Redebeitrag für die Antikriegstagveranstaltung am 1. September 2020 in Aalen

 

- Es gilt das gesprochene Wort –

 

Nie wieder Krieg! In die Zukunft investieren statt aufrüsten!

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

2020 jährt sich das Ende des Zweiten Weltkriegs und die Befreiung Europas und der Welt vom Faschismus zum 75ten Mal.

75 Jahre nach Kriegsende liegt es immer noch an uns allen, die Erinnerung an diese zahllosen Toten wachzuhalten und der Millionen von Holocaust-Opfern zu gedenken, die von den Nazis und deren Erfüllungsgehilfen kaltblütig ermordet wurden.
Wir sind es, welche die Erinnerung wachhalten müssen. Wachhalten, dass Deutschland gerade angesichts der Menschheitsverbrechen der Nazis eine besondere Verantwortung für den Frieden trägt.

Niemand anderes wird uns diese Verantwortung abnehmen! Stellvertreter wird es nicht geben! Wir selbst stehen in der Pflicht, die Erinnerung zu bewahren.

Im Kampf gegen das Vergessen sind wir Gewerkschaften nicht alleine. Viele Initiativen und Vereinigungen haben sich im Ostalbkreis gebildet und sind sehr aktiv.

Gegen das Vergessen sind es insbesondere die Stolpersteininitiativen in Aalen, Ellwangen und Lauchheim, die mit den Verlegungen von Stolpersteinen an die Ermordung von Juden, politisch Verfolgten, Menschen mit Behinderung, Sinti und Roma und Zwangsarbeiter aus Osteuropa durch die Nazis erinnern.

Für den Mut, die Kraft und die unendliche Zeit der Recherche danke ich allen die sich in den Initiativen engagieren.

Mit den Stolpersteinen wird das Vergessen unmöglich gemacht. Die unumstößliche Mahnung der Stolpersteine ist, aus der Geschichte zu lernen.

Nie wieder Rassismus! Nie wieder Fremdenfeindlichkeit! Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!

Die Rommelstraße nicht umzubenennen war, aus meiner Sicht, für den Gemeinderat ein schwaches Zeichen. Ich hätte mir für die Mehrheit des Gemeinderates den Mut gewünscht, welcher der Teil der Gemeinderäte aufgebracht hat, der für eine Umbenennung war. Aalen hätte es gutgetan!

Gerade in der Zeit, in der Nationalismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit immer mehr Zuspruch bekommt braucht es mehr Gemeinderäte mit einem „Arsch in der Hose“.

Der Aalener Gemeinderat hat vorerst die Chance verpasst, mit den braunen Gespenstern der Vergangenheit zu brechen.

Die Heidenheimer sind da inzwischen weiter. In Heidenheim wurde der monströse Rommel-Gedenk-Klotz inzwischen mit einem Mahnmal kontrastiert, das an die tausenden Opfer jener Minen mahnt, die der Wüstenfuchs millionenfach sinnlos im Wüstensand verbuddeln ließ. Aber bis es soweit war, hat es in Heidenheim 20 Jahre Streit um Rommel gegeben. Das Thema ist für Aalen also noch längst nicht erledigt.

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Kriege und bewaffnete Konflikte wie in Syrien, in Kurdistan, im Irak, in Afghanistan oder der Ukraine scheinen kein Ende zu nehmen. 1,8 Billionen Euro geben Regierungen jährlich für Rüstung und Krieg aus. Geld, das für Essen, Bildung und Soziales fehlt. Ich fordere die Herrschenden der Welt auf, beendet sofort jeglichen kriegerischen Konflikt.

Wohin man auch schaut, richten sich die Gewehre, u.a. made by Heckler & Koch, insbesondere gegen Minderheiten und die eigene Zivilbevölkerung, wie z.B. im syrischen Aleppo oder gegen die Rohingya in Myanmar.

Über 65 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht.

Die Grenzen Europas und Deutschlands sind wieder abgeschottet.

Auf der Suche nach Sicherheit ertrinken tausende Menschen im Mittelmeer. Es ist zur tödlichsten Grenze der Welt geworden. Eine Schande für Europa, eine Schande für die gesamte Menschheit!

Rassismus und offener Hass nehmen in vielen Ländern der Welt zu – auch in Deutschland. Die Wahrheit ist kein verlässliches Kriterium mehr, alles wird behauptet und herbei gelogen, wenn es nur Ängste und Vorurteile schürt.

Viele in der Politik geben diesen Stimmungen nach und befeuern sie noch.

Setzen wir auf der Ostalb ein Zeichen! Ein Zeichen des Friedens, der Völkerverständigung und Bekämpfung der Fluchtursachen!

Ich meine die LEA in Ellwangen. Statt über ein Ende zu diskutieren, soll sie bleiben. Sie soll solange Anlaufstelle für Geflüchtete sein, bis die Ursachen für Flucht aus der Welt geschafft sind.

Ich fordere deutlich die LEA in Ellwangen muss bleiben!

Geflüchtete müssen bleiben, denn inzwischen werden Geflüchtete aus Deutschland sogar in Kriegsgebiete wie nach Afghanistan abgeschoben.

