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Fast die Hälfte der zwischenstaatlichen Konflikte enden mit Verhandlungen. Nur ein Fünftel der zwischenstaatlichen Konflikte endet mit einem Sieg. Außerdem zeigt sich, dass, wenn keine der Parteien zu Beginn eines Konflikts dazu in der Lage ist, durch eine militärische Überlegenheit zu siegen, es wahrscheinlicher ist, dass der Konflikt durch einen Verhandlungsprozess beigelegt wird. Daher braucht es dringend Verhandlungen im Kontext des Ukraine-Kriegs! Hier soll eine Übersicht über verschiedene Friedensinitiativen dazu vorgestellt werden.
Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat zu unzähligen Toten und Verletzten sowie zu Millionen Geflüchteten geführt. Abertausende von weiteren Menschen drohen diesem Krieg zum Opfer zu fallen. Wie alle Kriege, hat auch dieser Krieg Tod, Gewalt, Flucht, Vergewaltigung und Folter für die unmittelbar Betroffenen zur Folge. Unsere Solidarität gehört allen Menschen, denen durch den Krieg Gefahr für Leib und Leben droht – insbesondere den Menschen in der Ukraine. Wir erkennen ihr Recht auf Selbstverteidigung an.
Das Netzwerk Friedenskooperative fordert den Anstoß diplomatischer Initiativen, insbesondere durch die deutsche Bundesregierung, zur Beendigung des Kriegs in der Ukraine. Die Ukraine und Russland haben bisher regelmäßig über Gefangenenaustausche sowie das Getreideabkommen verhandelt, das jedoch inzwischen nicht mehr von Russland verlängert wurde. Dies zeigt, dass es durchaus Gesprächskanäle gibt, auf denen aufgebaut werden kann und die es unbedingt gilt offenzuhalten. Dies ist insbesondere wichtig, um Russland einen möglichen Ausweg aus dem Konflikt aufzeigen zu können. Ziel muss ein Ende des Krieges sowie der Abzug der russischen Truppen sein.
Friedensverhandlungen sind nur mit der Beteiligung aller Konfliktparteien und unter Einbindung aller relevanter Akteur*innen möglich. Insbesondere darf keine Entscheidung ohne das Eingeständnis der angegriffenen Ukraine getroffen werden. Es liegt letztlich in den Händen Putins, die Kampfhandlungen umgehend zu beenden. Auch wenn sowohl Russland als auch die Ukraine Kriegsziele formuliert haben, die (momentan) kaum Zugeständnisse zulassen, muss ein Prozess in Gang gesetzt werden, der Verhandlungen ermöglicht.
Chronologischer Überblick über Verhandlungen und Friedensinitiativen
Im Folgenden soll ein Überblick über Verhandlungen und Friedensinitiativen vorgestellt werden, die seit Beginn der russischen Invasion auf die gesamte Ukraine am 24. Februar 2022 stattgefunden haben:
- August 2024: Berichte über Verhandlungen über teilweise Waffenruhe in Doha
- Die „Washington Post“ berichtet am 17. August über indirekte Verhandlungen über eine begrenzte Waffenruhe zwischen der Ukraine und Russland, welche Ende des Monats in Doha hätten stattfinden sollen. Eine Kreml-Sprecherin dementierte tags drauf jedoch, dass es diese Verhandlungen gebe, so „Reuters“.
- Juni 2024: Ukraine-Konferenz in der Schweiz
- Rund 90 Staaten kamen am 15. und 16. Juni 2024 bei Luzern in der Schweiz zur internationalen Ukraine-Konferenz zusammen. Russland war jedoch nicht eingeladen. In der Abschlusserklärung heißt es: "Das übergeordnete Ziel der Konferenz bestand darin, einen künftigen Friedensprozess anzuregen. Um dies zu erreichen, sollte:
- eine Plattform für den Dialog über Wege zu einem umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden für die Ukraine auf der Grundlage des Völkerrechts und der UNO-Charta geboten werden;
- ein gemeinsames Verständnis für einen möglichen Rahmen zur Erreichung dieses Ziels entwickelt werden; gemeinsam ein Fahrplan festgelegt werden, wie beide Parteien in einen künftigen Friedensprozess eingebunden werden können."
- Rund 90 Staaten kamen am 15. und 16. Juni 2024 bei Luzern in der Schweiz zur internationalen Ukraine-Konferenz zusammen. Russland war jedoch nicht eingeladen. In der Abschlusserklärung heißt es: "Das übergeordnete Ziel der Konferenz bestand darin, einen künftigen Friedensprozess anzuregen. Um dies zu erreichen, sollte:
- Mai 2024: China und Brasilien legen einem gemeinsamen Friedensplan mit 6 Punkten vor
- April 2024:
- Die Türkei legt einen Friedensplan vor, der u.a. ein Einfrieren des Krieges entlang der bestehenden Frontlinie vorsieht.
- März 2024:
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Ausgelöst durch eine Äußerung des Oberhaupts der katholischen Kirche, Papst Franziskus, sowie die Debatte rund um Rolf Mützenichs Plädoyer für ein Einfrieren des Krieges in der Ukraine, stellt sich vermehrt die Frage nach der Verhandlungsbereitschaft Russlands.
