Redebeitrag von Uta Amer (Friedensnetzwerk Pinneberg) für den Ostermarsch Wedel am 15. April 2017

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

- Sperrfrist: 15.04., Redebeginn: ca. 10 Uhr –

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Als Bürgerkrieg begonnen, erweist sich die Situation in Syrien mittler Weile als Stellvertreterkrieg zwischen den Großmächten - zahlreiche weitere Staaten haben sich, ihren jeweiligen nationalen Interessen folgend, positioniert.

Das gierige Streben nach Macht und Einflussnahme hat bis jetzt eine halbe Million Menschenleben gefordert – der Nahostexperte Michael Lüders prognostiziert für Syrien das Pendant zu unserem 30-jährigen Krieg.

Und sind die Aussichten für Afghanistan, Irak und Libyen besser?

Haben wir, die wir hier stehen, einen direkten Einfluss darauf? Nein.

Hat unsere Regierung einen Einfluss darauf? Ja!

Und können wir einen Einfluss auf unsere Regierung haben? Auf jeden Fall!

Deutschland mag nicht der größte Stein im Mosaik internationaler Beziehungen und Verflechtungen sein – aber ein entscheidender.

Durch unsere zutiefst schuldvolle Vergangenheit auf der einen Seite und unsere Wirtschaftsstärke heute, steht unsere Regierung in der Verantwortung, sich für Frieden und Diplomatie einzusetzen und auch ernst genommen zu werden.

Peter Strutynski, bis zu seinem Tod vor 2 Jahren Kopf des Friedensratschlags hat 2003 zu Beginn des 2. Irakkrieges zusammengefasst:

„Es steht nicht in unserer Macht, Diktatoren zu beseitigen. Unsere Kompetenz ist der Frieden.“

Wir fordern unsere Regierung auf, Waffenlieferungen an Diktaturen wie z.B.Saudi Arabien und Katar zu unterbinden, die u.a. zur Bewaffnung jihadistischer Gruppierungen in Syrien und die saudische Intervention im Jemen-Konflikt verwendet werden.

Insgesamt gab es bereits 2013 eine deutsche Exportsteigerung von 43% im Vergleich zum Vorjahr von Kleinwaffen, Kleinwaffenteilen und Munition.

(Allein für Saudi Arabien und Oman wurden 5 mal mehr Lieferungen genehmigt)

Dazu Jan v. Aken: „So deutlich und schonungslos zeigt sich die Brutalität der deutschen Außenpolitik nur selten“.

Videos, die Kampfhandlungen dokumentieren, belegen, dass beispielsweise Heckler und Koch Kleinfeuerwaffen verbreitet weltweit zum Einsatz kommen.

Unser Gesetz verbietet Waffenlieferungen in Krisengebiete.

Schließt euch der Kampgne „Aufschrei – stoppt den Waffenhandel“ an.

Auch wenn Frau v.d. Leyen in einer öffentlichen Talk Show den Claqueur für einen völkerrechtswidrigen Luftangriff spielt, wie letzte Woche gesehen, muss es einen Aufschrei geben!

Ihr Interesse sollte der Bildung eines Expertenteams gelten, welches die Verantwortlichen des letzten grausamen und menschenverachtenden Giftgasanschlags in Syrien verortet. Ähnliches gilt für unsere Kanzlerin. Die Friedensbewegung verurteilt den Marschflügkörper-Angriff der USA auf den Flugplatz Al-Shairat. Er stellt einen Bruch des Völkerrechts da.

Die Friedensbewegung sagt nein zu den größten US-amerikanischen Truppenverlegungen seit 1990, die hier Anfang Januar in aller Medienstille Richtung Baltikum stattfanden. Bremerhaven diente als Militärdrehscheibe für die NATO-Operation „Atlantic Resolve“. 4.000 Soldaten und 2.000 Militärfahrzeuge und anderes Kriegsgerät wurden mit logistischer Hilfe der Bundeswehr (die übrigens ebenfalls den Oberbefehl über ein Bataillon in Litauen hat) an die Westgrenze Russlands verlegt. Die Soldaten rotieren alle 9 Monate - das Militärgerät bleibt auf unbestimmte Dauer stationiert, was der NATO-Russland-Akte widerspricht, in der fixiert ist, dass an den ehemaligen Blockgrenzen kein Militär dauerhaft stationiert sein darf.

