Redebeitrag von Ulrike Lehmann (IPPNW) für die Hiroshima-Gedenkveranstaltung am 6. August 2017 in Bonn

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

wir stehen hier am Gedenkstein für die Opfer der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki, die sich vor 72 Jahren ereigneten

Der zweite Weltkrieg mit seinen mehr als 50 Millionen Toten fand damit sein Ende.

Mindestens 186.000 Tote hatte die maßlose Zerstörung der Hiroshimabombe zur Folge, die auf Nagasaki mindestens 50.000.

Die überlebenden verstrahlten Opfer dieser Bombadierung der japanischen Städte, Hibakusha genannt, richteten damals 1948 den dringenden Apell an die Weltöffentlichkeit, dafür zu sorgen, dass Atombomben nie wieder gebaut und zum Einsatz kommen sollten.

Das Gegenteil ist geschehen: Die Atombombenabwürfe läuteten das Atomzeitalter und damit den kalten Krieg und ein ungezügeltes Wettrüsten ein. Es wurden erneut Atombomben gebaut, und zwar größere, gefährlichere.

Durch den radioaktiven Fallout unzähliger Atomwaffentests erkrankten und starben weltweit Millionen Menschen. Ganze Landstriche wurden unbewohnbar.

Seither ist die Zahl von Atomsprengköpfen in 9 Ländern der Erde auf 15.000 angewachsen. Bei einem Einsatz nur eines Teils dieses Vernichtungspotentials würde es aufgrund der radioaktiven Verseuchung und des „nuklearen Winters“ zur Vernichtung der Menschheit durch Hungersnöte, Krankheit und Tod kommen.

Seit der neuen Konfrontation der Ost-West Großmächte und seit der Bedrohung durch Atomtests von Nordkorea ist es seit Anfang des Jahrhunderts zu einem neuen Wettrüsten, zu einem neuen kalten Krieg gekommen, der jederzeit, wenn auch nur ein Atomstaat beginnt, in einen „heißen“, unkontrollierbaren Weltkrieg umschlagen kann.

Als Ärzte müssen wir auf diese tödlichen Zusammenhänge aufmerksam machen. Wir müssen Menschen vor der atomaren Bedrohung warnen, müssen an unsere Kinder und Enkel die Botschaft weitergeben: Unsere Welt ist durch eine ungeheure Zerstörungsmacht bedroht. Die Welt muss frei von Atomwaffen werden!

In Deutschland, auf dem Nato Flugplatz Büchel in der Eifel, 70 km entfernt von Bonn, sind etwa 20 amerikanische Atombomben stationiert, die bei einem Einsatz von deutschen Soldaten mit Flugzeugen der Bundeswehr ins Ziel geflogen werden. In diesem und im letzten Sommer haben Bonnerinnen und Bonner in Büchel gegen diese ungeheure Bedrohung vor den Toren des Fliegerhorstes demonstriert.

Unsere Bundesregierung hält an der „nuklearen Teilhabe“ im Rahmen der Nato fest, obwohl Deutschland im Atomwaffensperrvertrag auf eigene Atomwaffen verzichtet hat und obwohl sich der Deutsche Bundestag in einem Beschluss vom April 2010 für den Abzug der amerikanischen Atomwaffen aus Deutschland eingesetzt hat.

Aber: dennoch: Es ist kürzlich, kaum von der Öffentlichkeit wahrgenommen, zu einem Vertrag gekommen, der dem Apell der Hibakusha einen wesentlichen Schritt näher kommt: 122 Staaten haben kürzlich, und zwar am 7. Juli letzten Monats in New York bei einer UNO Konferenz eine Ächtung sämtlicher Atomwaffen unterschrieben. Deutschland war nicht dabei, auch andere Natostaaten nicht, ebenso haben die Atomstaaten wie USA, Russland, China versucht, das Zustandekommen des Vertrages zu blockieren. Aber dass ein völkerrechtlich verbindlicher Vertrag zum Verbot von Atomwaffen zustandekam, lässt hoffen, dass die überwiegende Mehrheit der Staaten unserer Erde eine Chance hat, erfolgreich gegen die Atomare Bedrohung zu kämpfen.

Ein Funken Hoffnung für die Hibakusha und für uns und unsere Kinder: Die Welt muss frei von Atomwaffen werden!