Redebeitrag für die Hiroshima / Nagasaki- Gedenkveranstaltung am 6. August 2024 in Dortmund

 

- Sperrfrist: 6.8., Redebeginn: 16.30 Uhr -
- Es gilt das gesprochene Wort –

 

Liebe Friedensfreunde,

Dieses Jahr jähren sich die Atombombenabwürfe zum 79. Mal. Bisher sind in Hiroshima ca. 340.000 und mit Nagasaki zusammen über 500.000 Menschen an den Folgen der Atombomben gestorben.

Trotz aller Bemühungen Atomwaffen irgendwie unter Kontrolle zu halten, wie durch den Atomwaffensperrvertrag (NPT) 1970, Mayors for Peace 1982 und den Atomwaffenverbotsvertrag (TPNW) 2017 verfügen inzwischen in der Welt 9 Länder Nuklearstreitkräfte (Stand Januar 2023), und über insgesamt 12.512 Atomsprengköpfe, von denen 3.844 einsatzbereit sind.

Das Traurige dabei ist, 9 Atommächte und diejenigen, die einen nuklearen Schirm wünschen, haben den Atomwaffenverbotsvertrag nicht unterzeichnet, darunter Japan und auch Deutschland. Dabei sollte Japan als einziges Land in dieser Welt, über das immerhin zwei Atombomben abgeworfen wurden, diese „einmalige“ furchtbare Erfahrung politisch nutzen und die Welt aufrütteln.

Die Welt befindet sich mitten im Krieg. Die Gefahr von nuklearen Kriegen wird immer größer. Was kann man noch tun, damit Atomwaffen geächtet werden?

Eine Möglichkeit wäre, den Hibakusha das Gehör zu verleihen. Noch leben 127.755 Hibakusha. Ihr Durchschnittsalter beträgt 85. Wir müssen auf ihre Stimmen hören, wir müssen die grausame Realität und Konsequenz solcher Atombombenabwürfe vor Augen führen. Noch ist ihre mahnende Stimme nicht ganz verhallt.

Heute möchte ich Euch einige authentische Berichte von Hibakusha in Bild und Text vorstellen. Diese Werke sind mit freundlicher Unterstützung des Hiroshima Friedens Museums zur Verfügung gestellt. Es handelt sich um eine gemeinsame Aktion von Hibakusha und Schüler:innen der Motomachi Oberschule. Die Hibakusha haben ihre Erfahrungen mit der Atombombe erzählt und Schüler und Schülerinnen haben die Erzählungen bildlich dargestellt.

Es gibt nur noch 32 Hibakusha, die über eigene Erfahrungen berichten können.

Bild 90

Titel: Abschied von Soldaten, die in den Krieg ziehen
Gemalt von: Hana Harada

1937 ist Frau Kiriake, damals zweite Klasse in der Grundschule, zum Hiroshima-Hafen gegangen, eine selbstgebastelte Nationalflagge in der Hand, um die Soldaten, die in den Krieg ziehen, zu verabschieden. Da wurde sie von jemandem am Kopf gestreichelt. Erschrocken schaute sie auf, dort stand ein Onkel von ihr in Soldatenuniform. Diesen Onkel hat sie nie wieder gesehen.

Bild 12
Titel: Wir haben einen gewaltigen Lichtblitz im Moment der Atombombenexplosion gesehen und eine B29 flog davon.

Gemalt von: Tsumugi Yamada

Die Erstklässler der Mittelschule warteten am Bahnhof Hachihonmatsu auf einen Zug der Sanyo-Hauptlinie. Plötzlich wurde der Himmel in Richtung der Stadt Hiroshima von einem heftigen Lichtblitz erhellt und eine B-29 flog in extrem geringer Höhe mit dröhnendem Gebrüll davon. Es war am 6. August 1945 morgens 8:15Uhr. Mit einer einzigen Atombombe wurden Hiroshima ausgelöscht und ca. 150.000 Menschen getötet. Wir wurden Zeuge des Augenblicks, an dem die Teufelsstrahlung Menschen durchbohrte und als das Atomzeitalter begann.

Bild 30
Titel: Brand am 6. August abends – von Flammen verfolgt
Gemalt von: Haruka Iuchi

Am Abend, an dem die Atombombe abgeworfen wurde, brach ein Feuer aus. Häuser brannten. Auf der Flucht stolperten Menschen über Schutt und herumliegende Leichen. Viele konnten den Flammen nicht entkommen.

Bild 71
Titel: Hakushima-Fluss und Flüchtlingsstrom
Gemalt von: Himari Yoshida

Am 6. August 9:30Uhr vormittags. Flüchtlingsstrom vor dem Nigits-Schrein. Im Enko-Fluss trieben Leichen, auf der anderen Flussseite begann die ganze Region von Hakushima-Kuken Cho an zu brennen. Gruppen von Geflüchteten fliehen ins Flussbett.

Bild 145
Titel: Im schwarzen Regen
Gemalt von: Momo Ohnaka

Um dem durch die Atombombe verursachten Feuer zu entgehen, brachte mich eine ältere Frau aus der Nachbarschaft zum Fluss. Da wurden wir vom schwarzen Regen überrascht. Ich schützte mich mit einem Wellblech vor dem Regen, das die Frau mir gegeben hatte.

Bild: 77

Titel: Junge Mutter mit dem verstorbenen Kind auf dem Rücken
Gemalt von: Kana Tsumura

Unter dem Flüchtlingsstrom war eine junge Mutter. Sie trug ein Kind auf dem Rücken, das eindeutig schon tot war. Sie spricht jeden an und sagt „Bitte gib diesem Kind, was zu essen, gib ihm Wasser. Bitte tun Sie es. Keiner konnte der Mutter helfen.

