Redebeitrag von Josef Lutz (TU Chemnitz) für den Ostermarsch Chemnitz am 14. April 2017

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

„Der Aufstand des Gewissens wird kommen“ (Jean Ziegler)

 

Liebe Friedensfreunde, sehr geehrte Damen und Herrn,

eine Universität sollte ein Ort der Vernunft, der Diskussion, des internationalen Austausches sein. Das ist unsere Universität auch, mit unseren vielen internationalen Studenten und internationalen Wissenschaftlern. Wir haben viele internationale Zusammenarbeit, nach Russland, nach Japan, nach China. Wir schätzen uns und es sollte ein Beitrag für Völkerfreundschaft sein.

Doch mit Trump in USA zeichnet sich ein aggressiver und gefährlicher Kurs ab. Man muss sich auf eine neue Lage einstellen. Es besteht eine wachsende Gefahr für den Weltfrieden. Trump steht für faschistoide, rassistische, frauenverachtende Verhaltensweisen. Er steht für Wissenschaftsfeindlichkeit und Ignoranz. Trump selbst steht für eine Krise des gegenwärtigen Gesellschaftssystems. Gleichzeitig entstand gegen ihn eine internationale Protestbewegung mit Demonstration in den USA in einem Umfang wie es sie seit dem Vietnam-Krieg nicht gegeben hat. Auch Wissenschaftler beteiligen sich, darunter die IEEE Präsidentin  Karen Bartleson aus Kalifornien. IEEE, das Institute of Electrical and Electronics Engineers, hat 420 000 Mitglieder in 160 Ländern.  Karen Bartleson hat am 2. Februar ein Statement für freien wissenschaftlichen Austausch publiziert und damit den rassistischen Kurs Trumps widersprochen. Sie wird natürlich attackiert von Leuten, die sagen, Ingenieurverbände sollen sich aus der Politik raushalten. Aber das IEEE Board of Directors hat sich am 13. Februar ihrem Statement angeschlossen.

In der Nacht vom 6. auf den 7. April befahl Trump einen US-Angriff mit 59 Cruise-Missiles auf einen Luftwaffenstützpunkt in Syrien. Ich habe selbst den Krater den eine Cruise-Missile schlägt gesehen, es war 2000 auf der Autobahn von Belgrad nach Nis. Der Krater ging über zwei Spuren und den Mittelstreifen, war etwa 50 m lang und sehr tief.

Natürlich ist der barbarischen Giftgaseinsatz in Syrien mit über 80 Toten geführt hat, zu verurteilen. Es ist  jedoch noch nicht klar, wer dafür verantwortlich ist. Auf jeden Fall dient diese Katastrophe nur als Vorwand für die Aggression des US-Militärs. Die Bundesregierung unter Merkel sowie die Regierungen Frankreichs und Großbritanniens unterstützten das Vorgehen Trumps ausdrücklich. Die russische Regierung unter Putin wiederum verurteilte das Vorgehen der USA scharf und schickte eine Fregatte mit Lenkwaffen vor die syrische Küste. Damit entsteht die akute Gefahr für ein direktes Aufeinandertreffen der imperialistischen Mächte im Nahen und Mittleren Osten.

Die weltpolitische Situation birgt sogar die Gefahr eines III. Weltkrieges. Ein zweiter gefährlicher Brandherd besteht im südchinesischen Meer als Konflikt zwischen der Großmacht USA und der aufstrebenden Macht China. Provokativ erklärt Trumps wüster Berater Bannon, auch gennat „Fürst der Finsternis“: „dass Peking und Washington in den nächsten fünf bis zehn Jahren im südchinesischen Meer in den Krieg ziehen werden“. Entsprechend stocken die USA ihren Rüstungsetat um 54 Milliarden Dollar auf. In China werden die Marine-Streitkräfte verfünffacht. Am 9.4. schickte Trump den  Flugzeugträger "USS Carl Vinson" mit weiteren Kriegsschiffen und Zerstörern  auf dem Weg nach Korea.