Stoppt diesen Wahnsinn!

Gebt diesen Menschen Arbeit und Brot.

Es ist doch Irrsinn, dass ausgebildete Flüchtlinge abgeschoben werden. Das Handwerk braucht sie dringend. Die Politik steht Kopf. Stellen wir sie wieder auf die Füße. Integrieren statt abschieben, das muss unsere Antwort als Humanisten sein.
Human ist eine Welt ohne Atomwaffen! Atomwaffen gehören geächtet, verboten!

Das Gute, die Bundesregierung setzt sich offiziell für eine atomwaffenfreie Welt ein, das Schlechte, sie will sich nicht an den internationalen Verhandlungen über ein Atomwaffenverbot beteiligen.
Wie schizophren ist das denn?

Denn ohne die Ächtung von Atomwaffen ist der Atomwaffensperrvertrag ein stumpfes Schwert. Das muss auch die Bundesregierung einsehen.

Die Kritik der Bundesregierung, dass ein Vertrag wirkungslos bleibe, sofern die Atomwaffenstaaten nicht eingebunden sind, ist absurd.

Die Ächtung aller Atomwaffen ist ein unabdingbarer Schritt! Lasst uns diesen Weg voran gehen und gutes Beispiel sein!

Ich fordere einen Pakt der Vernünftigen!

Lasst uns die Abrüstung hin zu einer atomwaffenfreien Welt voranbringen – auch, wenn nicht alle Staaten diesen Schritt von Anfang an mitgehen!

So wie dies bei den Verboten von Bio- und Chemiewaffen auch der Fall war.

An Merkel und Scholz appelliere ich, lasst uns, ohne Wenn und Aber für eine Welt ohne Atomwaffen kämpfen! Das darf 75 Jahre nachdem die ersten Atombomben auf japanische Städte fielen, keine Diskussion mehr sein.

Ich sage:

Nie wieder Hiroschima!

Nie wieder Nagasaki!

 

Liebe Friedensfreundinnen und Freunde,

neben den kriegerischen Auseinandersetzungen und der zunehmenden Militarisierung der Politik hat gleichzeitig die soziale Spaltung dramatische Ausmaße erreicht. Gerade einmal 45 Superreiche haben mehr Vermögen als die ärmere Hälfte der Deutschen.

Diese Spaltung gibt es nicht nur im globalen Maßstab sie durchzieht nahezu alle Gesellschaften, auch die deutsche.

Millionen Menschen müssen sich mit Niedriglöhnen durchschlagen, haben keinerlei Aussicht auf eine existenzsichernde Rente, müssen um die wenigen bezahlbaren Wohnungen konkurrieren.

Anstatt diese Probleme anzugehen, werden immer mehr Mittel für Waffen und Militär ausgegeben.

Die Regierung plant bis im Jahr 2030 130 Milliarden Euro zusätzlich für Rüstung auszugeben . Gleichzeitig fehlen Gelder für Bildung, Soziales, Renten, Gesundheit, ökologischen Umbau. Das ist desaströse, verantwortungslose Politik. Der DGB fordert deshalb: In die Zukunft investieren, statt aufrüsten!

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

aber wir können nicht nur über Krieg und Frieden in der Welt reden. Wir müssen auch über die Aggressionen, die aggressiven Auseinandersetzungen, bis hin zu Gewalttaten bei denen Menschen wie in Hanau getötet werden, in unserer Gesellschaft reden.

Aus dem Stand kommt die AfD mit zweistelligen Prozenten in die Landtage. Bei der Bundestagswahl 2017 erhält sie 12,6 % und ist nach Bildung der großen Koalition die größte Oppositionspartei im Bundestag.

Eine Partei die offen gegen Flüchtlinge hetzt, die mit dem Nazi-Begriff der „Volksgemeinschaft“ flirtet und die unsere Gesellschaft unterteilen möchte in diejenigen, die ihrer Meinung nach „dazugehören“ und die, die nicht dazugehören sollen. Es sind nicht nur die Flüchtlinge, die nach den Vorstellungen der AfD nicht „dazugehören“ sollen, sondern auch jede und jeder von uns, die wir uns heute hier versammelt haben, und die die AfD als „Links-Grün-Versiffte“ beschimpft.

Die AfD steht für einen Kulturkrieg gegen eine weltoffene, liberale und tolerante Gesellschaft - wohin das führt, wissen wir alle.

Aber wer die Wahlerfolge der AfD auf die Flüchtlingspolitik und ihre Verweigerung von Asyl beschränkt, der springt zu kurz. Ihre Wähler sind nicht nur die ökonomisch Abgehängten.

Es sind die noch gut situierten Bürger, die Angst haben auch an den Rand der Gesellschaft gedrängt zu werden.

Es sind also jene, die mitansehen müssen, dass Politik nahezu ausschließlich für die Finanzmärkte und die Besserverdienenden gemacht wird.

Die erfahren müssen, dass sich viele nicht um sie und auch nicht um die Angst der Bürger vor sozialem Abstieg kümmern.

Es ist also vor allem die dadurch geschaffene

Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich, in Oben und Unten, die die Wahlerfolge der AfD ausmacht.

