Redebeitrag von Barbara Bodechtel für den Ostermarsch Gera am 31. März 2018

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Moderne Atomwaffen haben eine viel höhere Sprengkraft als die von Hiroshima und Nagasaki, sie sind kleiner und können auf Raketen aufgesetzt genauer ins Ziel gebracht werden. Die Schwelle zu ihrem Einsatz ist niedriger, die Gefahr eines Atomkrieges ist heute so hoch wie nie zuvor. Die nukleare Abschreckung funktioniert nicht mehr.

Die Verhandlungen zum Atomwaffensperrvertrag liegen auf Eis, bestehende Abmachungen werden nicht eingehalten.

15.000 Atombomben lagern weltweit in Depots. Davon sind 180 Atomwaffen im Rahmen der NATO als nukleare Teilhabe auf dem Territorium von Belgien, Deutschland, Niederlande, Italien und der Türkei gelagert.

General Lee Butler, früher Oberbefehlshaber der US Atomstreitkräfte, sagte: "nur durch Glück oder göttliche Fügung gab es in Krisenzeiten keine nukleare Katastrophe"

Man denke nur an Unfallgefahren, an Cyberattacken oder Terroranschläge, an unberechenbare oder sture Politiker.

Ein nuklearer Schlagabtausch würde den nuklearen Winter provozieren, das Überleben der gesamten Menschheit wäre bedroht.

Atomwaffen müssen geächtet werden! Wie kann das geschehen?

Gibt es ein Vorbild? Ja,

Die Chemiewaffenkonvention der UNO: Das internationale Übereinkommen der Mitglieder der Vereinten Nationen zur Ächtung von Chemiewaffen.

Ihre Entwicklung, Herstellung, ihr Besitz, die Weitergabe und der Einsatz chemischer Waffen ist verboten, dieses Gesetz ist Völkerrecht und seit Okt 2015 gilt es in 192 Staaten.

Die Idee, so auch Atomwaffen durch Regierungen völkerrechtlich zu ächten hatte der Vorstand der internationalen IPPNW 2006. Sie gründeten ICAN, einen Zusammenschluß von inzwischen 468 zivilen Organisationen aus 101 Ländern mit genau diesem Ziel.

ICAN suchte zunächst nach Unterstützung dafür durch Regierungen, die am Thema interessiert waren und fand sie auch!

Die norwegische Regierung organisierte 2013 eine internationale Regierungskonferenz unter Beteiligung dieser Zivilgesellschaft ICAN in Oslo, sie wurde in Mexiko und dann in Österreich fortgesetzt. Jetzt war die Beteiligung von unterstützenden Staaten so stark angewachsen, daß ein ausgearbeiteter Atomwaffen-Ächtungsvertrag der UNO Vollversammlung zur Abstimmung vorgelegt werden konnte.

Am 7. Juli 2017 stimmten 122 der 193 UN Staaten für ein völkerrechtlich bindendes Atomwaffenverbot.

Die Blockadestrukturen der Nuklearmächte in der UNO wurden so geschickt umgangen.

Dieser Vertrag soll verbieten: Atomwaffen zu testen, zu entwickeln, zu produzieren und zu besitzen.

Auch soll die Weitergabe, die Lagerung und die Androhung eines Atomschlages verboten werden sowie der Transfer, die direkte und geteilte Verfügungsgewalt und die Stationierung der Waffen.

Die Kontrolle der Unterzeichnerstaaten soll durch die IAEA (Internationale Atomenergieorganisation) organisiert werden.

Bis März 2018 haben diesen Vertrag 57 Staaten unterschrieben und 7 ratifiziert, nicht zuletzt ratifizierte Österreich.

Erst 90 Tage nach der 50. Ratifizierung wird das Verbot in Kraft treten.

Weitere Unterschriften werden folgen, es dauert seine Zeit und bedarf vor allen Dingen auch des Druckes der Zivilgesellschaft.

Die Wirkung dieses Vertrages wird sich durch Schaffung neuer völkerrechtlicher Normen und durch Stigmatisierung dieser grausamsten aller Massenvernichtungswaffen entfalten.

Deutschland hat nicht unterschrieben, Deutschland hat nicht einmal an den Verhandlungen teilgenommen. Das ist skandalös!

Wir richten einen Appell an die deutsche Regierung, ihre Blockadehaltung aufzugeben und den Vertrag zu unterzeichnen!

Diese Unterzeichnung hätte zur Folge, daß die 20 dann völkerrechtswidrigen Atombomben der USA in Büchel (Eifel) weil völkerrechtswidrig abgezogen werden müßten und daß es keine deutsche Beteiligung an NATO Planungen für Atomwaffeneinsätze mehr geben kann.

Außerdem sollten wir bedenken, daß Deutschland wegen der atomaren US-Militärbase in Büchel in der Eifel ein mögliches Ziel für einen Atombombenangriff ist.

Die Haltung der Bundesregierung begründete Steffen Seibert so : “solange es Staaten gibt, die Europa mit Atomwaffen drohen setzt Deutschland bei der Verteidigung auf nukleare Abschreckung“

Abschreckung ist eine Endlosschleife. Eine Eskalationsspirale von Drohungen mit Militärübungen, Überflügen mit Atomwaffenträgersystemen, Raketen- und Atomtests: nukleare Abschreckung gefährdet die Menschheit!

Wir als Zivilgesellschaft müssen deshalb auf die Bundesregierung Druck ausüben. Wir haben eine Unterschriftenliste ausgelegt. Sie sammelt Ihre Unterschrift für diesen Appell an die Bundesregierung, das Atomwaffenverbot zu unterzeichnen.

Unverhoffte Unterstützung erhielt die Kampagne ICAN und damit auch die IPPNW mit der feierlichen Verleihung des Friedensnobelpreises in Oslo am 10.Deuember 2017.

Dieser Friedensnobelpreis für ICAN ist eine große Freude und Bestätigung für diese schwierige langjährige Arbeit. Das Nobelpreiskomitee sagte: „ICAN verdient hohe Anerkennung für ihre Arbeit, die Aufmerksamkeit auf die katastrophalen humanitären Konsequenzen von Atomwaffen zu lenken. ICAN hat sich bahnbrechend um ein vertragliches Verbot dieser Waffen bemüht.“

Die Zivilgesellschaft kann noch mehr leisten um Atomwaffen zu ächten: wir können Banken oder Versicherungen nicht unser Geld anvertrauen, wenn sie Unternehmen, die Atomwaffen herstellen oder entwickeln oder finanzieren. Die Deutsche Bank ist nach einer Studie von ICAN und PAX der größte Finanzierer des Atomwaffengeschäfts. Aber auch die Commerzbank, die Allianz, HELABA ,KfW, LB Baden-Würtemberg. Diese Kampagne heißt „Doun`t Bank on the Bomb“.

Deshalb: Kein Geld von mir für die Finanzierung von Atomwaffengeschäften!

Es gibt noch eine Aktivität von ICAN: Um unsere Politiker zur Unterschrift zu bewegen, hat sie eine Erklärung für Abgeordnete vorbereitet und veröffentlicht. Damit können diese Abgeordneten im Landtag, im Bundestag oder im Europaparlament ihre Unterstützung und Ratifizierung des Verbotsvertrags öffentlich einsehbar bekunden. Oder ihre Ablehnung wird sichtbar. Wir Wähler können so das Verhalten eines jeden Abgeordneten beobachten und uns ein Bild machen.

 

Dr. Barbara Bodechtel ist aktiv bei der IPPNW Regionalgruppe Gera.