ungehaltener Redebeitrag für den geplanten Ostermarsch Odenwald in Erbach am 11. April 2020

 

Liebe Freundinnen und Freunde,
"Der Krieg ist ein Verbrechen an der Menschheit. Ich bin daher entschlossen, keine Art von Krieg zu unterstützen und an der Beseitigung aller Kriegsursachen mitzuarbeiten.“ Diese Grundsatzerklärung der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen“ habe ich 1978 unterschrieben und versuche ihr einigermaßen gerecht zu werden. Seit dieser Zeit bin ich aktiv in der Darmstädter Gruppe der DFG-VK.

Wer sich mit der Friedensbewegung und dem Ostermarsch beschäftigt, dem begegnet Klaus Vack (17.5.1935-18.5.2019). Als Sekretär des Verbandes der Kriegsdienstverweigerer (VK) trug er von 1961 an erheblich zum Erfolg der westdeutschen Ostermarschbewegung bei, der späteren „Kampagne für Demokratie und Abrüstung“. Er engagierte sich bereits für den ersten hessischen Ostermarsch, der 1961 von Miltenberg nach Frankfurt führte und war zusammen mit Konrad Tempel, Andreas Buro und anderen einer der Organisatoren der ersten Stunde auf Bundesebene. Ich kenne Klaus Vack leider bewusst nur aus einer Begegnung - nämlich auf der Feier zum 70. Geburtstag des Naturfreunds Herbert Faller am 10. Februar 1994 im Haus der Jugend in Frankfurt.

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

nachdem im April 1958 der erste Ostermarsch unter dem Motto „Ban the bomb“ in London stattfand, gab es vor 50 Jahren, also 1960, auch in West-Deutschland den ersten Ostermarsch, nämlich in Bergen bei Hannover, in deren Nähe seit 1935 ein Truppenübungsplatz existierte. Dort, wo ab 1935 die Nazis die Angriffskriege übten, wurde nach dem Krieg der NATO-Schießplatz Bergen-Hohne eingerichtet, der später der Bundeswehr übergeben wurde.

Erinnern wir uns, noch 1949 sagte in gewisser CSU-Politiker Franz-Josef Strauß "Wer noch einmal das Gewehr in die Hand nehmen will, dem soll die Hand abfallen." und doch wurde schon ein Jahr später in der sogenannten „Himmeroder Denkschrift“ im Geheimen an Plänen einer deutschen Armee gearbeitet! Was lernen wir daraus bei der Bewertung von Politiker-Aussagen?

Und so dauerte es nicht lange, bis die Bewegung gegen die Wiederaufrüstung und die Ostermarsch-Bewegung diffamiert wurde. „Geht doch rüber“ war ein gängiges Schimpfwort! Im Informationsdienst der CDU vom 30. März 1961 hieß es „Die sogenannten Ostermärsche der Atomgegner bieten eine gute Gelegenheit, die verwirrende Verflechtung von illusionärem Pazifismus und seinem Mißbrauch durch die Kommunisten aufzuzeigen“. Doch Diffamierung genügte nicht - die Bundeswehr hat während des sogenannten Kalten Krieges versucht, die westdeutsche Friedensbewegung zu manipulieren. So verteilten zivile Helfer während des Ostermarsches 1961 Plakate und Flugblätter mit Parolen wie „Marschiert weiter zu den 20 sowjetischen Raketenbasen in der SBZ“. Wer hinter diesen Parolen stand, wurde verheimlicht. Ein Reserveoffizier, dem eine Druckerei gehörte, hatte die heimliche Herstellung der rund 100 000 Flugblätter übernommen. Da es jedoch an Freiwilligen mangelte, die während der Feiertage bereit waren, Ostermarschierern die Pamphlete in die Hand zu drücken, zahlte die Bundeswehr pro Stunde DM 2,50 plus Übernachtungs- und Benzinkosten. Auch von der Bundeswehr um Unterstützung gebetene CDU-Verbände verlangten wegen der Feiertage Bares. (Der Spiegel Nr. 42 vom 12.10.2019). Leider war sich auch die SPD lange Zeit nicht zu schade, die SPD-Mitglieder aufzufordern, sich nicht an den Ostermärschen zu beteiligen. Doch jetzt zurück zur aktuellen Politik!

Liebe Freundinnen und Freunde,

seit Monaten lesen wir, dass der Rüstungs- oder besser Kriegsetat auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöht werden soll. Dies geht zurück auf den NATO-Gipfel 2002 in Prag, als der Sozialdemokrat Peter Struck Verteidigungsminister war. In der Zwischenzeit wurde dieses Ziel mehrfach bekräftigt. Dies wäre eine Erhöhung in Deutschland auf etwa 60 Milliarden!