Wer sie jetzt und in Zukunft bekämpfen will, muss nicht das Asylrecht zu Grunde richten, muss nicht die Flüchtlinge bekämpfen.

Er muss wieder Sicherheit herstellen und zwar soziale Sicherheit für alle.

Er muss den seit langem geschundenen Sozialstaat wieder aufbauen und dadurch die Spaltung der Gesellschaft abbauen.

Er muss Arbeit, bezahlbare Wohnungen, Bildung, Ausbildung und soziale Sicherung für alle, die das nicht oder nicht ausreichend haben, schaffen.

Für Einheimische und für Flüchtlinge.

Lassen wir uns – Erwerbslose, abhängig Beschäftigte und Flüchtlinge – nicht gegeneinander ausspielen.

Das nutzt nur denjenigen, die von den bestehenden Verhältnissen profitieren und es nutzt der AfD.

Schon bevor viele Flüchtlinge kamen, fehlten massenhaft bezahlbare Wohnungen, Kitaplätze und gute Arbeitsplätze. Diese Probleme sind hausgemacht.

Wenn nun mehr Menschen eine Arbeit suchen und eine Wohnung brauchen, ja dann wird der Mangel noch größer.

Also: „Klotzen statt Kleckern !“ ist angesagt

Geld ist genug da – es ist nur in den falschen Händen und wird für die falschen Dinge ausgegeben.

 

Aber liebe Kolleginnen und Kollegen,

nicht nur unsere Gesellschaft ist weniger friedlich, sondern rechtslastiger und aggressiver geworden. Die ganze Welt ist nicht friedlicher geworden in den letzten Jahrzehnten. Im Gegenteil.

Es gibt nur 200 Staaten auf der Welt, aber aktuell mehr als 400 zwischenstaatliche und innerstaatliche Auseinandersetzungen und politische Konflikte. Viele davon werden, Gott sei Dank, gewaltfrei ausgetragen. Viele aber gewalttätig, 46 hoch gewalttätig, darunter 21 breit angelegte und 25 regional begrenzte mörderische Kriege.

Eine Horrorvorstellung und für uns noch mehr Ansporn Kriege zu ächten.

Eine Möglichkeit Kriege zu verhindern ist auch unser Kampf für eine Beendigung der Rüstungsproduktion. Denn ohne Waffen und militärisches Gerät könnten die Kriege, die überall in der Welt geführt werden, nicht stattfinden.

Es ist ein Skandal, dass Deutschland, nach den USA und Russland, inzwischen der drittgrößte Waffenexporteur der Welt ist.

Bei Panzerlieferungen nimmt Deutschland sogar den 2. Platz ein und bei U-Booten der 1. Platz.

Besonders skandalös ist auch der Export von Kleinwaffen, durch die weltweit die meisten Menschen, vor allem auch bei nicht staatlich geführten Konflikten (Bürgerkriegen), ums Leben kommen.

Wir wollen, dass damit Schluss gemacht wird.

Wir brauchen keine Drohnen, wir brauchen auch keine milliardenschwere Rüstungsgüter wie Eurofighter, Military-Airbusse, Atombomber, Raketenabwehrsysteme, Kampf- und Transporthubschrauber, Marschflugkörper, Schützenpanzer, Fregatten und Korvetten, U-Boote, Laser- und Streubomben.

Nein, das alles brauchen wir nicht.

Wir brauchen Abrüstung und Rüstungskonversion. Oft wird die Forderung nach Einstellung der Rüstungsexporte und der Rüstungsproduktion mit dem notwendigen Erhalt der Arbeitsplätze in diesem Bereich zurückgewiesen.

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

ich frage, müssen wir wirklich auf Rüstungsproduktion setzen um Beschäftigung zu sichern? Die Fakten jedenfalls sprechen dagegen.

Lediglich 80.000 Arbeitsplätze sind direkt von der Rüstungsproduktion abhängig. Das ist schon angesichts der 3.4 Mio. Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie sehr überschaubar und alternativ zu bewältigen.

Und angesichts der gut 45 Mio. Beschäftigten in der Gesamtwirtschaft ist leicht denkbar, dass qualifizierte Ersatzarbeitsplätze zu schaffen sind. Der Titel des Exportweltmeisters ließe sich auch locker ohne Rüstung holen.

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

es stimmt, Wohlstand und Arbeitsplätze hängen in diesem Land nicht von der Rüstungsindustrie und nicht vom Export von Waffen ab. Was fehlt ist der entschiedene Wille der Politik, der Unternehmen, aber auch der Gewerkschaften, die Rüstungskonversion wirklich ernsthaft zu betreiben. Wir werden weiter dafür sorgen müssen, dass sich das ändert und der Wille, Rüstung und somit Kriege zu beenden, sichtbar stark und bestimmend wird.

Also: Abrüsten statt Aufrüsten, Atomwaffen abschaffen,

Friedenspolitik statt Konfrontation.

Nie wieder Krieg! In die Zukunft investieren, statt aufrüsten!

Vielen Dank

 

Josef Mischko ist DGB Kreisvorsitzender Ostalb.