Redebeitrag von Marita Boslar für die Ostermahnwache in Jülich am 14. April 2017

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Friedensaktivisten und Atomkraftgegner,

2012 hat es in Jülich den letzten Ostermarsch gegeben. Jetzt – fünf Jahre danach – gibt es wieder gemeinsame Aktionen mit der Friedens- und der Anti-AKW- Bewegung; wenn auch in einem etwas kleineren Rahmen – hier in Jülich.

Die diesjährigen Aktionen beginnen am heutigen Karfreitag mit einem Ostermarsch in Gronau vor dem Betriebsgelände der Urenco und einer Ostermahnwache hier in Jülich vor der Enrichment Technology Company – oder kurz: ETC.

Die in Jülich ansässige Firma ETC ist eine gemeinsame Tochter von Urenco und Areva. Sie erforscht, entwickelt und baut Gaszentrifugen. Sie macht die Urananreicherung in Gronau erst möglich!

Seit 1985 betreibt Urenco, die einzige kommerzielle Anlage in Deutschland zur Urananreicherung und ist Atomkraftgegnern ein „Dorn im Auge“.

2005 erhielt Urenco von der Landesregierung sogar eine unbefristete Genehmigung zur Anreicherung von Uran.

Durch diese unbefristete Genehmigung darf diese Anlage weiterlaufen und hintertreibt damit den deutschen Atomausstieg!

Eine neue Halle zur Lagerung von 60.000 Tonnen Uranoxid ist gebaut worden und soll noch im ersten Halbjahr 2017 in Betrieb gehen – auch sie hat eine zeitlich unbefristete Genehmigung.

Bis zu 7.000 Tonnen Uranmüll kommen jedes Jahr hinzu – trotz ungeklärter Entsorgung!

Pro Tonne angereichertem Uran fallen etwa 5,5 Tonnen abgereichertes Uran an. Es wird unter anderem auch militärisch in Uranmunition verwendet!

Darüber hinaus ist Urenco Nutznießer des menschen- und umweltfeindlichen Abbaus von Uran in den Uranminen rund um den Globus!

Urenco beliefert ein Drittel des Weltmarktes mit angereichertem Uran für den Betrieb der Atomkraftwerke.

Das macht Deutschland zu einem der international wichtigsten Lieferanten und entlarvt den „deutschen Atomausstieg“ als Lüge.

Mit der Urananreicherung trägt Urenco massiv zum Risiko weiterer Atomkatastrophen bei. Bis 2011 belieferte Urenco den Fukushima-Betreiber Tepco. Momentan landet angereichertes Uran aus Gronau und der anderen Urenco-Anlagen in Form von Brennelementen zum Beispiel in den belgischen Pannen-AKWs Tihange und Doel. Seit Ende 2016 liefert Urenco sogar an die ukrainische Atomindustrie – mitten im Kriegsgebiet!

Die NRW-Landesregierung und die Bundesregierung müssen diesen Export unterbinden!

Damit Atomkraftwerke Strom erzeugen können, muss Uran angereichert werden.

Im Natururan ist das Uranisotop 235zu gering für den Betrieb der Atomkraftwerke: Es enthält nur 0,72 Prozent des Stoffes.

Urenco reichert das Material in der Urananreicherungsanlage an, indem es die Uranisotope 235 und 238 in eine Reihe von Zentrifugen schickt. Beide Komponenten kommen im Natururan vor.

Diese Zentrifugen sind eine Art Salatschleuder, die durch die Fliehkraft das schwerere Uran 238 an die Wand des Zylinders drückt. So bleibt das Uran 235 in höherer Konzentration über. Das Isotop Uran 235 wird so auf bis zu fünf Prozent angereichert und kann dann für Atomkraftwerke genutzt werden.

Das gasförmige Uranhexafluorid wird als Trennmittel in den Gaszentrifugen eingesetzt. Es reagiert sehr heftig mit der Luftfeuchtigkeit und dabei entsteht die hochgiftige und stark ätzende Flusssäure.

Uranisotope mit ungerader Neutronenzahl – wie das Uran 235–sind relativ gut spaltbar. Es ist die einzig bekannte natürlich vorkommende Substanz, die eine nukleare Kettenreaktion auslösen kann.

Im internationalen Bereich ist die Anreicherung mit Uran mittels Gaszentrifugen leider ein gängiges Verfahren.

Die zivile und militärische Nutzung der Urananreicherung lassen sich nicht trennen! Urenco ist eben kein normales Unternehmen! ETC auch nicht!

Diese Technik gilt als „Schlüssel zur Atombombenherstellung“: Sie kann auch verwendet werden, um Uran für den Einsatz in Atomwaffen anzureichern.

ETC torpediert nicht nur den angeblichen Atomausstieg, sondern steigert durch technische Entwicklungen die Gefahr der Verbreitung von Atomwaffen weltweit.

Die in Jülich erforschte und in Gronau angewandte Zentrifugentechnologie ist eine massive Bedrohung für den Frieden!

In der Urenco-Anlage in Almelo – in den Niederlanden – stahl der pakistanische Wissenschaftler Dr. Khan in der 1970er Jahren Baupläne und verhalf so Pakistan zur Atombombe. Dr. Khan arbeitete damals für die Urenco-Gruppe. Der überwiegende Teil dieser Dokumente wurde bei der ETC für Gronau erarbeitet! Von Pakistan gelangen die Pläne auch an den Iran und Nordkorea.

Die Geschichte zeigt: Wer die Technologie einmal hat, gibt sie nicht wieder her. Der noch immer geplante Verkauf von Urenco-Anteilen stellt eine weitere Verbreitung von Atomwaffentechnologie dar.

Angesichts einer großen Anzahl an militärischen Konflikten weltweit, sollte Deutschland ein internationales Beispiel setzen, die Verkaufsverhandlungen offiziell stoppen und die Urananreicherung freiwillig beenden!

Im Jahr 2016 wurden deutsche Waffen im Wert von sieben Milliarden Euro unter anderem nach Saudi-Arabien geliefert. Ist das zu verantworten?

Im Hinblick auf die Eskalation in Syrien rufen wir zu friedlichen Konfliktlösungen auf allen Ebenen auf und weitere Aufrüstungspläne zu stoppen!

Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit!