Redebeitrag für den Ostermarsch Ulm am 18. April 2019

 

- Sperrfrist: 18. April 2019, Redebeginn:16 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freudinnen und Freunde,

im Namen des BV der Migrantinnen freue ich mich euch hier zu sehen!

Seit der Antike ist bekannt, dass Frauen und Kinder in kriegerischen Auseinandersetzungen als taktische Kriegswaffe und als Beute eingesetzt werden. Hunderttausende Frauen werden in Kriegsgebieten vergewaltigt. Die Zahlen sind erschütternd. So werden beispielsweise im Kongo laut einer amerikanischen Studie durchschnittlich pro Stunde 48 Frauen missbraucht. Dieser Machtmissbrauch gilt als massive Menschenrechtsverletzung. Gezielt eingesetzte Vergewaltigungen, wie in den Kriegen in Bosnien und Herzegowina in den 90 er Jahren, im Kongo, Ruanda und vielen weiteren Ländern, haben dazu geführt, dass der UN-Sicherheitsrat   mehrere Resolutionen verabschiedet hat, die sich mit sexueller Gewalt gegen Zivilisten in Kriegsgebieten befassen. Bis heute sind erschreckender Weise wenig Fortschritte bei der Umsetzung der Resolution 1325 zu beobachten, die die Strafverfolgung von Tätern und den Schutz von Frauen und Mädchen vor geschlechtsspezifischer Gewalt in bewaffneten Konflikten fordert.

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Frauen und Mädchen stellen rund die Hälfte der weltweit mehr als 68 Millionen Menschen auf der Flucht dar. Zwischen 2012 und 2016 sind mehr als eine halbe Million weibliche Geflüchtete nach Deutschland gekommen. Zu den Hauptherkunftsländern gehören Syrien, Afghanistan, Irak, Eritrea, Iran, Somalia, Nigeria und die Türkei. In Deutschland hoffen sie auf Schutz und ein sicheres Leben – ohne Angst und mit einer Zukunftsperspektive für sich und ihre Angehörige. Und gerade Deutschland gehört zu den größten Exporteuern von Rüstungsgütern und ist eine der führenden Nationen beim Export von Waffen, Kriegsgeräten und Munition. Die deutsche Rüstungsindustrie verkauft über 50 Prozent der Waffen an sogenannte Drittstatten außerhalb von der EU und der NATO. Deutschland ermöglicht mit seiner Waffenlieferung Unterdrückung, Gewalt und Krieg.  Deutsche Waffenhersteller wie Heckler & Koch, Rheinmetall, Thyssenkrupp und Co. verkaufen ihre tödliche Ware in Krisengebiete auf der ganzen Welt und machen ihr Geschäft mit dem Tod.  Die Menschen bezahlen die Profitgier der Waffenindustrie mit ihrem Leben.

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

weltweit engagieren sich Frauen gegen Krieg, gegen Frauen- und andere Menschenrechtsverletzungen. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges folgten Frauen aus 70 Ländern dem Aufruf von Clara Zetkin und diskutierten bei der ersten Anti-Kriegs-Konferenz über Möglichkeiten des Widerstandes.

Die fortschrittlichen Frauen spielten eine wichtige Rolle im Kampf gegen den Ersten Weltkrieg. Nicht nur, dass sie die erste Konferenz organisierten.  Frauen zogen 1915 in einem der ersten großen Demonstrationen gegen den Krieg vor den Reichstag. Auch in Frankreich, Russland und Österreich gingen sie auf die Straße. Und genau wie vor hundert Jahren ist es auch heute die Aufgabe der Frauenbewegung, internationale Solidarität mit den ausgebeuteten und unterdrückten Frauen der ganzen Welt zu leisten. Denn die Frauen sind am meisten betroffen von den Auswirkungen der Kriege und leiden am meisten unter den Gräueltaten ihrer Peiniger. Sie leiden ihr Leben lang unter traumatischen Erfahrungen. In Deutschland angekommen erhoffen sie sich Schutz, landen zunächst jedoch wie alle anderen Geflüchteten in Massenunterkünften, in denen es immer wieder zu Übergriffen kommt. Notwendige Schutzmaßnahmen für Frauen fehlen in diesen Unterkünften. Sie haben wenig Chancen auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Gesundheitliche Probleme, fehlende Sprachkenntnisse und fehlende Netzwerke erschweren das Leben in einem fremden Land.

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

die meisten Menschen wollen keinen Krieg! Sie wollen in Sicherheit und Frieden leben! Steigende Ausgaben für den Verteidigungsetat machen die Bundesrepublik Deutschland und die Welt nicht sicherer.

Ein großer Fortschritt für Sicherheit und Frieden bestünde darin, den Rüstungsetat nicht für geplanten Militärausgaben sondern für die Förderung sozialer Gerechtigkeit zukommen zu lassen.  Zwei Prozent, das sind mindestens weitere 30 Milliarden Euro, die im zivilen Bereich fehlen, so bei Schulen und Kitas, sozialem Wohnungsbau, Krankenhäusern, öffentlichem Nahverkehr, Kommunaler Infrastruktur, Alterssicherung, ökologischem Umbau, Klimagerechtigkeit und internationaler Hilfe zur Selbsthilfe.

In Berlin demonstrierten vor ca. 2 Wochen zehntausende von Menschen gegen den Mietenwahnsinn! Jeden Freitag streiken Jugendliche für Klimaschutz! Im Oktober letzten Jahres demonstrierten 240.000 Menschen gegen Rassismus und Menschenverachtung!

Seit Wochen und Monaten demonstrieren Menschen immer wieder bundesweit und zeigen der Bundesregierung um was es ihnen wirklich geht!

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

unsere Vision bietet keinen Raum für Rassismus, Nationalismus, Standortlogik, Großmachtbestrebungen und Krieg. Wir möchten keine Angst vor Arbeitslosigkeit, Krankheit und Alter haben. Gewalt gegen Frauen, gegen Fremde und Andersdenkende darf in unserer Mitte keinen Platz haben. Wir als Bundesverband der Migrantinnen rufen alle dazu auf, sich an den landesweiten und bundesweiten Ostermärschen zu beteiligen und sich entschlossen gegen Kriege zu positionieren!

Frieden ist keine Illusion, sondern eine notwendige Vision.

Wir wollen eine Welt, in der Frieden, Demokratie, gleiche Rechte und soziale Absicherung für alle Menschen Realität sind.

Wir fordern:

  • Waffenexporte verbieten
  • Keine Erhöhung des Militäretats und keine europäische Armee.
  • Entspannungspolitik statt Auslandseinsätze der Bundeswehr.
  • Fluchtursachen bekämpfen – nicht Geflüchtete!

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit!

 

Frau Ceyda Tutan ist Vorsitzende des Bundesverbandes der Migrantinnen in Deutschland e.V.