2014 betrug er noch 32,4 Milliarden Euro,

2017 erhöhte er sich bereits auf rund 37 Milliarden Euro.

2019 betrug der Kriegsetat rund 43,2 Milliarden Euro, und

2020 wird er 44,9 Mrd. Euro betragen.

Dass Bundesregierungen bereits beim NATO Gipfel 2002 einer planmäßigen Etaterhöhung - dem sogenannten 2% Ziel - auch mit SPD Unterstützung zugestimmt haben, bezeichnen wir als skandalös. Geld wird in anderen Bereichen dringend benötigt, wie zum Beispiel

  • im Bildungsbereich: Der Lehrermangel an Grundschule wird immer dramatischer. Bis zum Jahr 2025 werden Prognosen der Bertelsmann-Stiftung zufolge über 26 Tausend Lehrer an Grundschulen fehlen. (FR 9.9.2019)
  • beim Neubau von Kitas und der Ausbildung und Bezahlung der Erzieherinnen und Erzieher!
  • beim Wohnungsbau, bei der Bezahlung der Beschäftigten in Krankenhäusern und Alteneinrichtungen sowie bei der Alterssicherung!

Wir fordern erneut nachhaltige Abrüstungsinitiativen und eine spürbare Verringerung des Rüstungshaushalts.

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

im Januar diesen Jahres lief mit dem sogenannten Manöver „Defender 2020“ das größte und umfangreichste Manöver seit Ende des Kalten Krieges an.1 Ein Unternehmen von einer wahnsinnigen Dimension:

  • 37.000 Soldaten aus 18 Nationen sind in Richtung Polen und Baltikum bis zur russischen Grenze unterwegs.
  • Betroffen sind u. a. Flughafen Frankfurt und US-Airport in Wiesbaden-Erbenheim.
  • In Friedenszeiten soll mit diesem Manöver die schnelle Verlegbarkeit größerer Truppenteile über den Atlantik und durch Europa geübt werden - damit es auch in Kriegszeiten funktioniert!
  • Es soll geprüft werden, ob auch die Brücken und Verkehrswege den schweren militärischen Betrieb aushalten.
  • Etwa 20.000 Soldatinnen und Soldaten und ca. 20.000 Stück sogenanntes Fracht“gut“ – darunter ca. 8.600 Radfahrzeuge und ca. 1.100 Kettenfahrzeuge – werden hierzu aus Nordamerika eingeflogen und eingeschifft werden.
  • Und Deutschland dient aufgrund seiner geostrategischen Lage im Herzen Europas bei diesen Kriegsspielen als logistische Drehscheibe.
  • - Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr unterstützen diese Kriegsspiele mit logistischen Leistungen wie Transport und Versorgung, militärpolizeiliche Begleitung, Transitplanung und die zivil-militärische Zusammenarbeit.
  • In Hessen sind Flughäfen, Schienenwege und Straßen und Autobahnen betroffen. Und es wird mit Sicherheit zu Behinderungen des zivilen Personen- und Güterverkehrs kommen.
  • Auch Liegenschaften und Einrichtungen der Bundeswehr werden beansprucht.

Aber wir können beruhigt sein: Der NATO-Generalsekretär Stoltenberg erklärte, die Manöver seien nicht gegen Russland gerichtet. Ja, gegen wen denn sonst! (FR 4.2.20)

Wir brauchen keine Kriegsspiele, sondern eine Gesprächs- und Diskurskultur mit allen Staaten, vor allem jenen, die aggressive Ambitionen zur Schau stellen oder denen aggressive Ambitionen unterstellt werden. Auf keinen Fall gehören dazu „Kriegsspiele“ wie das NATO-Manöver „Defender 2020“, das seit Januar diesen Jahres läuft. Und ganz nebenbei ist dieses Manöver ein hervorragender Beitrag zur Zerstörung unserer Umwelt - wenn ich allein an den Energieverbrauch und den CO 2-Ausstoß der 8.600 Radfahrzeuge und ca. 1.100 Kettenfahrzeuge denke. Allein ein Leopard-2-Panzer verbraucht auf der Straße 340 Liter und im Manövereinsatz 530 Liter Sprit auf 100 Kilometer. Ein Tornado-Kampfflugzeug schluckt zwischen 2.250 und 7.500 Litern Kerosin pro Stunde.

Wir fordern keine Unterstützung dieser US-NATO-Kriegsspiele durch Deutschland, sondern wiederholt ein gesamteuropäisches entmilitarisiertes Sicherheitssystem statt weiterer Konfrontationspolitik.

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

seit Jahren wird uns erzählt, man wolle mit dem Export von Kriegswaffen zurückhaltend umgehen. Doch wie sieht die Wirklichkeit aus? Die Bundesregierung hat 2019 nahezu doppelt so viele Genehmigungen für Rüstungsexporte wie im Vorjahr erteilt. Der Wert der Ausfuhrerlaubnisse stieg von 4,8 auf über 8 Milliarden Euro. Damit ist ein neuer Rekord erreicht. 32 Prozent der Genehmigungen entfielen auf Kriegswaffen, der Rest auf sonstige militärische Ausrüstung. Typische Empfängerländer sind seit Jahren Algerien, Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate, Katar und Indonesien, alles lupenreine Demokratien. Das relativ kleine Land Deutschland gehört zum viertgrößten Kriegswaffenexportland nach den USA, Russland und Frankreich! Mit diesen mörderischen Waffen werden Kriege befeuert.

Auch unsere Kolleginnen und Kollegen von der IG Metall haben sich gegen Rüstungsexporte in Krisenregionen, an kriegführende Staaten und diktatorische wie autokratische Regime ausgesprochen! Auch mit den Kirchen fühlen wir uns einig:

Wir fordern ein Verbot aller Rüstungsexporte und, weil wir kriegerische Auseinandersetzungen ablehnen, auch ein Produktionsverbot der mörderischen Kriegswaffen.

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

nicht weit von hier bei Kaiserslautern liegt die US Air Base Ramstein, die Basis von Kommandobehörden der NATO und des US-Militärs zur Führung von Luftstreitkräften. Von dort aus werden unter anderem völkerrechtswidrige Drohnenangriffe gesteuert.
In einem US-Bericht von 2016 heißt es, dass in den Jahren 2009 bis 2015 bei 473 Luftangriffen bis zu 116 Zivilisten sowie 2.581 Kämpfer vor allem in den Ländern Pakistan, Jemen, Libyen und Somalia getötet worden seien. Afghanistan, Irak und Syrien wurden in dieser Statistik nicht aufgeführt. Diese Drohnenmorde werden auch von der US-Air-Base Ramstein ausgeführt. So entschied im März 2019 das Oberverwaltungsgericht Münster, dass Deutschland darauf hinwirken muss, dass die USA bei der Nutzung ihrer Militärbasis Ramstein das Völkerrecht einhält. Mir ist bis heute keine klare Ansage der Bundesregierung an die USA im Sinne dieses Gerichtsbeschlusses erinnerlich.

Wir fordern die deutsche Bundesregierung auf, diese Drohnenmorde der US-Regierung endlich zu stoppen.

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

in Deutschland lagern noch immer Atomwaffen. Auf dem Fliegerhorst der deutschen Luftwaffe im rheinland-pfälzischen 1100-Einwohner-Ort Büchel, zwischen Koblenz und der Grenze zu Belgien und Luxemburg gelegen, lagern in unterirdischen Bunkern etwa 20 Atombomben vom Typ B-61, jede mit einer Sprengkraft von etwa 50 Kilotonnen. Zum Vergleich: Die Hiroshima-Atombombe hatte eine Sprengkraft von weniger als 15 Kilotonnen. In einem Antrag von CDU/CSU, SPD, FDP und den Grünen vom 24. März 2010 wird unter anderem „der Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland“ gefordert. Die SPD-Bundestagsfraktion Fraktion in Berlin begrüßte am 15.12.2009, der heutige Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier war der Fraktionsvorsitzende, die Absicht der Bundesregierung, auf den Abzug taktischer Atomwaffen der Vereinigten Staaten aus Deutschland und Europa zu dringen und sich für eine atomwaffenfreie Welt zu engagieren. Heute, genau zehn Jahre später, liegen die Atomwaffen immer noch in Büchel! Und seit einiger Zeit wissen wir, dass diese Mordwaffen auch noch modernisiert werden! Vor wenigen Wochen haben mehrere Organisationen in einem Aufruf an Bundestagspräsident Schäuble an diesen noch immer unerledigten Bundestagsbeschluss erinnert.

Wir fordern, den Beschluss des Deutschen Bundestages von vor genau 10 Jahren endlich umzusetzen. Wir wollen keine Atomwaffen in Deutschland und nirgendwo anders!

