Redebeitrag für die Hiroshima / Nagasaki- Gedenkveranstaltung am 6. August 2020 in Köln

 

- Sperrfrist: 6.8., Redebeginn: 17 Uhr -
- Es gilt das gesprochene Wort –

 

Nie wieder Hiroshima! – Gedenkveranstaltung

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Als ich 1991 geboren wurde, stand die Weltuntergangsuhr auf 17 Minuten vor Mitternacht. Das war die bisher größte Anzahl an Minuten bis Mitternacht.

Die verantwortlichen Physikerinnen und Physiker begründeten damals die Entscheidung mit dem Beginn einer neuen Ära. Die positiven Entwicklungen in den Beziehungen zwischen Ost und West, der Abzug tausender taktischer Waffen, das Aussetzen von Atomtests.

Seitdem sind 29 Jahre vergangen. Und die Zeiger der Weltuntergangsuhr rasen auf Mitternacht zu. In diesen 29 Jahren haben die Uhrzeiger ganze 15 Minuten und 40 Sekunden eingeholt. Der Stand der Uhr im Jahr 2020: 100 Sekunden vor Mitternacht!

Bis zum Jahr 2007 waren die Gründe dafür insbesondere stagnierende Abrüstung der einstigen Großmächte, die Kernwaffentests Nordkoreas und die nuklearen Bestrebungen einiger anderer Staaten, die mangelnde Sicherung von nuklearem Material und die anhaltende Präsenz von über 26.000 Kernwaffen in den USA und Russland.

Aber neben der Bedrohung durch den Einsatz nuklearer Waffen trug im Jahr 2007 erstmals eine weitere Bedrohung zum Vorschnellen der Uhrzeiger bei: die internationale Klimakrise!

Atomwaffen sind neben der globalen Erhitzung die größte existentielle Bedrohung für die Menschheit. Und trotzdem beschränkt sich das Handeln der Politikerinnen und Politiker meist auf warme Worte.

Staaten weisen sich gegenseitig an, den ersten Schritt in Richtung Klimaschutz zu tun, sind gefangen in einer nationalistischen Denkweise und scheuen deshalb Investitionen in klimafreundliche Technologien.

Auf der anderen Seite ist es kein Problem, Milliarden von Steuergeldern in neue Kampfjets, Drohnenprogramme und die Erforschung autonomer Waffensysteme zu investieren.

Die Klimakrise, die Verbreitung von Atomwaffen und andere globale Krisen machen kollektives Handeln unumgänglich, kein Staat kann diese Probleme alleine lösen. Isolationismus und Nationalismus führen zu Eskalation und Krieg. Voraussetzungen für Frieden und Sicherheit sind Stärkung und Schutz der Zivilgesellschaft, zwischenstaatliche Kooperation und verbindliche internationale Abkommen.

Frieden und Sicherheit für alle Menschen kann es nur dann geben, wenn die Erderhitzung auf maximal 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit begrenzt wird. Zukünftige Konflikte um natürliche Ressourcen wie Wasser und fruchtbaren Boden werden sich zuspitzen.

Bereits jetzt – bei einer Erhitzung von nur einem Grad – nehmen Dürren, Überschwemmungen, Wasserknappheit und Ernteausfalle weltweit zu und heizen Konflikte und Kriege an. Die Klimakrise ist eine globale Krise, die sich nicht durch Abschottung und Aufrüstung, sondern nur durch internationale Kooperation, Investitionen in nachhaltige Energien und fairen Handel lösen lässt.

Frieden und Sicherheit sind nur in einer Welt ohne Atomwaffen möglich. Die einseitige Aufkündigung internationaler Abkommen, das Säbelrasseln zwischen NATO und Russland und zwischen Indien und Pakistan, das Atomprogramm Nordkoreas, neue „smarte“ Atomwaffen: Diese Entwicklungen haben dazu geführt, dass die Menschheit näher am nuklearen Abgrund steht als jemals zuvor.

Deutschland muss den atomaren Massenmord als militärische Option ausschließen und den Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnen. Mit dem Abzug US-amerikanischer Atombomben aus Deutschland und einem Ende der nuklearen Teilhabe muss Deutschland ein klares Zeichen für eine Welt ohne Atomwaffen setzen.

Aus diesen Gründen stellt sich eine ganz einfache Frage:

Das Zwei-Prozent-Ziel der NATO oder das 1,5 Grad Ziel von Paris?

Aber unsere Zukunft hängt nicht nur davon ab, wie wir mit Kernwaffen und dem Klima umgehen. Genauso entscheidend ist, wie wir miteinander umgehen. Auf dem Spiel steht mehr als das Überleben der Menschheit. Auf dem Spiel steht unsere Menschlichkeit.

Lasst uns die Zeiger der Weltuntergangsuhr gemeinsam zurückdrehen!

Klimaschutz statt Aufrüstung!

Solidarität statt Abschottung!

Menschlichkeit statt Barbarei!

 

Kai Fiedler ist aktive bei der Greenpeace Gruppe Köln.