Redebeitrag von Günther Wilke für den Ostermarsch Wedel am 31. März 2018

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

ich bin gebeten worden, an dieser Stelle als Zeitzeuge einige Worte zu sagen, weil es ein historisches Ereignis zu würdigen gibt, das vor 60 Jahren die Friedensbewegung in unserem Lande und ganz besonders auch vor Ort bewegt hat: Damals entstanden überall im Lande Ausschüsse „Kampf dem Atomtod“, hier in Wedel unter der Schirmherrschaft des sozialdemokratischen Bürgermeisters Heinrich Gau. Dem Ortausschuss gehörten Sozialdemokraten, Kommunisten, Vertreter des Deutschen Gewerkschaftsbundes und fast aller Einzelgewerkschaften an. Aktiv beteiligt waren Betriebs- und Personalräte, Christen verschiedener Konfessionen, Lehrer, Schulleiter, Chefärzte des Städtischen Krankenhauses. Ich war damals Redaktionsleiter des Wedel-Schulauer Tageblatts, musste mich in der Öffentlichkeit etwas zurücknehmen, war aber am Entwurf vieler Flugblätter beteiligt.

Unsere Forderung lautete:

Deutschland muss vor aller Welt seine Ablehnung der Atomwaffen bekunden.

Wedel bildete keine Ausnahme. Kurz vor der Gründung des Ortsausschusses „Kampf dem Atomtod“ beschloss die Hamburgische Bürgerschaft, in der Hansestadt eine Volksbefragung über die atomare Bewaffnung. Am 17. April 1958 fand auf dem Hamburger Rathausmarkt eine Großkundgebung mit rund 150.000 Menschen statt, auf der unter anderen Bürgermeister Max Brauer sprach. Leider wurde die Volksbefragung vom Bundesverfassungsgericht verboten, worauf sich führende Vertreter der SPD aus der Bewegung zurückzogen - auch hier in Wedel. Aber andere blieben standhaft. Sie ließen sich nicht befehlen und einschüchtern. Der Ortsausschuss organisierte sogar eine Volksbefragung, die von 168 aktiven Helferinnen und Helfern durchgeführt wurde. Ergebnis: 92,7% der Befragten lehnte die Atombewaffnung ab. Ähnliche Ergebnisse wurden auch andernorts erreicht. Diese Aktion war die Keimzelle der heutigen Friedensbewegung, die leider nicht mehr die Kraft von damals erreicht. Aber ignorieren kann man uns auch heute nicht. Wir Alten und viele, die nach uns aktiv wurden, lassen nicht nach:

Wir wollen eine Welt ohne Atomwaffen und fordern von der neuen Bundesregierung endlich die Unterzeichnung des Atomwaffen-Verbotsvertrags.

Es wird höchste Zeit.