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

am 7. Juli 2017 wurde von den Vereinten Nationen einem Abkommen zum Verbot von Atomwaffen zugestimmt. Der Vertrag über das Verbot von Kernwaffen ist ein Meilenstein in den Abrüstungsbemühungen. 122 Staaten haben diesen Vertrag zum Verbot von Atomwaffen beschlossen. Bislang fehlt Deutschland bei diesem historischen Abkommen. Dies ist skandalös!

Wir fordern: Die Bundesregierung muss endlich dieses UN-Abkommen unterzeichnen und auf den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland drängen!

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Mit Stand November 2019 waren ca. 4000 deutsche Soldaten in 12 Einsätzen auf drei Kontinenten aktiv.

Die noch Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer wirbt für die Verlängerung des Einsatzes in Afghanistan (FR 3.12.2019) und sie will ein umfassendes Mandat der Bundeswehr in der südlichen Sahara (FR 30.12.2019).

Seit 2002 ist die Bundeswehr am Krieg in Afghanistan beteiligt. In ihrer Neujahrspredigt hatte die damalige Bischöfin Margot Käßmann über Afghanistan geurteilt „Nichts ist gut in Afghanistan“. Dafür musste sie von bestimmter Seite Prügel einstecken. Schaut man aber auf das anhaltende dortige Elend, schrieb sogar die Springer-Zeitung WELT im Oktober 2019, „muss man Abbitte leisten.“

Ich erinnere auch an den Anschlag im Mai 2017 auf die hochgesicherte Deutsche Botschaft in Kabul, die schwerst beschädigt wurde.

Heute ist die Sicherheitslage prekär. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hatte im Sommer 2019 eindringlich vor mehr Abschiebungen nach Afghanistan gewarnt. Die Situation dort habe sich in den vergangenen Monaten drastisch verschlechtert, sagt Dominik Bartsch, der Repräsentant des UNHCR in Deutschland. Die Taliban hätten stark an Boden gewonnen, es gebe Terroranschläge und Menschenrechtsverletzungen, auch die Hauptstadt Kabul sei inzwischen „hochgefährlich“ und längst keine „interne Fluchtalternative“ mehr. Im Oktober gab die UN bekannt, der Juli 2019 sei der „tödlichste Monat“ seit Beginn der Aufzeichnungen vor zehn Jahren gewesen, 425 Zivilist*innen seien ums Leben gekommen. In den ersten neun Monaten des Jahres 2019 zählte die UN 2.563 zivile Todesopfer. Im Jahr 2018 waren es 2.870 zivile Todesopfer. (TAZ 5.12.2019)

Nicht-Militärische Fachleute urteilen über militärische Einsätze anders:

So der Diplomat Hans-Christof von Sponeck: Durch militärische Mittel wird es im Mittleren Osten keine Konfliktlösungen geben (FR 20.1.2020).

Oder der UN-Sondergesandter für Libyen Salame: In Libyen gibt es keine Akzeptanz für ausländische Truppen (FR 22.1.2020).

Oder der langjährige Afrika-Journalist der Frankfurter Rundschau, Dieterich: Westafrikanische Staaten wie Mali benötigen Hilfe beim Aufbau des Landes, keine Soldaten (Johannes Dieterich FR 14.1.2020)

Wir fordern erneut ein Ende der militärischen Auslandseinsätze.

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

als der damalige Bundespräsident Köhler 2010 sagte, dass „im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen“ erklärte der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, Deutschland führe in Afghanistan "keinen Krieg um Wirtschaftsinteressen, sondern es geht um unsere Sicherheit". Wer anderes behaupte oder fordere, "redet der Linkspartei das Wort. Wir wollen keine Wirtschaftskriege". Diese Äußerung Köhlers führte im Ergebnis wenige Wochen später zu seinem Rücktritt.

Heute darf die Verteidigungsministerin ohne großen Protest auszulösen fordern, dass Deutschland künftig offen damit umgehen müsse, dass wir - so wie jedes andere Land dieser Welt - eigene strategische Interessen haben. Wie kein anderes Land sei Deutschland darauf angewiesen, dass wir einen freien Handel haben, der auf Regeln basiert und dass es offene Handelswege gebe. Einen lautstarken Protest von Herrn Oppermann oder seiner Partei habe ich hier nicht vernommen.
Wir fordern: Es darf keinen Militäreinsatz für deutsche Wirtschaftsinteressen geben!