Der russische Präsident Putin äußerte sich in einem Interview mit der russischen staatlichen Nachrichtenagentur „Rossiya Segodnya“ wie folgt: „For us to hold negotiations now just because they are running out of ammunition would be ridiculous. Nevertheless, we are open to a serious discussion, and we are eager to resolve all conflicts, especially this one, by peaceful means. However, we must be sure that this is not just another pause that the enemy wants to use for rearmament, but rather a serious conversation with security guarantees for the Russian Federation.” (Interview abrufbar auf der Website des Kreml)
Russlands Außenminister Lavrov äußerte sich Ende März im Hinblick auf einen sich in Vorbereitung befindlichen Friedensgipfel in der Schweiz wie folgt: „We are in any case ready to hold discussions but not on the bases of (Ukrainian President Volodymyr) Zelenskiy's 'peace formula'" (Reuters)
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- November 2023:
- Das "RedaktionsNetzwerk Deutschland" berichtet über die nach wie vor nicht versiegten Gesprächskanäle zwischen der Ukraine und Russland, die sich mit Gefangenenaustauschen, Überführungen von Toten und die Rückkehr von entführten Kindern in die Ukraine geht. Interessant hierbei ist die Information, dass für jeden Kriegsgefangenen-Austausch vorab ein Waffenstillstand ausgehandelt wird.
- August 2023:
- Vertreter*innen aus 40 Staaten, darunter u.a. die Ukraine, China und Saudi-Arabien, trafen sich am 5./6. August in Dschidda. Dabei soll ein neuer Friedensplan zirkuliert worden sein. Ein Abschlusskommuniqué vom Gipfel gab es nicht. "Aus Diplomatenkreisen in Riad hieß es," so die "Frankfurter Rundschau", "Saudi-Arabien bemühe sich um einen Kompromiss mit dem Ziel eines „globalen Friedensgipfels im weiteren Lauf des Jahres“. Auch der ukrainische Präsident Selenskyj habe Vorstellungen eines solchen Friedensgipfels mit den Staats- und Regierungschefs.
- Juni 2023:
- Friedenskonferenz für die Ukraine in Kopenhagen zwischen Verbündeten der Ukraine und Vertreter*innen des Globalen Südens initiiert von der Ukraine
- Friedensmission afrikanischer Staats- und Regierungschefs in die Ukraine und nach Russland unter Leitung des südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa mit Vorstellung eines Zehn-Punkte-Friedensplans
- Mai 2023: Sechs afrikanische Staaten haben eine Initiative ausgearbeitet, um im Krieg zwischen Russland und der Ukraine zu schlichten. Reisen nach Kiew und Moskau sind angedacht.
- April 2023: Brasiliens Vorschlag eines „G-20 des Friedens“
- Februar 2023: 12-Punkte-Plan von China
- Februar 2023: Friedensinitiative von Lula da Silva
- Januar 2023: Friedensplan von Henry Kissinger
- Dezember 2022: Ukrainischer Vorschlag einer Friedenskonferenz
- Oktober 2022: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj stellt den Staats- und Regierungschefs der G7-Gruppe einen 10-Punkte-Plan vor, die so genannte ukrainische “Friedensformel”
- September 2022: Mally Sacks (Präsident der Afrikanischen Union und Senegals) Ruf nach einer Mediationsmission bei der UN-Generalversammlung
- September 2022: Vorschlag Mexikos bei der UN-Generalversammlung, eine Diplomatie-Mission zu bilden
- Juni 2022: Internationale Arbeitsgruppe im Vatikan mit Jeffrey Sachs
- Mai 2022: 4-stufiger Friedensplan Italiens – abgestimmt u. a. mit dem UN-Generalsekretär
- März/April 2022: 10-Punkte-Plan von Istanbul - russisch-ukrainische Gespräche in Istanbul
- https://meduza.io/en/slides/ukraine-s-10-point-plan
- Ein Entwurf, der im April 2022 aus den Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland hervorging, wurde erstmals im Juni 2024 von der "New York Times" veröffentlicht.
Weiterführende Artikel und Studien – eine Auswahl:
- Samuel Charap/Jeremy Shapiro, Foreign Affairs, How to Pave the Way for Diplomacy to End the War in Ukraine
- Studie "Negotiating an End to the War in Ukraine: Ideas and Options to Prepare for and Design a Negotiation Process" (von Inclusive Peace, Juli 2023)
- Den Krieg mit Verhandlungen beenden (von General a.D. Harald Kujat, Dr. Peter Brandt et al, Berliner Zeitung 09.09.2023)
- Aus Politik und Zeitgeschichte (2023): Krieg in der Ukraine.
- IPPNW (September 2023): Waffenstillstand und Frieden für die Ukraine. Eine Sammlung bestehender Vorschläge und möglicher Schritte, den Krieg in der Ukraine durch Diplomatie statt durch Waffen zu beenden.
- Clemens Ronnefeldt, FriedensForum (2023): Ukraine: Friedenspläne
- Annegret Krüger, Frankfurter Rundschau (2022): Wie stoppen wir den Krieg in der Ukraine?
(Stand: 19.08.2024)