Redebeitrag für den Ostermarsch Sachen-Anhalt in Colbitz am 22. April 2019

 

- Sperrfrist: 22. April 2019, Redebeginn: 11 Uhr -

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Friedensfreunde und Kriegsgegnerinnen, liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich heiße Charly Braun, komme aus der Lüneburger Heide, bin dort DGB-Kreisvorsitzender und im ver.di-Bezirksvorstand. 2018 habe ich mit Kolleg*innen die „Gewerkschaftliche Initiative für aktive Friedenspolitik und Militär- und Rüstungskonversion in Niedersachsen“ gegründet und damit haben wir gewerkschaftlich mit vielen anderen Gruppen gemeinsam zum Camp und zur Demo unterm Motto „Rheinmetall-entwaffnen“ nach Unterlüß vor die Tore von 2 Rüstungsfabriken aufgerufen.

Dies Osterwochenende verbringe ich 4 Tage lang auf Demos und Protesten. Im 13. Jahr protestieren wir gegen die Ostertagung der rassistischen Ludendorffer in Bad Fallingbostel-Dorfmark. Das liegt direkt am Truppenübungsplatz Bergen, der größte West- und Mitteleuropas. Und rund um das Kriegs-Trainingsgebiet ist die Faschisten-Szene seit jeher besonders groß. Gehört habt ihr sicher z.B. schon mal von Nazi-Wehrsportgruppen.

Heut ist mein 4. Demo-Tag, und das ist gut so, denn ihr hier in Colbitz/ Letzlinger Heide seid auch uns bekannt für euren konsequenten zivilen Kampf gegen den Kriegsübungsplatz.

Zu Rheinmetall muss ich hier nicht viele Worte verlieren. Ihr wisst, dass die bestimmenden Herren und Damen der Kriegsmaschinenfabriken es immer irgendwie schaffen, dass mit ihren Produkten in heißen Kriegen gemordet wird. Gesetzliche Einschränkungen von Rüstungsexporten machen erfinderisch. Fabriken in anderen Ländern, die Lieferung zuerst über sog. friedliche Staaten letztlich in Kriegsgebiete schaffen und viele andere Produktions-Mix- und Handelstricks sowie natürlich politisch-ökonomischer Druck auf deutsche und andere Regierungen – so machen sie Maximalprofite, steigern das Bruttosozialprodukt, schaffen Arbeitsplätze, sichern den Welt- äh Nein, den Ausbeutungsfrieden für die Mächtigen. Naja, die vielen Toten, das sind nun mal unvermeidbare Kollateralschäden.

Wer es schafft vor den Kriegen wegzulaufen macht sich auf den Weg der Spur der Ernten, Rohstoffe und Billig-Konsumgüter dorthin, wo sie genossen werden.

Die Heimat der Flüchtenden ist billiger Rohstoff- und Genussmittellieferant, dient als "verlängerte Werkbank" und gar als Markt für Resteverwertung. So machen exportierte billige deutsche Hähnchenreste – aus deutschen Mastställen, afrikanische Bauern zu Armutsflüchtlingen.

Das Elend durch Landnahme, Versteppung, Klimawandel mit Hunger und Krieg als Folgen, hat als Ursache die Profitinteressen der Konzerne. Eine Globalisierung, die die Bezeichnung Imperialismus verdient.

Die Verheerung ihrer Welt ist für viele Menschen nicht mehr zu ertragen. Sie suchen einen Weg da heraus zu kommen. Das ist aber nicht so einfach.

Weit in die Staaten Nordafrikas hinein verlagert werden Objektschutzanlagen, Sensorsysteme zur Überwachung, Bodenradar und Flugobjekte – alles gute Ware aus dem Hause Rheinmetall. Dass macht die Aktionäre glücklich. Sieht ja auch nicht schön aus, wenn fast täglich Massen an Menschen im Mittelmeer ersaufen. Sollen die doch in der Wüste bleiben.

Und Geflüchtete die durchkommen, müssen hier mit sozialer Ausgrenzung bis zu faschistischer Gewalt rechnen. Die sich ständig verschärfende Asyl-Politik dient dafür als Stichwortgeber.

Währenddessen verlangt Ministerin von-der-Leyen mehr Geld für Aufrüstung für internationale Einsätze.