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

wir fordern einen scharfen Protest Deutschlands und der EU gegen den Plan der US-Regierung (FR 1.2.2020), den Einsatz von Landminen weltweit wieder zu erlauben. Auch deutsche Politiker sprachen von einem "fatalen Zeichen". 1997 vereinbarten mehr als 160 Staaten, darunter Deutschland, die Herstellung, Lagerung, den Einsatz und die Weitergabe von Tretminen zu verbieten.

Wichtige Staaten wie die USA, Russland, China und Indien schlossen sich dieser sogenannten Ottawa-Konvention jedoch nie an. Für die US-Armee erließ Obama dann das nationale Verbot. Ein Großteil der Opfer von Landminen sind Zivilisten. 2014 lag ihr Anteil bei 80%. Bis zum Jahr 2000 galt die allgemeine Schätzung von jährlich bis zu 26.000 Opfern von Landminen. 2014 gab es zehn Opfer pro Tag, also 3.678 „betroffene“ Menschen. Davon waren 39% Kinder.

Hier fordern wir einen lautstarken Protest unserer Bundesregierung bei der US-Regierung gegen den Einsatz von Landminen!

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

seit der Aussetzung der Wehrpflicht 2011 hat die Bundeswehr große Nachwuchssorgen - was uns freut! Seit dem lässt sie nichts unversucht, Jugendliche für das Tötungsgeschäft zu werben. Wir dürfen es nicht dulden, dass die Bundeswehr Minderjährige Jugendliche für die Bundeswehr wirbt!

Im Jahr 2019 haben 1.706 17-Jährige ihren Dienst bei der Bundeswehr angetreten. Im Jahr 2018 waren es noch 1.679. Selbst der Wehrbeauftragte sagt: Das ist nicht gut. Die Einstellung Minderjähriger sollte die Ausnahme bleiben, Volljährigkeit die Norm. Wir fordern: Es darf auch nicht die Ausnahme sein!

Ich erinnere: Der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes hat in seinen abschließenden Empfehlungen zu Deutschland vom Februar 2008 darauf hingewiesen, dass die große Mehrheit der Vertragsstaaten des Zusatzprotokolls die freiwillige Einberufung von Minderjährigen nicht erlaubt. Der Ausschuss hat vor diesem Hintergrund angeregt, dass Deutschland ebenfalls das Mindestalter für die Rekrutierung in die Bundeswehr auf 18 Jahre anhebt, um den rechtlichen Schutz von Kindern insgesamt zu erhöhen.

Der Jahresbericht der Jugendoffiziere für 2018 weist 5.815 Veranstaltungen im Berichtsjahr 2018 auf. Sie hielten 3.586 Vorträge vor 98.436 Jugendlichen. Zum weit überwiegenden Teil waren es Schülerinnen und Schüler sowie Studierende. Der Großteil der Vorträge wurde an Gymnasien gehalten. Die Berufsschulen zeigten ein auffällig gesteigertes Interesse an Vorträgen, schreiben die Jugendoffiziere in ihrem Jahresbericht.

Alles in allem erreichte die Bundeswehr 2009 jährlich ca. 700.000 Jugendliche alleine durch Werbeveranstaltungen von Jugendoffizieren und Wehrdienstberatern an Schulen, viele weitere bei Kasernenbesuchen, in Arbeitsämtern, bei Sportveranstaltungen, Messen und öffentlichen Festen.

Die Kosten für die Nachwuchswerbung der Bundeswehr lagen 2008 bei 3,8 Millionen Euro, sie stiegen 2013 auf 30 Millionen Euro und 2018 sogar auf über 34 Millionen Euro.

Übrigens hatte die Bundeswehr geplant, auf dem diesjährigen Hessentag vom 5.-14.Juni 2020 in Bad Vilbel wieder bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen für sich werben und Friedensinitiativen wollten wie jedes Jahr dagegen lautstark protestieren.
Wir fordern den Stopp jeder Art von militärischer Werbung bei Minderjährigen!

Wir fordern die Kündigung der Kooperationsabkommen zwischen Kultusministerien der Länder und der Bundeswehr, die ihnen ungehinderten Zugang zu Schulen ermöglichen!

Wir fordern Schluss mit der Werbung von Minderjährigen!

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

unsere Erde mit todbringenden Waffen zu bestücken reicht den Herrschenden nicht. So hat die NATO-Gipfel im Januar diesen Jahres den Weltraum zum ihrem Operationsgebiet erklärt. Das ist kein rein symbolischer Akt, sondern wird zu einem Wettrüsten im All führen. Künftig ist der Weltraum also ein eigenständiges „Operationsgebiet“. Und Deutschland als NATO-Mitglied hat dem wohl auch zugestimmt!

