Redebeitrag von Werner Begoihn für den Ostermarsch Bremerhaven am 15. April 2017

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Friedensfreunde, liebe Friedensfreundinnen,
sehr geehrte Damen und Herren,
ich spreche für die Initiative Mut zum Frieden, die es inzwischen seit über 15 Jahren gibt. Anlass ihrer Gründung war der Überfall auf Afghanistan Ende 2001 und Afghanistan hat uns als Thema bis heute nicht losgelassen ­ dazu nachher mehr.

Vertreter der Initiative haben gemeinsam mit anderen am Frieden interessierten Menschen versucht, Anfang Januar den Protest gegen den Truppenaufmarsch der NATO an der russischen Grenze hörbar zu machen. Unser Bremerhavener Appell hat schnell viel Zustimmung gefunden ­ ich sehe darin auch die Sehnsucht nach einem Wiedererstarken der Friedensbewegung.

Gerade jetzt häufen sich Gründe und Anlässe gegen Militarismus, Kriegstreiberei und Krieg einzutreten, ich nenne beispielhaft die Angriffe auf Syrien und Afghanistan, die Drohungen gegen Nordkorea, die G 20 in Hamburg, die Einweihung eines neuen NATO-Hauptquartiers in Brüssel. Das zeigt sich auch an den zahlreichen Unterschriftenlisten, Demonstrations- und Aktionsaufrufen, die mir vom Netzwerk Friedenskooperative zugeschickt wurden – bitte kommt nach dieser Rede her und nehmt euch Flyer mit.

Bertolt Brecht weist in seinem Drama „Turandot oder der Kongress der Weißwäscher” darauf hin, wie gefährlich Fragen für die Regierenden sein können – im Stück wird die Frage, auf die es keine „weißwaschende” Antwort gibt denn auch verboten. Ich schlage deshalb vor, Fragen zu finden und eine Fragekultur zu entwickeln, um Regierende in Legitimationszwang zu bringen und Journalisten an ihre Aufgaben zu gemahnen.

Dazu einige Beispiele:

Überall ist es üblich, sich oder anderen Rechenschaft darüber abzulegen, wie erfolgreich gewirtschaftet wurde oder ob man einem Ziel näher gekommen ist – es wird also Bilanz gezogen, evaluiert oder eine Manöverkritik durchgeführt. Bei den Kriegseinsätzen in Afghanistan scheint das aber nicht so zu sein. Oder wie sieht die Antwort auf folgende Fragen aus:

  • Welches Ziel hatte der Militäreinsatz in Afghanistan zu Beginn?
  • Wie hoch waren die Kosten – auch an Menschenleben?
  • Welche Nebenwirkungen hatte der Einsatz – sind die Menschen aus Afghanistan, die uns als Flüchtlinge erreichen auch eine Spätfolge?
  • Wo ist das Verhältnis von Zielen zu Zielerreichung öffentlich dargestellt und politisch bewertet worden?
  • Welche Schlussfolgerungen für andere Einsätze sind daraus gezogen worden?

Ein weiteres Beispiel:

Vor einiger Zeit war zu lesen, dass der IS sich unter anderem durch Verkäufe von Rohöl finanziert, die Rede war von 2 Millionen Dollar täglich. Überschlägig müssen dazu um die 100 Tanklasterfüllungen transportiert werden und es muss potente Käufer geben, die das Rohöl auch weiterverarbeiten können. Die Fragen:

  • Wer nimmt das Öl ab?
  • Über welche Landesgrenzen muss es dazu transportiert werden?
  • Warum teilt man das der deutschen Öffentlichkeit nicht mit?

Ich vermute sogar, dass die zwei Millionen Dollar aus der Beobachtung der Tanklaster ermittelt wurden. Und dass die technischen Möglichkeiten nicht ausreichen könnten, wird durch eine andere Meldung ausgeschlossen, in der von der Zerstörung von etwa 100 Tanklastern durch einen US-amerikanischen Lufteinsatz die Rede war.

Ein letztes Beispiel:

Bei der Abfassung unseres Aufrufs kam ins Gespräch, dass das Personal, das im Auftrag des US-Präsidenten Tötungen per Drohne vornimmt, das auch von Deutschland aus tut.

Die Fragen:

  • Tötungsdelikte sind Offizialdelikte, das bedeutet, dass eine Strafverfolgung einsetzen muss, sobald die Polizei davon Kenntnis hat. Warum geschieht das nicht?
  • Gibt es eine Gesetzeslücke, weil die Getöteten nicht in Deutschland gestorben sind?
  • Warum ist noch niemand auf die Idee gekommen diese Gesetzeslücke zu schließen?

Weitere Fragen ließen sich am Begriff der Verantwortung entwickeln (sind die Mitglieder des Bundestags für die Toten verantwortlich, die die von ihnen beschlossenen Einsätze gekostet haben?) oder zum Wehretat (wie viel mehr als die anderen gibt die NATO aus?), aber ich sollte mich auf 5 Minuten beschränken.

Deshalb zum Schluss nur der Appell: Stellt überall unbequeme Fragen – im Bekanntenkreis, in Leserbriefen, an Journalisten, auf Wahlveranstaltungen der Parteien, von denen es in diesem Jahr ja einige geben wird.

Ich danke euch für eure Aufmerksamkeit.

Ich schließe damit die Kundgebung und bitte euch, von dem Material, von dem eingangs die Rede war, auch was mitzunehmen.

Noch Fragen?

 

Werner Begoihn ist aktive bei der Initiative „Mut zum Frieden“.