"Flinten-Uschi" wie sie im Volksmund heißt, tut alles, um die Verteidigungspolitischen Richtlinien (VPR) der Bundesregierung zu erfüllen. Da steht, dass es Aufgabe der Bundeswehr ist für "einen freien und ungehinderten Welthandel sowie den freien Zugang zu Hohen See und zu natürlichen Ressourcen" in aller Welt zu sorgen.

Im Regierungs-Sprachgebrauch heißt das „humanitäre Intervention“. Hinter solchen Vokabeln haben schon früher die Herrschenden ihre wahren Kriegsziele versteckt.

Auch der Rüstungskonzern Rheinmetall zeigt seine menschliche Seite und bot 2015 Geflüchteten Ausbildungs- und Praktikumsplätze an (CZ 25.9.15).

Besser wäre, diese Heuchler würden ihre Waffenexporte einstellen.

Was meint ihr wieviele die flüchten mussten, haben schon unfreiwillig in die Rohre deutscher Waffenproduktion gesehen?

Wer Waffenexporte verdoppelt hat, sollte in der Flüchtlingsdebatte besser das Maul halten !!

Rheinmetall ist Deutschlands größter Rüstungskonzern. Der deutsche Kaiser schenkte der Firma Rheinmetall 1899 eine riesige Fläche in Unterlüß in der Lüneburger Heide. Auf 50 qkm hat Rheinmetall dort heute 2 hochtechnische Fabriken und den größten privaten Schießplatz.

Kanonen und Munition der deutschen Leopard-Panzer kommen aus Unterlüß. Vor den Augen der Weltöffentlichkeit (gesehen im Januar 2018) führte Feldherr Erdogan damit seinen völkerrechtswidrigen Angriff auf die Region Afrin in Nordsyrien. Die defacto autonome basisdemokratische, ökologisch und geschlechterbefreite Gesellschaft in Rojava muss jederzeit mit einem Angriff mit deutschen Mordinstrumenten aus Unterlüß rechnen.

Kriegsgerät und Krieger müssen natürlich auch vorm Einsatz trainieren.

Kurz nach der Machtübertragung 1933 auf die Nazis wurden 30 Dörfer geräumt, um zwischen Bergen und Bad Fallingbostel daraus, den bis heute größten europäischen Truppenübungsplatz zu machen.

Hier wurde der Nazi-Überfall auf die Sowjetunion trainiert. Hier ließ die Wehrmacht zig Tausende gefangene Rotarmisten elendig verrecken. Hier beuteten Rüstungs- und Chemiefabriken Zwangsarbeitende aus. Von hier zog später die British Army in Kriege ums Öl, Deutsche und andere nach Afghanistan und anderswo, um westlich-kapitalistische Werte zu exportieren.

Direkt daneben liegt Munster, Deutschlands größter Heeresstandort. Rundherum gibt es viele weitere militärische Einrichtungen.

Nicht unerwähnt lassen darf ich das berühmte Panzermuseum in Munster. Der ehemalige Kriegsdienstverweigerer, jetzige Bundestagsabgeordnete und General, äh Generalsekretär seiner Partei, also Lars Klingbeil aus Munster sorgte im Oktober 2018 für sog. „Wichtige Zukunftsinvestitionen für Munster“. Nämlich: Der Bund wird in den kommenden Jahren 8 Millionen Euro in das Panzermuseum Munster investieren. Das hat im Oktober 2018 der Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages beschlossen. Die Bundesregierung wird in dem Antrag von SPD und Union verpflichtet, das Panzermuseum dauerhaft und finanziell aufwachsend zu unterstützen.

Ist das nicht toll? Wo dem benachbarten Heidekreis-Klinikum doch jedes Jahr über 10 Mio. für den laufenden Betrieb fehlen.

Beginnend mit dem 1.Weltkrieg dreht sich bei uns viel um Panzer. Rheinmetall in Unterlüß produziert die Mordfahrzeuge, die Panzertruppenschule in Munster ist die Fahrschule, der Truppenübungsplatz Bergen ist Trainingsplatz und ausgediente Exemplare sind im Panzermuseum Munster zu bewundern.

Der Militarismus bestimmt in den Landkreisen Celle und Heidekreis immer noch weitgehend wirtschaftliche Struktur und Arbeitsmarkt.

Änderungen der Militärstrategie führen seit einigen Jahren dazu, dass der Truppenübungsplatz Bergen nicht ausgelastet ist – aber auch dazu, dass die verantwortlichen Kriegsherren samt ihrer Ministerin trotzdem jeden Quadratmeter gegen zivile Interessen verteidigen. Der Platz zwischen Bergen und Bad Fallingbostel sei ein „Premiumplatz“ und deshalb könne es jederzeit sein, dass der Truppenübungsplatz bald wieder voll genutzt werde. Neuester Plan ist, dass US-NATO-Truppen an die polnische Ostgrenze verlegt werden sollen. Hat man uns ja eindrücklich in Kalten-Kriegs-Zeiten eingetrichtert, dass die Russen böse sind und Krieg wollen. Der Truppenübungsplatz Bergen mit allerlei leeren Kasernen und Wohnhäusern soll dann Austausch und Erholungslager für diese NATO-Krieger werden.

Aus Lokal-wirtschaftlicher Sicht ist die neue Idee kein Ersatz für den Verlust an Arbeitsplätzen und Wirtschaftskraft nach dem Abzug der British Army 2015.

Deshalb haben auf unsere Initiative hin, ver.di-Bundeskongress und die Konferenz des DGB-Niedersachsen-Bremen-Sachsen-Anhalt Forderungen nach Bundesfinanzierung einer neuen Wirtschaftsstruktur beschlossen - und die muss sozial, ökologisch und nicht-militärisch sein.

Während unsere Abgeordneten Otte/ CDU und Klingbeil/ SPD weiter nur auf Militär setzen, unterstützen ver.di, Grüne und Linke die Initiative Biosphärengebiet mit dem Ziel, aus dem Kriegsübungsplatz Bergen ein UN-Biosphärengebiet zu machen. Andere Beispiele zeigen, dass das viele tausend zivile Arbeitsplätze schafft. Tourismus und ökologische Landwirtschaft sind ohnehin besser für die Gesundheit. Ja, für die Gesundheit der Menschen in Afrin, am Hindukusch, und in der Lüneburger und Letzlinger Heide.

Ob Kriegsübungsplätze oder Rheinmetall – zu beiden passt Bert Brecht's Lied gegen den Krieg:

„Der Prolet baut ihnen die Kriegsmaschinen, damit sie ums Leben bringen mit ihnen, mancher Proletenmutter Sohn.“

„Der Prolet wird in den Krieg verladen, dass er tapfer und selbstlos ficht. Warum und für wen, wird ihm nicht verraten. Für ihn selber ist es nicht.“

Bei Rheinmetall wird für Krieg und Profit hochwertige Technik produziert. Die Talente der Ingenieure und Facharbeiter bei Rheinmetall brauchen wir für moderne Medizintechnik und Infrastruktur. Machen wir alle gemeinsam Druck auf die Bundesregierung, dass unsere Steuergelder für soziale Daseinsvorsorge und Infrastruktur ausgegeben werden. Krieg darf künftig kein Meister aus Deutschland sein.

Eine alte gewerkschaftliche Forderung heißt: „Abrüstung JA – arbeitslos NEIN!“

Für ein breites gesellschaftliches Bündnis für Frieden und Konversion. Politik und Wirtschaft müssen unseren Widerspruch und Widerstand fortwährend spüren !

Deshalb:

Rheinmetall entwaffnen und Truppenübungsplätze zivilisieren!

 

Liebe antimilitaristische Freundinnen und Freunde,

ich lade euch ein zum Camp des „Bündnis Rheinmetall entwaffnen“ vom 1. - 9.9.2019 in Unterlüß. Wir diskutieren, informieren uns selbst und andere, blockieren und demonstrieren schließlich am 7.9.19 vor Rheinmetall in Unterlüß. Ich hab hier ein paar flyer oder schaut im Internet nach „Rheinmetall entwaffnen“.

In Colbitz heißt die Parole „Krieg zerstört Lebenswelt“.

Leive Lüür, wie wöt den Schiet nich länger häwen!

Nicht nur "Fridays for future“, sondern "Every day for future!“

Dankeschön und solidarische Grüße aus der Lüneburger Heide an euch Alle!

 

H-D Charly Braun ist aktiv bei der Kampagne „Rheinmetall-entwaffnen“ und DGB-Kreisvorsitzender Heidekreis / ver.di-Bezirksvorstand Hannover-Heide-Weser.