Redebeitrag für den Ostermarsch Saarbrücken am 8. April 2023

 

- Sperrfrist: 8. April 2023, Redebeginn: 11 Uhr -
- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Liebe Friedensfreundinnen und liebe Friedensfreunde,

ich begrüße Euch alle herzlich zum diesjährigen Ostermarsch Saar. Ich freue mich, dass ihr so zahlreich unserem Aufruf gefolgt seid, um heute am Ostersamstag den traditionellen Ostermarsch mit uns zu begehen. Selten war es dringender. In über 100 Städten gehen wieder Menschen auf die Straße, um ihren Wunsch nach Frieden, Abrüstung und Gerechtigkeit Ausdruck zu verleihen. Wir das FriedensNetz Saar fordern ein Ende der Eskalationsspirale im Ukrainekrieg. Bevor wir beginnen möchte ich noch ausdrücklich darauf hinweisen: Auf dem Ostermarsch Saar ist kein Platz für rechte und nach rechts offene Kräfte oder Anhängern von Verschwörungsideologien. Es bleibt dabei: Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“

 

Liebe Friedensfeundinnen und liebe Friedensfreunde,

wir stehen heute nach einem Jahr Ukraine -Krieg hier und fragen uns: Was läuft da weltweit gewaltig schief? Wir, die Friedensbewegung, die ständig weltweite Abrüstung, Klimaschutz und Solidarität anmahnt, werden ad absurdum geführt. Die Geschichte lehrt uns doch, dass im Krieg alle Verlierer sind. Muss sich das alles wiederholen?

Kostspielige Hochrüstung, eine auf lange Dauer angelegte Konfrontation mit Russland sowie die Vernachlässigung von Klimawandel, Hunger und anderen globalen Herausforderungen - diese „Zeitenwende“ bieten Politik und Medien fast unisono an als angeblich alternativlose Antwort auf Putin-Russlands völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine.

Wir alle wissen, dass sich die Welt weder diesen heißen noch einen Jahrzehnelangen Kalten Krieg leisten kann - angesichts der menschheitsbedrohenden Probleme, die nur global und gemeinsam gelöst werden können.

Durch den Ukrainekrieg gerät die größte Herausforderung des 21. Jahrhunderts – die Bewältigung der Klimakrise – in den Hintergrund. Die Welt braucht dringend eine radikale Abkehr von der herrschenden, lebensfeindlichen, wirtschaftlichen und militärischen Logik, die die Menschheit und unseren Planeten in die Katastrophe treibt. Es braucht eine grundlegende sozialökologische Transformation, in der Bedürfnisse aller Menschen im Zentrum der Politik stehen. Die scheint derzeit undenkbar. Doch was wäre die Alternative? Eine ungebremste Klimaerwärmung würde die gesamte Weltbevölkerung in die Katastrophe führen. Der Krieg mit seinen Waffensystemen und den Zerstörungen im Energiesektor heizt die Klimakrise nur noch an. Die Ukraine kommt zur Zeit an fossilen Energieträgern nicht vorbei und die weltweite Waffenproduktion geschieht mit Sicherheit unter Verwendung umweltschädigender Kohleenergie.

Um das 1,5-Grad-Limit gegen den Klimawandel noch zu erreichen, verbleiben der Menschheit weniger als acht Jahre – entsprechend dem globalen CO2-Budget. Dafür sind gravierende Veränderungen in allen Bereichen dringend notwendig. Es brauche einen sogenannten „systemischen Wandel“, heißt es in dem Anfang April veröffentlichten IPCC-Bericht. Der militärische Sektor wird jedoch ausgeklammert. Zum Schlagwort „military“ finden sich insgesamt sechs Ergebnisse in dem knapp 3 000 Seiten langen Report. Man könnte meinen, der Bereich Militär spiele in Bezug auf die Klimakrise kaum eine Rolle. Die Realität sieht anders aus: Allein der Dauereinsatz von militärischem Gerät führt zu massiver Luftverschmutzung.

Unsere Forderung lautet: Militärische Aufrüstung stoppen, Spannungen abbauen, gegenseitiges Vertrauen aufbauen, Perspektiven für Entwicklung und soziale Sicherheit schaffen, Entspannungs­politik auch mit Russland aber auch mit China, da sich die NATO jetzt gerade warmläuft für die Konfrontation mit China. Deshalb ist es unabdingbar mehr zu verhandeln, dem Frieden zuliebe. Diese Einsichten werden wir überall in unserer Gesellschaft verbreiten. Damit wollen wir helfen, einen neuen Kalten Krieg bzw. die aktuelle Kriegs­gefahr abzuwenden. Keine Erhöhung der Rüstungsausgaben – Abrüsten ist das Gebot der Stunde!

Die Bundesregierung plant, die Rüstungsausgaben nahezu zu verdoppeln, auf zwei Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung (BIP). So wurde es in der NATO vereinbart. Allein 2019 wurde der Militärhaushalt auf 43,2 Milliarden Euro angehoben und ist damit größer als die Etats für Bildung und Gesundheit zusammen.

Wir können es uns aus globaler und nationaler Sicht nicht leisten, mehr fürs Militär und die Rüstung auszugeben.

Deswegen sagen wir: NEIN dazu - Schluss damit. Abrüsten statt Aufrüsten! Militär löst keine Probleme - Eine andere Politik muss her!

Wie lange wir diese Forderungen schon vertreten, weiß niemand hier besser als Peter Meiser, den ich hier noch erwähnen möchte, ein Friedensaktivist der ersten Stunde, der schon 1960 den Kriegsdienst verweigert hat und seitdem an den Ostermärschen im Saarland teilnimmt. Er weiß, was es heißt, als unrealistischer Träumer verspottet zu werden. Aber er ist immer dabei, gibt nicht auf. Das macht uns allen Mut. Unsere Botschaft ist gültig, Generationen übergreifend! Wer soll sie weitertragen, wenn nicht wir?

Machen wir uns jetzt auf den Weg und tragen unseren Protest unseren Unmut und unsere Forderungen gut sichtbar und selbstbewusst auf die Straßen.

 

Waltraud Andruet ist Sprecherin FriedensNetz Saar und aktiv bei pax christi Saar.