Die Lage auf der Welt hat sich geändert. Zu den „alten“ imperialistischen Ländern sind neuimperialistische Länder gekommen, wie die Türkei, Iran, Saudi-Arabien, Indien, Brasilien. Kriege werden als Stellvertreterkriege geführt – siehe Syrien, siehe Jemen, wo ein Stellvertreterkrieg zwischen Saudi-Arabien und Iran eine humanitäre Katastrophe hervorruft, über die noch viel zu wenig bekannt ist.

Angesichts dieser Entwicklungen bedarf es einer stärkeren neuen Friedensbewegung, die unabhängig von allen imperialistischen und neoimperialistischen Mächten ist und sich nicht vereinnahmen lässt - egal von welcher Seite! Es darf nicht darum gehen, eine imperialistische Großmacht gegen eine andere zu verteidigen.  Ausdrücklich auch nicht Putin, der mit Trump geliebäugelt hat und der die französische faschistische Le Pen unterstützt.

Die Amtsübernahme von Donald Trump in den USA kennzeichnet den Übergang von der Manipulation als Hauptregierungsmethode zur Hauptmethode der offenen Aggression nach innen und außen.

Die Bundesregierung spielt sich als Friedensstifterin auf, während deutsche Soldaten bereits in 21 Ländern stehen. Und jetzt werden nicht mehr nur Waffen exportiert, sondern sogar eine ganze Panzerfabrik.  Der Rüstungskonzern Rheinmetall will in der Türkei eine Panzerfabrik bauen. Die Partner des Joint-Venture in Türkei sind mit der Firma BMC aus dem engen Umfeld des faschistischen Diktators Erdogan. Damit geht es nicht nur um die Aufrüstung der türkischen Armee gegen die Kurden. An BMC beteiligt sind auch Vertreter des Golfemirats Katar. Rheinmetall verhandelt mit Katar bereits über die Lieferung von 1.000 gepanzerten Fahrzeugen aus türkischer Produktion. Der zweite Partner in Rheinmetalls Panzer-Deal ist die Firma Etika Strategi des malaysischen Tycoons Syed Mokhtar Albukhary.

Schluss mit der Kumpanei mit dem faschistischen Erdogan!  Alle imperialistischen Truppen - Hände weg von Syrien! Respektierung des Selbstbestimmungsrechts der Völker und Nationen!

Katar hat eine einheimische Bevölkerung von nicht einmal 300.000 Einwohnern, also nur wenig mehr als Chemnitz Einwohner hat. Und für diese 1000 Panzer! Katar gehörte zu den Unterstützern und Hintermännern des faschistischen IS (Handelsblatt 25.08.2014). Es ist davon auszugehen, dass diese Panzer für derartige Zwecke weitergeliefert werden.

Die Bundesregierung steht auf dem Standpunkt, Export von Waffen genehmigungspflichtig, aber das ist ja hier nicht der Fall, es ist ja eine Waffenfabrik! Welch ein Widersinn!

Die Bundesregierung hat nach SPIEGEL-Informationen erneut einen millionenschweren Rüstungsexport in die Golfregion genehmigt. Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries, SPD, teilte dies am Mittwochabend dem Bundestag mit: Waffen der Firma Junghans Defense und Fahrzeug-Panzerungen der Firma Dynamite Nobel im Wert von rund 125 Millionen Euro an die Vereinigten Emirate (Spiegel online).

Schluß mit den Rüstungsexporten! Weder Waffen noch Waffenfabriken!

Mit dieser Politik erzeugt man Flüchtlingsströme. Und da möchte ich Prof. Jean Marie Ziegler von der Sorbonne zitieren: Die europäische Asylpolitik ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die EU schottet den Kontinent ab, sie nimmt wissentlich den Tod vieler Menschen in Kauf. … Und er sagt zur Lage auf der Welt zum wiederholten Mal: Alle fünf Sekunden stirbt ein Kind – und das auf einem Planeten, auf dem zum ersten Mal in der Geschichte der objektive Mangel überwunden ist, unser Planet wird mit Nahrung überflutet. Das Problem ist aber der Zugang zu Nahrung. „Jedes Kind, das an Hunger stirbt, wird ermordet.“

Ich werde auf Jean Ziegler noch zurückkommen.