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

wir fordern auch ein Ende der Militarisierung des Alltags zum Beispiel durch die Zelebrierung Öffentlicher Gelöbnisse oder der Forderung der noch Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer nach einer Dienstpflicht für Jugendliche.

Und zum Schluss, liebe Freundinnen und Freunde, noch ein besonders trauriges Kapitel: Es vergeht kaum eine Woche, wo wir in den Medien lesen müssen, wie sich Rechtsextremisten, Neonazis, Reichsbürger in der Bundeswehr breitmachen. Die Regierung registriert dies, lässt ermittelt, hinterlässt aber den Eindruck, auf dem rechten Auge an Sehschwäche zu leiden.

Wir fordern aber ein energisches Durchgreifen gegen Nazis in der Bundeswehr und anderen Bereichen der Behörden!

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

seit Jahren hören wir die Floskel, dass Deutschland mehr Verantwortung übernehmen müsse. Dies ist eine verschleiernde Umschreibung für mehr Militäreinsätze der Bundeswehr im Ausland.

Statt immer mehr militärischen Auslandseinsätzen fordern wir eine Außenpolitik und eine Wirtschaftspolitik, die in Zusammenarbeit mit den Ländern in der sogenannten Dritten Welt der Bildung und Gesundheit, der ländlichen Entwicklung, dem Klimaschutz und dem Schutz der Menschenrechte Priorität einräumt. Zum neuen Jahr sind laut Welternährungsprogramm allein in Afrika südlich der Sahara viele Millionen Menschen auf lebensrettende Nahrungsmittelhilfe angewiesen.

Mehr Verantwortung übernehmen, ja, z. B. bei der zivilen Friedensförderung, bei der Flüchtlingspolitik, bei der Verhinderung von Landgrabbing, bei der Einhaltung menschenrechtlicher Kriterien bei der Produktion z. B. von Kleidung.

Es muss endlich aufhören,

  • diese Länder als Müllabladeplatz zu missbrauchen
  • sie als billigste Produktionsstandorte für deutsche Unternehmen zu dulden, wo Menschenrechte keine Bedeutung haben
  • sie als billige Rohstofflieferländer zu missbrauchen, wo nicht selten Menschenrechte mit Füßen getreten werden.

Ja, auch wir fordern mehr Verantwortung zu übernehmen, nicht durch Kriegseinsätze überall, sondern durch ein Eintreten für eine friedliche Entwicklung in der Welt.

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

ich erinnere an die Präambel des Grundgesetzes, wo es heißt dass das „Deutsche Volk“ von dem Willen beseelt sei, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen.

Ferner wird in Art. 1 Abs. 2 GG deklamiert, dass sich das deutsche Volk „zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt“ bekennt.
Und in Artikel 26 heißt es: Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.

Diesen Ansprüchen wird Deutschland leider bisher in keiner Weise gerecht! In einem Leserbrief hat vor kurzem der Theologe Gregor Böckermann treffend daran erinnert, „dass Waffen und Krieg nicht der Sicherheit und dem Frieden dienen“.
Liebe Freundinnen und Freunde, Auch 75 Jahre nach der Befreiung vom Faschismus ist die Forderung

„Nie wieder Krieg - Nie wieder Faschismus“

aktueller denn je!

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

zum Schluss noch die Erinnerung an die Friedenswanderung der Naturfreunde, die nach der bisherigen Planung am 22. Juni in Frankfurt, am 23.Juni in Egelsbach, am 24.Juni in Brandau und am 25.Juni in Lautertal-Elmshausen Station machen wird. Deren Forderungen nach globaler Abrüstung, der Einstellung der Rüstungsexporte, der Schaffung einer atomwaffenfreien Welt, der Forderung einer neuen europäischen Entspannungspolitik und dem Schutz von Demokratie und Freiheit gegen Machtmissbrauch sind auch unsere Forderungen!

Schaut aber auf die Homepage https://www.naturfreunde.de/fib-56

Nachsatz: Der Ausbruch des Corona-Virus hat „Defender 2020“ gestoppt und auch beim nun abgesagten Hessentag darf die Bundeswehr für ihr Kriegshandwerk nicht werben. Und der Friedensmarsch der Naturfreunde wird hoffentlich stattfinden.

 

Peter Friedl ist aktiv bei der DFG-VK Darmstadt.

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