Deutsche Politik hilft mit, Drohpotential aufzubauen und unterstützt eine konfrontative Außenpolitik gegenüber Russland mit Geld, Waffen und Boykottmaßnahmen.

Wir fordern ein Ende dieser Konfrontationspolitik gegen Russland - statt dessen Entspannungspolitik ohne Raketenabwehrsystem und ohne massive Stationierung von NATO-Militär an Russlands Grenzen. Ein Krieg hätte verheerende Auswirkungen für Europa und die Welt. Statt der NATO brauchen wir hier ein europäisches Sicherheitssystem und keine Stärkung der europäischen Rüstungsindustrie.

Machen wir klar, dass es Stabilität mit Russland und mit jeder anderen Nation nur mit Respekt und Gesprächen auf Augenhöhe geben kann.

Von der Rolle der Bundeswehr bei „Atlantic Response“ konnte im Vorfeld von Regierung und Presse leider nur spärlich bis gar nicht berichtet werden, da man sich bereits 24 Stunden am Tag an der „Unsäglichkeit“ Trumps und seines Wahlkampfs abarbeiten musste.

Aber das, worüber wir informiert werden müssten, weil wir darauf direkten Einfluss nehmen können, passiert u. a. hier in Schleswig Holstein:

Für Mai sind sind z.B. großangelegte Bundeswehr-Luftlandemanöver über ganz Schleswig Holstein geplant. Auch dazu gibt es kaum etwas zu hören.

Es ist Wahljahr. Holen wir uns Termine in den Sprechstunden der Abgeordneten und stellen wir unbequeme Fragen, wie Sie sich für den Frieden einsetzen.

Haben wir den Mut zu sagen, was wir als Friedensbewegte verlangen, wenn sie auf unsere Stimme hoffen wollen!

Schreiben Wir Leserbriefe an die Redaktionen der Medien und fragen wir sie, wann sie ihrem Auftrag der vielfältigen objektiven Berichterstattung nachkommen wollen.

Unsere Meinung bilden wir uns dann schon selber.

Die Aufgabe unserer Regierung ist es es nicht, Großmächte und Feindbilder kritiklos zu bedienen, als Vihikel zu mehr Einflussnahme und Macht oder zu helfen, Regimewechsel in souveränen Staaten herbeizuführen, Auslandseinsätze auszuweiten und Kriegsgeschehen durch beispielsweise Tornado-Aufklärungsflüge zu befördern.

Wir fordern unsere Regierung auf, Artikel §25 GG Bedeutung zu geben und das Völkerrecht zur Chefsache zu machen, indem sie sich für umfassende Friedensverhandlungen einsetzt.

Das bedeutet im Fall von Syrien: Den syrischen Kriegsparteien müssen nachdrückliche und nachhaltige Anreize zu Friedensgesprächen gegeben werden. Doch für deren Erfolg sind Verhandlungen zwischen Trump und Putin und auch zwischen Saudi Arabien und dem Iran notwendig.

Zum Abschluss möchte ich auf Politiker aufmerksam machen, die die Verwirrung um Trump´s Politik zum Anlass nehmen, um laut über atomare Rüstung für Deutschland nachzudenken. Dem und den bereits in Deutschland lagernden Atomwaffen erteilt die Friedensbewegung eine Absage!

Und als Letztes:

Der Versuch, mit moralischer Empörung auf den Mauerbau der USA zu Mexiko zu verweisen, um vom Frontex-umzäunten Europa abzulenken, das tausende von Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken lässt und 100.000en die Einreise verwehrt, ist grotesk und unglaubhaft. Jeder dieser Flüchtenden muss Sicherheit in Europa finden können.

Bleiben wir wachsam, und drängen wir auf einen Frieden, der von Deutschland und Europa ausgehen soll.

 

Uta Amer ist im Friedensnetzwerk Pinneberg aktiv.