Redebeitrag für die Hiroshima / Nagasaki-Gedenkveranstaltung am 6. August 2023 in Bonn

 

- Sperrfrist: 6.8., Redebeginn: 18 Uhr -
- Es gilt das gesprochene Wort –

 

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

am 14. Dezember 2022 vermeldet die Bundeswehr jubelnd: „35 Mal neueste Generation: Die Luftwaffe fliegt bald den F-35 Kampfjet“ (1). Nicht mehr die alten Tornados, die zwar noch gut genug waren, um völkerrechtswidrig fast 3 Monate lang die Bundesrepublik Jugoslawien
anzugreifen und große Teile der Infrastruktur zu zerstören. Nein, jetzt gibt es den „Technologiesprung in die 5. Generation“ (2).

Und endlich gibt es auch neue moderne Atombomben. Nicht mehr die alten Freifallbomben, die einfach von Flugzeugen abgeworfen werden, nein jetzt gibt es moderne präzise Lenkbomben. „Etwa 100 der neuen Atomwaffen werden in Europa stationiert, und zwar an den sechs Stützpunkten, in denen sich bereits Atomwaffen befinden. Es handelt sich um Kleine-Brogel in Belgien, Volkel in den Niederlanden, Büchel in Deutschland, Aviano und Ghedi in Italien und Incirlik in der Türkei. ... Mit ihrem beweglichen und lenkbaren Leitwerk ist die B61-12 wesentlich präziser als die älteren Typen und benötigt keinen Fallschirm mehr. Die Waffe kann auch in ihrer Sprengkraft eingestellt werden, die den Berichten zufolge von 0,3 bis 50 Kilotonnen reicht. Die Atombombe auf Hiroshima hatte eine Sprengkraft von etwa 13 Kilotonnen.“ (3)

Mit diesen neuen Waffen und den neuen Flugzeugen soll die sogenannte nukleare Teilhabe der Bundesrepublik Deutschland auf den technisch modernsten Stand gebracht werden. Kein Thema ist allerdings dabei folgender Satz aus dem Text des Vertrages über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NVV), den die Bundesrepublik Deutschland ratifiziert hat und der damit geltendes Recht ist: „Jeder Nichtkernwaffenstaat, der Vertragspartei ist, verpflichtet sich, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper oder die Verfügungsgewalt darüber von niemandem unmittelbar oder mittelbar anzunehmen, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper weder herzustellen noch sonstwie zu erwerben und keine Unterstützung zur Herstellung von Kernwaffen oder sonstigen Kernsprengkörpern zu suchen oder anzunehmen.“ (4) Durch die nukleare Teilhabe der Bundesrepublik verletzt sie also eindeutig das Völkerrecht.

Immer noch nicht ist der inzwischen 13 Jahre alte Beschluss des Deutschen Bundestages, den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland umzusetzen, erfüllt. Im Gegenteil: Auch 2022 nahm die Bundeswehr wieder am NATO-Manöver Steadfast Noon teil, bei dem der Atomkrieg in Europa geübt wird, womit die Bundesregierung zum wiederholten Mal gegen den Atomwaffensperrvertrag verstößt.

Kommen wir nun zum neuen Kampfjet F-35. Geradezu euphorisch sagt der oberste Luftwaffenchef der Bundeswehr dazu: „Die F-35 ist das modernste Kampfflugzeug weltweit, viele unserer europäischen Partner haben sich ebenfalls für dieses Flugzeug entschieden. Es stärkt unsere Fähigkeit, gemeinsam mit ihnen den NATO-Luftraum zu sichern und das Bündnis zu verteidigen...“ (5) Aber bei genauerem Hinsehen könnte auf diese Euphorie sehr schnell der Katzenjammer folgen. Die Aufdeckung eines geheimen Pentagon-Berichts weist 845 teils schwerwiegende Mängel dieser Maschinen auf. (6) Auch t-online titelte „Ein Schrotthaufen für die Bundeswehr?“ (7) Außerdem haben die Maschinen eine geringere Wendigkeit, die Tarnkappenfähigkeit ist eingeschränkt und wirkt nur ohne Bewaffnung. Und in den meisten Ländern, die bereits die F-35 gekauft haben, stehen diese sehr häufig flugunfähig und nicht einsatzbereit herum.

Diese enorme Aufrüstung, an der sich die Bundesrepublik massiv beteiligt, bedient einzig und allein die Interessen des militärisch-industriellen Komplexes, also die Profitgier der Rüstungsindustrie, die damit nicht nur im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen geht, sondern auch durch enorme Mengen an CO2 und Schadstoffen aller Art die Klimakatastrophe befeuert. Wie so viele Erkenntnisse aus der Geschichte ist auch die ausdrückliche Warnung von US-Präsident Eisenhower in Vergessenheit geraten, „der in seiner Abschiedsrede vom 17. Januar 1961 ausdrücklich vor den Verflechtungen und Einflüssen des militärisch-industriellen Komplexes ... warnte“.(8)

Es wird immer mit dem Begriff der atomaren Abschreckung versucht, die Bevölkerung zu beruhigen, Aber machen wir uns nichts vor: die Stationierungsorte der amerikanischen Atomwaffen in Europa sind im Falle eines Atomkrieges bevorzugte Ziele für massive

Atomwaffenangriffe. Von Mitteleuropa bliebe dann – und das ist die wahre Bedeutung der atomaren Teilhabe - nur noch eine rauchende Trümmerwüste übrig.

Deshalb bekräftigen wir unsere Forderungen an Bundestag und Bundesregierung: setzt endlich den Beschluss zum Abzug aller
Atomwaffen aus Deutschland um; nehmt endlich den
Atomwaffensperrvertrag ernst und tretet dem
Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen bei.

Vielen Dank

 

Robert Nicoll ist aktiv bei der FI Bonn-Beuel.

 

Anmerkungen: