Redebeitrag für den Ostermarsch in Göttingen am 8. April 2023

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

mein Name ist Christine Rose. Ich bin aktiv im Göttinger Friedensforum.

Unser Verteidigungsminister Boris Pistorius hat an seinem ersten Amtstag bestätigt, dass die NATO-Staaten indirekt am Krieg beteiligt sind. Also muss auch die Nato ihre Ziele definieren. Sucht sie eine Lösung für die Menschen in der Ukraine oder sucht sie einen Weg Russland maximal zu schwächen?

Der ranghöchste General der USA sagte im Januar 2023 in Ramstein, dass der Krieg in der Ukraine ein sehr blutiger ist, und, dass es in diesem Jahr sehr schwierig sein wird die russischen Streitkräfte militärisch zu vertreiben.
Das Beste worauf wir hoffen könnten sei, Russland zu diplomatischen Verhandlungen zu drängen. Er glaubt, dieser Krieg werde am Verhandlungstisch enden.

Liebe Zuhörende nach einem Jahr Angriffskrieg durch Russland in der Ukraine, fragen sich immer mehr Menschen:

Wie kann der Krieg beendet werden? Wie kann Frieden geschaffen werden?

Frieden muss verhandelt werden!

Die Vereinten Nationen haben mit dem Konzept der gemeinsamen Sicherheit den Weg in eine friedliche Welt aufgezeigt. Das Konzept hat seine Wurzeln in der deutschen Friedens- und Entspannungspolitik der 70iger Jahre. Daran müssen wir anknüpfen. Frieden kann nur auf der Grundlage des Völkerrechts und auch nur mit Russland geschaffen werden.

Im März 2022 in Istanbul haben sich die Ukraine und Russland beinahe auf einen Vertrag geeinigt, den zu wesentlichen Teilen die ukrainische Regierung vorgeschlagen hat. Für diesen Vertrag gab es zu jenem Zeitpunkt keine Unterstützung des Westens. Wie soll nun, nach so vielen Toten und noch größerer Abhängigkeit der Ukraine vom Westen die Ukraine verhandeln?

Kann überhaupt mit Russland und Putin an seiner Spitze verhandelt werden?

Das Abkommen über die Ausfuhr von Getreide und der völlig geräuschlos stattfindende Gefangenenaustausch zeigen, dass es Bereiche gibt in denen erfolgreich verhandelt wird. 

Konkret gibt es mehrere Vorschläge und Initiativen u. a. von Italien, China und dem brasilianischen Präsidenten Lula da Silva.

Ich stelle hier beispielhaft die Grundzüge des Italienischen Friedensplans vom Mai 2022 vor.
Die UN soll laut diesem Plan die EU und die OSZE in die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine einbinden. Unter der Aufsicht einer internationalen Vermittlungsgruppe soll der vierstufige Plan umgesetzt werden:

  1. Schritt: Waffenstillstand,
  2. Neutralität der Ukraine
  3. Schritt Lösung territorialer Fragen und zuletzt

 Aufbau eines europäischen und internationalen Sicherheitspaktes.

In jeder Etappe soll geprüft werden, ob sich die Parteien an ihre Verpflichtungen halten, damit der nächste Schritt eingeleitet werden kann.

Warum ist keiner der teilweise auch schon länger bestehenden Pläne ernsthaft verfolgt worden?

Grundsätzlich muss das, was zum Krieg geführt hat, gelöst werden. Es geht um eine Friedensordnung in Europa, die die Sicherheitsinteressen aller Staaten gleichberechtigt berücksichtigt. Leider spricht Europa nicht mit einer Stimme. Es sind die USA, die die Leitlinien der westlichen Politik bestimmen und denen sich die europäischen Mächte fügen.

Um einen Friedensplan umzusetzen, braucht es die Überzeugung, dass Frieden möglich ist und den Willen der Regierungen internationale Unterstützung und Einigung zu suchen. Es wird helfen, wenn Menschen ihre Forderungen an die eigene Regierung sich für Frieden ein zusetzten in Form von Demonstrationen, Petitionen und Gesprächen ausdrücken.

Das machen wir hier und heute auf dem Ostermarsch.
Wir fordern die Bundesregierung auf alle möglichen Sprachkanäle zu nutzen und alle erdenklichen diplomatischen Anstrengungen zu erbringen um Verhandlungen vorzubereiten! Keine weiteren Eskalationen, weder durch Waffenlieferungen noch verbal!

Frieden muss verhandelt werden!

Um einen Friedensplan umzusetzen ist es wichtig, dass Russland und die USA miteinander sprechen. Beide Nuklearmächte können einen Korridor für Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine schaffen. Diese Kommunikationskanäle von politischen und militärischen Entscheidungsträger*innen sind notwendig um Eskalationen oder auch einen Atomkrieg „aus Versehen“ zu vermeiden. Es geht darum, überhaupt Gespräche anzustoßen, wenn auch noch keine Waffen-Stillstands- oder Friedensverhandlungen. Nur mit der Zustimmung und Bereitschaft der USA kann es erfolgreiche Gespräche mit Russland über Verhandlungen und eine stabile Sicherheitsarchitektur in Europa geben.

Frieden kann und muss verhandelt werden.

Frieden muss auch finanziert werden!

Prävention, Diplomatie und Friedensförderung sind unverzichtbare Instrumente, um Konflikte ohne Gewalt zu bearbeiten, militärischen Eskalationen frühzeitig entgegenzuwirken und Frieden nachhaltig zu sichern. Hier plant die Bundesregierung massive Einsparungen. Wir fordern die Bundesregierung auf sich zum Ausbau von ziviler Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und Friedensförderung im Nationalen Sicherheitsplan zu verpflichten.

Die Bereitschaft Feindbilder aufzubauen, zu hassen und Krieg zu führen sind tief in unseren kapitalistisch organisierten Gesellschaften verwurzelt, gerade in Zeiten großer Krisen und existentieller Ängste.
Heute aber gilt: Wer das Leben auf diesem kostbaren einzigartigen wunderbaren Planeten wirklich retten will, der muss den Hass und den Krieg gründlich überwinden und verlernen. 

Im Angesicht der Klimakrise und des Artensterbens
wird es eine Zukunft der Menschheit nur geben,
wenn wir eine globale Kultur des Friedens aufbauen.

Wir haben nur diese eine Zukunftsoption.

 

Christine Ros ist aktiv im Göttinger Friedensforum.