Redebeitrag für Fotoaktion "Wir feiern das Verbot von Atomwaffen" vor dem Bundeskanzlerinnenamt in Berlin am 22. Januar 2021

 

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde

Der heute in Kraft tretende Atomwaffenverbotsvertrag ist ein enorm wichtiger Schritt zu mehr Abrüstung und eine große Hoffnung auf dem Weg zu einer atomwaffenfreien Welt.

Am Anfang der Entwicklung zum Verbotsvertrag stand die Erinnerung an die katastrophalen Folgen eines Atomwaffen-Einsatzes und die Erkenntnis, dass diese Folgen so weitreichend für Menschen, Klima und Wirtschaft – für alle Lebensbereiche sind, dass der Weg an einer Ächtung dieser schrecklichen Waffen nicht vorbeigeht.

Die Bedrohung durch diese Waffe ist nach Hiroschima und Nagasaki nicht geringer geworden. Sie wächst wieder durch Modernisierung, strategische Überlegungen zur Führung eines Krieges mit Atomwaffen und durch unberechenbare Staatenlenker. Deshalb sind Abrüstung und Verbot dieses Waffenarsenals ohne Alternative.

Ich stehe hier als Friedensbeauftragter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland. Als Kirche sind wir dem Leitbild eines gerechten Friedens verpflichtet. Die Kirche hat darum gerungen, was diese Verpflichtung für die Haltung zu Atomwaffen bedeutet. Unter dem Eindruck der Ost-West-Konfrontation standen in den 50ger Jahren verschiedene Positionen nebeneinander und man hielt die atomare Abschreckung noch als Mittel gerechtfertigt, die Freiheit zu schützen.

2007 hat die Evangelische Kirche in Deutschland deutlich gemacht, dass friedensethisch eine Drohung mit Atomwaffen nicht mehr als legitimes Mittel der Selbstverteidigung anzusehen ist – ließ aber die politische Umsetzung noch offen.

Unter dem Eindruck der jüngsten Entwicklungen und auch des Atomwaffenverbotsvertrages und starker zivilgesellschaftlicher Initiativen, an der viele Christenmenschen beteiligt waren und sind, hat die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland im Herbst 2019 den Atomwaffenverbotsvertrag befürwortet und die Bundesregierung aufgefordert, konkrete Schritte zu unternehmen, um den Vertrag zu unterschreiben. In dieser Haltung wissen wir uns verbunden mit vielen anderen Christenmenschen und Kirchen weltweit. So hat z.B. Papst Franziskus den Vertrag unterstützt und der Vatikan gehört zu den unterschreibenden Staaten.

Wir haben aber auch als Kirche noch viel zu tun, um andere Kirchen zu überzeugen, die anderer Auffassung sind – ob konservative Kirchen in den USA oder die russisch-orthodoxe Kirche.

Ich bin als Christenmensch mit vielen anderen Christen und Menschen anderer Religion oder Weltanschauung der festen Überzeugung, dass nicht die Androhung atomarer Gewalt oder Abschreckung den Frieden sichern, sondern Frieden nur durch Vertrauen geschaffen werden kann. Deshalb sind jegliche Gespräche und Verhandlungen sinnvoll und nötig: über die Verlängerung des New-Start-Abkommens, die Neuauflage des INF Vertrages, konkrete Schritte zur Abrüstung im Rahmen des Nichtverbreitungsvertrages. Das Ziel aber muss die Ächtung und das Verbot sein.

Mit dem Inkrafttreten des Vertrages am heutigen Tag ist der Vertrag geltendes Völkerrecht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Land wie Deutschland, das sich so sehr dem Völkerrecht verpflichtet weiß, sich außerhalb dieses Rechts stellen kann.

Deshalb sollte sich Deutschland sehr bald auf den Stuhl setzen, der hier noch frei ist, an der weiteren Entwicklung des Vertragswerkes teilnehmen, die Bündnispartner von diesem Ziel überzeugen – damit diese schreckliche Waffe geächtet und verboten wird.

 

Renke Brams ist Friedensbeauftragter des Rates der Ev. Kirche in Deutschland (EKD).