Redebeitrag von Johanna Scheringer-Wright (MdL Die Linke, Thüringen) für die Nagasaki-Gedenkveranstaltung am 9. August 2017 in Erfurt

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Heute ist der letzte Einsatz einer Atomwaffe auf den Tag genau 72 Jahre her. Am 9. August 1945 wurde über Nagasaki die Plutoniumbombe „Fat Man“ abgeworfen. Zwei Tage vorher, am 7. August, wurde die Uranbombe „Little Boy“ über Hiroshima abgeworfen.

Die Bomben töteten etwa 100.000 Menschen sofort. Unter den Opfern waren nahezu ausschließlich Zivilisten und in die Städte verschleppte Zwangsarbeiter. Im darauffolgenden Jahr starben weitere 130.000 Menschen. Bis 1950 war die Zahl der Spätopfer in beiden Städten auf 230.000 Menschen angestiegen.

So etwas darf sich nicht wiederholen. Wir müssen dafür kämpfen dass diese Waffen aus den Arsenalen verschwinden. Wir müssen Druck auf unsere eigene Bundesregierung aufbauen, dass endlich die letzten Atomwaffen aus Büchel abgezogen werden! Deutschland muss die sogenannte „nukleare Teilhabe“ beenden.

Laut der aktuellen Sipri-Studie im letzten Jahr ist die Zahl er Atomwaffen im letzten Jahr erneut zurückgegangen. Heute gibt es 460 Atomwaffen weniger als noch im letzten Jahr. Damit verfügen die Atomwaffenstaaten USA, Russland, Großbritannien, Frankreich, China, Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea über knapp 15.000 (laut Studie 14.935) atomare Sprengköpfe.

Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges warteten noch über 70.000 Atomwaffen in den Silos auf ihre Einsatzbefehle. Beide Seiten waren in ihrer Logik von Abschreckung, Erst- und Zweitschlagspotential und nuklearem Overkill gefangen. Allein in der Bundesrepublik waren damals ca. 5.000 Atomwaffen stationiert.

Man könnte also meinen dass die Welt doch eigentlich auf einem guten Weg ist. Eine Verringerung der Anzahl von Atomwaffen um mehr als 75%. In Deutschland sind es nicht mehr tausende von Sprengköpfen, sondern nur noch zwischen 10 und 20 amerikanische Atombomben. Die Atomwaffen die auf dem Gebiet des Warschauer Paktes stationiert waren, sind alle nach Russland verlegt oder demontiert worden.

Aber alleine von diesen Zahlen darf man sich nicht täuschen lassen. Die militärische Strategie der beiden großen Atommächte ist immer noch die des Overkills. Das heißt das jedes relevante Ziel, sei es eine gegnerische Militärbasis, ein Staudamm oder eine Großstadt mit mehr als einer Bombe bedacht wird. Und auch wenn die Anzahl an Nuklearwaffen in den nächsten Jahren weiter abnehmen wird, weil Restbestände aus dem Kalten Krieg demontiert werden, laufen sowohl in den USA als auch in Russland umfangreiche Modernisierungsprojekte. Alleine die USA wollen in den nächsten 10 Jahren etwa 400 Mrd. $ in ihre Atomstreitkräfte investieren.

Und die Welt ist komplizierter geworden. Heute stehen sich nicht mehr zwei unversöhnliche Machtblöcke gegenüber. Aus einer bilateralen Welt ist eine multilaterale Welt geworden. Heute ist der Konflikte zwischen der NATO und Russland Einer von Vielen. Im Kaschmir-Gebirge stehen sich mit Pakistan und Indien zwei Atommächte feindlich gegenüber. Die Spannungen zwischen China und den USA im pazifischen Raum werden größer. Die Nordkoreanische Bombe ist eine reale Gefahr. Auch hier werden die Drohkulissen zwischen USA und Nordkorea immer heftiger.

Doch für viele Menschen scheinen die Gefahren die durch diese Waffen ausgehen vor allem abstrakter und theoretischer Natur zu sein. Menschen verdrängen gerne, das wissen wir alle.

Aber angesichts des Vernichtungspotentials das diese Länder ausüben können, darf keiner dieser Konflikte unterschätzt werden.

Kürzlich haben 122 Nationen haben bei den Vereinten Nationen für ein Verbot von Atomwaffen gestimmt. Auch wenn die 9 Atommächte sich gar nicht beteiligt haben, was an sich ein Skandal ist, ist dieser Vertragsabschluss dennoch eine große Sache, denn der Vertrag verpflichtet die Unterzeichner, niemals, ich betone niemals Atomwaffen zu entwickeln, zu testen, zu erwerben oder zu lagern. Damit bekennen sich 122 konkret und aktiv dazu mit der vorherrschenden Kriegslogik, der Abschreckung zu brechen.

Deshalb macht mir das Mut und sollte uns darin bestärken, von die Regierungen und Bevölkerungen der Atommächte zu fordern: Verschrottet die Atomwaffen, reißt die Atomkraftwerke, die Wiege der Bomben, ab, sofortigen Stopp des Exports von Atomkraftwerkstechnologie und Atomwaffentechnologie!

 

Dr. Johanna Scheringer-Wright ist Mitglied des Bundesvorstands der Partei Die Linke und Mitglied im Thüringer Landtag für die Partei Die Linke.