Am 27. März 2017 haben UN-Verhandlungen für einen Vertrag zum Verbot von Atomwaffen begonnen. Die Verhandlungen wurden Ende 2016 von einer großen Mehrheit der Staaten in den UN beschlossen. Die Atomwaffenstaaten USA, Russland, Frankreich, Großbritannien und Israel stimmten dagegen und werden nicht an den Verhandlungen teilnehmen. China hält sich seine Teilnahme noch offen. Die USA hatten ihre NATO-Bündnispartner aufgefordert, gegen die Resolution zu stimmen und sich nicht an den Verhandlungen zu beteiligen. Die Bundesregierung ist dem nun gefolgt. Das ist sehr enttäuschend.

Trump hat den Ausbau des US-Atomwaffenarsenals angekündigt. Es steigt die Gefahr eines Einsatzes oder eines Atomkriegs mit seinem katastrophalen humanitären Folgen.

Der Kritik der Bundesregierung, dass Verhandlungen über ein Verbot wirkungslos seien, da die Atomwaffenstaaten nicht eingebunden sind, ist absurd! Die Ächtung der Atomwaffen ein unabdingbarer Schritt, die Abrüstung hin zu einer atomwaffenfreien Welt voranzubringen. Noch nie hat Deutschland UN-Abrüstungsverhandlungen so offensichtlich boykottiert.

Noch immer befinden sich über 15.000 atomare Sprengköpfe rund um die Erde verteilt. Der Großteil davon gehört den USA und Russland. Auch auf deutschem Boden lagern 20 US-Atomwaffen in Büchel in der Eifel.

Für die Friedensbewegung ist der Beginn der Verbotsverhandlungen in diesem Jahr ein Erfolg. Nach einer Forsa-Umfrage aus dem vergangenen Jahr sind 93 Prozent der Bundesbürger für ein Atomwaffenverbot. Wir müssen dafür sorgen, dass im Bundestagswahlkampfjahr auf dieses Thema problematisiert wird.

Für Verbot und Vernichtung aller ABC-Waffen, weltweit, in allen Ländern!

Nach der Wahl von Donald Trump als neuem US-Präsident hatten Wissenschaftler der „Bulletin of Atomic Scientists“ entschieden, dass die Gefahr eines Weltuntergangs gestiegen ist, vor allem aufgrund von Atomwaffen und des Klimawandels. Seit Anfang 2015 stand die „Doomsday clock“, die so genannte Weltuntergangsuhr, bei drei Minuten vor Zwölf. Sie soll zeigen, wie nah die Welt am Abgrund steht. Nun wurde der Zeiger der Uhr auf 2 ½ Minuten vor 12 vorgerückt. Das erste Mal seit 64 Jahren, dass die Uhr so nah an Mitternacht steht.

Daher möchte ich nochmal auf den entschiedenen Kämpfer gegen die ungerechte Weltordnung zurückkommen, Prof. Jean Ziegler. Er wurde im Spiegel-Interview provokativ gefragt: Sie wollten ja die Gesellschaft ändern, sie sprechen sich sogar für Revolution aus. Geht es denn nicht, seit Trump, rückwärts? Nein, hat Jean Ziegler gesagt. Die Masse der Menschen auf diesem Planeten ist positiv und voller Empathie. Aber es steht eine enorme Zuspitzung bevor, zwischen der Masse der Menschen der Welt und der ungerechten Weltordnung. „Der Aufstand des Gewissens wird kommen“, sagt er. Die Dinge werden jetzt schneller gehen.

In dem Zusammenhang möchte ich auch daran erinnern, dass wir dieses Jahr den 100sten Jahrestag der Oktoberrevolution haben.

Ein III. Weltkrieg muss durch den Kampf der Völker, durch eine weltweite Friedensbewegung in enger Verbindung mit dem Klassenkampf verhindert werden! Aktiver Widerstand gegen die akute Gefahr für den Weltfrieden!

Hoch die internationale Solidarität!

 

Prof. Dr. Josef Lutz ist Hochschullehrer für Physik und Elektronik an der TU Chemnitz.