Redebeitrag für die Hiroshima / Nagasaki- Gedenkveranstaltung am 6. August 2020 in Wedel

 

- Es gilt das gesprochene Wort –

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

in der Bergpredigt heißt es: selig sind, die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen.

Herzlich willkommen alle, die sich mit dieser Verheißung auf den Weg gemacht haben, dass es sich lohnt, sich für den Frieden einzusetzen.

75 Jahre sind es in diesem Jahr, dass die Atom- Bomben auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen wurden. Mehr als 200.000 Tote, Männer und Frauen, Alte und Kinder. Aber es ist ja nicht nur die Anzahl, sondern in jeder Zahl steckt ein menschliches Schicksal. Und viele sind in den Jahren danach elend verreckt. Schrecken,Trauer, Entsetzen. Entsetzen über das, was der Mensch sich ausdenkt und umsetzt, auch 75 Jahre danach noch ganz dicht. Gedenken und Trauern und Scham sind der erste Schritt, damit Gewalt und Tod nicht das letzte Wort behalten. Seit den Atombombenabwürfen im August 1945 ist deutlich geworden, dass der Mensch in der Lage ist, die ganze Welt mit allem , was lebt, zu vernichten.

Albert Einstein, der ja zeitlebens ein schlechtes Gewissen hatte, dass seine physikalischen Berechnungen erst den Bau der Atombombe ermöglicht haben, hat mal gesagt: Es gibt zwei Dinge, die sind unendlich: Das eine ist das Weltall, das andere die menschliche Dummheit. Aber im Falle des Weltalls bin ich nicht ganz sicher.

Ein sehr alter Mann hat mal zu mir gesagt: Leben wir nicht in einer wunderbaren Welt. Ich freue mich an dieser wunderbaren Natur, an Gottes Schöpfung. Unsere Welt ist großartig. Meine Güte: Wir könnten hier fast das Paradies haben. Recht hat er. Sicherlich wäre nicht alles perfekt, Krankheiten, Naturkatastrophen und Unfälle würde es weiterhin geben, aber wenn wir es fertigbringen würden, mehr Gerechtigkeit einziehen zu lassen, damit alle genug haben und Frieden zu schaffen und nicht mehr auf die Stärke von Waffen zu bauen, dann wären wir einen Schritt näher am Paradies dran.

Aber statt dessen das Gegenteil; Atomwaffen werden in handlicherer Form strategisch einsetzbar in großer Anzahl produziert, Verträge gebrochen und die Gefahr steigt, dass nicht nur gedroht wird, sondern sie eingesetzt werden. Und allein: wie viel Bildung wäre weltweit mit den Summen möglich, die für Waffen ausgegeben werden!

Aber ich wollte das hilflose Klagen und Kopfschütteln sein lassen. Und ihnen stattdessen Hoffnung geben. Das ist mein Beruf. Jesus hat in der Bergpredigt ein Rezept gegeben, wie wir unsere Feinde loswerden. Er hat gesagt ihr sollt auch eure Feinde lieben. Das muss nicht immer warmes herzliches Gefühl sein (das ist ja manchmal schon mit Nachbarn schwierig!), aber auf jeden Fall Respekt und die Erkenntnis, dass der andere auch ein Mensch ist. Und Jesus hat gewarnt: spielt nicht die Machtspiele der anderen mit. Schlagt nicht gleichermaßen zurück, haltet die andere Wange hin Das ist sehr viel verlangt. Immer wieder haben Politiker gesagt, dass man mit der Bergpredigt nicht die Welt regieren kann. Aber etwa mit dem Konzept der Abschreckung und Stellvertreterkriege? Wenn man sich die Erde von etwas weiter weg ansieht, als Edelstein im Weltall, wie verrückt ist es da, dass Menschen alles zerstören, statt friedlich miteinander klarzukommen

Ich finde, wir brauchen eine starke Verteidigung, eine Verteidigung, die wir, jeder einzeln üben müssen: Menschlichkeit zu verteidigen, bösem, hasserfülltem rassistischem Reden entgegenzutreten, mutig und freundlich, aber unermüdlich. Geduldig miteinander zu reden und zu verhandeln, für mehr Gerechtigkeit zu sorgen, sich miteinander zu zusammenzutun als Gemeinschaft derer, die nicht aufgeben wollen. Sonst wären Sie und Ihr doch nicht alle heute hier. So eine Verteidigung meine ich. Vielleicht ist die menschliche Dummheit ja doch nicht unendlich und die Vision von Frieden keine Utopie.

Wir sind nicht allein davor, wenn wir die Welt mit Gottes Augen sehen und tun, was in seinem Sinn ist. Selig sind, die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen, seine Töchter und Söhne.

Hewenu schalom alechem…

 

Pastorin Corinna Haas ist Gemeindepfarrerin der Christuskirche Schulau in Wedel.