Bild: 8
Titel: Im Löschwasserbecken stehend starben verbrannte Hibakusha
Gemalt von: Hinako Misaka

An der Aioi-Brücke West in Honkawa-cho, ca. 4 bis 5Meter vom Hypozentrum entfernt, starben verbrannte Menschen im Löschwasserbecken stehend. Körperteile im Wasser waren unversehrt.

Bild:107
Titel: Von der Miyuki-Brücke, im Wasser treibende Leichen
Gemalt: Nanako Ishida

Auf der Suche nach meiner Schwester, die im Nisseki-Krankenhaus arbeitete, kam ich an der Miyuki-Brücke vorbei. Auf der Flussoberfläche trieben unzählige Leichen mal auf dem Bauch, mal auf dem Rücken liegend. Der grausame und schreckliche Anblick dieser schweigenden Menschen bleibt bis heute in meiner Erinnerung eingebrannt.

Bild:137
Titel: Auf dem Rücken meiner Mutter kriechen Maden
Gemalt von: Satomi Yamashita

Die Mutter von Hidetaka Takiguchi war den Hitzestrahlen der Atombombe ausgesetzt und hatte schwere Verbrennungen vom Nacken bis zum Rücken und von den Waden bis zu den Knöcheln. Seine Großmutter blickte auf den Rücken seiner Mutter und sagte, das ist, als hätte man einem Fisch die Eingeweide herausgeholt.

Vielleicht verwechselten die Fliegen den Rücken mit verwestem Fleisch und begannen, Eier zu legen, die dann zu Maden wurden. Sie wanderten über den verbrannten Rücken der Mutter, was einen starken Juckreiz hervorrief. Auf eine Bitte seiner Mutter, die Maden zu entfernen, haben Großmutter und auch Verwandte, die dort waren, die Maden mit Stäbchen entfernt.

Bild:52
Titel: Ist es wirklich mein Vater?

Gemalt von: Minami Ogawa

Im Morgengrau nach dem Atombombenabwurf holte mein Bruder meinen Vater ab, der mit Verbrennungen am ganzen Körper bei der Verwandtschaft untergekommen war. Wie es aussah, als er auf einer Karre nach Hause gebracht wurde! Er sah nicht wie ein lebender Mensch aus, sein Körper war pechschwarz, er trug nichts an und seine Augen waren weit geöffnet. Die Lippen, sie sahen aus wie Granatäpfel.

Bild: 77
Titel: Junge Mutter mit dem verstorbenen Kind auf dem Rücken
Gemalt von: Kana Tsumura

Unter dem Flüchtlingsstrom war eine junge Mutter. Sie trug ein Kind auf dem Rücken, das eindeutig schon tot war. Sie spricht jeden an und sagt „Bitte gib diesem Kind, was zu essen, gib ihm Wasser. Bitte tun Sie es. Keiner konnte der Mutter helfen.

Bild: 8
Titel: Im Löschwasserbecken stehend starben verbrannte Hibakusha
Gemalt von: Hinako Misaka

An der Aioi-Brücke West in Honkawa-cho, ca. 4 bis 5Meter vom Hypozentrum entfernt, starben verbrannte Menschen im Löschwasserbecken stehend. Körperteile im Wasser waren unversehrt.

Bild:107
Titel: Von der Miyuki-Brücke, im Wasser treibende Leichen
Gemalt: Nanako Ishida

Auf der Suche nach meiner Schwester, die im Nisseki-Krankenhaus arbeitete, kam ich an der Miyuki-Brücke vorbei. Auf der Flussoberfläche trieben unzählige Leichen mal auf dem Bauch, mal auf dem Rücken liegend. Der grausame und schreckliche Anblick dieser schweigenden Menschen bleibt bis heute in meiner Erinnerung eingebrannt.

Bild:137
Titel: Auf dem Rücken meiner Mutter kriechen Maden
Gemalt von: Satomi Yamashita

Die Mutter von Hidetaka Takiguchi war den Hitzestrahlen der Atombombe ausgesetzt und hatte schwere Verbrennungen vom Nacken bis zum Rücken und von den Waden bis zu den Knöcheln. Seine Großmutter blickte auf den Rücken seiner Mutter und sagte, das ist, als hätte man einem Fisch die Eingeweide herausgeholt.

Vielleicht verwechselten die Fliegen den Rücken mit verwestem Fleisch und begannen, Eier zu legen, die dann zu Maden wurden. Sie wanderten über den verbrannten Rücken der Mutter, was einen starken Juckreiz hervorrief. Auf eine Bitte seiner Mutter, die Maden zu entfernen, haben Großmutter und auch Verwandte, die dort waren, die Maden mit Stäbchen entfernt.

Bild:52
Titel: Ist es wirklich mein Vater?

Gemalt von: Minami Ogawa

Im Morgengrau nach dem Atombombenabwurf holte mein Bruder meinen Vater ab, der mit Verbrennungen am ganzen Körper bei der Verwandtschaft untergekommen war. Wie es aussah, als er auf einer Karre nach Hause gebracht wurde! Er sah nicht wie ein lebender Mensch aus, sein Körper war pechschwarz, er trug nichts an und seine Augen waren weit geöffnet. Die Lippen, sie sahen aus wie Granatäpfel.

 

Yoko Schlütermann ist aktiv bei der Deutsch-Japanische Gesellschaft, Dortmund.