion und auch durch den Golf­krieg komplizierter geworden sind. Für umso wichtiger halten wir es. Daß gerade jetzt Kontakte gepflegt und neue Möglichkeiten der Zusam­menarbeit wahrgenommen werden.

 

Begonnen hatten die deutsch-sowjeti­schen Friedenswochen mit dem Besuch von über 100 Gästen aus der So­wjetunion im Frühjahr 1989 in der Bun­desrepublik. Im vorigen Jahr waren dann rund 140 TeilnehmerInnen aus der Bundesrepublik und der damali­gen DDR Gast sowjetischer Familien in über 25 Städten der westlichen So­wjetunion.

In diesem Jahr wird ein Vorbereitungs­kreis von bislang acht TeilnehmerInnen in Absprache mit der Sowjetunion-AG des Netzwerks Friedenskooperative die 3. Friedenswoche in der Friedensdekade vom 10. bis 17. November 1991 mit al­len interessierten Gruppen organisieren. Im Vorbereitungskreis sind u.a. vertre­ten: der Christliche Friedensdienst Pax Christi, der Verein für deutsch-sowjeti­sche Begegnung/Essen, die Regional­konferenz der Friedensinis Kleve und Wesel, das Bonner Friedensplenum so­wie die Gustav-Heinemann-Initiative.

Durch die im November ohnehin tradi­tionell stattfindende Friedensdekade be­stehen gute Möglichkeiten, die sowjeti­schen Gäste vor Ort mit den uns beschäftigen­den Themen vertraut zu machen. Im Mittelpunkt der Begeg­nungswoche soll die "Zusammen-Ar­beit" von Deutschen und Sowjets an ausgewählten Projekten stehen. Bei­spiele: Eine Frauengruppe versucht, den Gästen Eindrücke über die Rolle von Frauen in unserer Gesell­schaft zu ver­mitteln und Diskriminie­rung erfahrbar zu machen. Oder: Eine Ökogruppe lädt ihre Gäste zu einer Projektwoche über Altlasten ein. Ge­meinsam könnten Bo­denproben ent­nommen und Flugblätter für ein Bürger­gespräch verteilt werden. Und warum nicht auch Gespräche mit einer Ar­beitslosenini organisieren, die deutlich machen, wie die Stadt oder Gemeinde aus der Perspektive von Ar­beitslosen und SozialhilfeempfängerIn­nen aus­sieht?

Wir möchten, daß die Gäste aus der Sowjetunion auch diese Seiten unserer Lebenswirklichkeit kennenlernen. Auf diese Weise können sich Menschen aus unterschiedlichen Kulturen beim ge­meinsamen Handeln ungleich näher kommen, als das bei noch so interes­santen Vorträgen und Diskussionen in der Regel der Fall ist.

Die Verantwortung für die Gestaltung der Programme der Friedenswoche liegt selbstverständlich bei den örtlichen Gruppen. Die zentrale Vorbereitungs­gruppe hilft dann bei der Kontaktauf­nahme zu den Ansprechpartnern in der Sowjetunion und steht für Koordinie­rungsaufgaben zur Verfügung.

Zur Vorbereitung der diesjährigen Frie­denswoche wird ein Wochenendseminar für all jene Gruppen angeboten, die Gäste aus der Sowjetunion einladen wol­len. Sie erhalten aus erster Hand Informationen darüber, was alles bei der Vorbereitung und Durchführung solch einer Begegnungswoche zu beachten ist. Auch in Form eines Planspiels, bei den von der Einladung bis zum Finanzplan (nahezu) alles geübt wird. Das Seminar findet vom 15. bis 17. März 1991 in Hannover statt. Zwischenzeitlich sind zahlreiche Friedensgruppen in einem Faltblatt auf dieses Seminar aufmerk­sam gemacht worden; wer aber nicht er­reicht wurde und interessiert ist, kann sich wenden an: Christlicher Friedens­dienst, Rendelerstr. 9-13, 6000 Frank­furt a.M.

Obwohl die Friedenswoche `91 erst im November stattfinden wird, wollen wir mit dazu beitragen, daß auch am 22. Juni 1991 - dem Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion - Aktionen stattfin­den, die die öffentliche Aufmerksamkeit auf die damit verbundenen Zusammen­hänge lenken. In Erinnerung an die er­sten Kampfhandlungen, die damals um 3.30 Uhr begannen, rufen wir zu einer Aktion "durchwachte Nacht" auf, die von den einzelnen Gruppen unter­schiedlich gestaltet werden kann. Die Gruppen sollten sich Zeit nehmen für folgende Fragen:

  • Wie stellte sich der Krieg aus der Sicht der Opfer dar?
  • Wie kam es zum Krieg?
  • Wie bewegen wir uns heute in Kriege hinein?
  • Wie nimmt sich das heutige Geschehen aus der Sicht der Opfer aus?

Die Aktionsformen für die "durch­wachte Nacht" können vielfältig sein: Sie reichen von Gesprächen und Lesungen über Nachtgebete bis zur Meditation. Betroffene von damals könnten ebenso zu Wort kommen wie Leidtra­gende der heutigen Konflikte.

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