Redebeitrag für die Antikriegstagveranstaltung am 1. September 2020 in Freiburg

 

- Es gilt das gesprochene Wort –

 

Liebe Freunde,

heute ist „Welttag des Briefeschreibens“ titelt die Badische Zeitung am heutigen 1. September 2020. Kein Wort darüber, dass heute vor 81 Jahren Deutschland Polen überfiel und wir deshalb heute den Antikriegstag begehen. Dabei wäre es wichtig diesen Tag zum Anlass zu nehmen um Bilanz zu ziehen über die Kriege weltweit, über das Wettrüsten, über die Bedeutung Deutschlands als weltweit 4. größter Waffenexporteur.

Außenminister Maas twittert heute: „Mit dem deutschen Überfall auf Polen begann vor 81 Jahren der 2. Weltkrieg. Dass uns mit Polen heute eine enge Freundschaft verbindet, ist ein großes Glück und nicht selbstverständlich. Genauso wenig wie Frieden selbstverständlich ist. Wir müssen dafür einstehen.“

Richtig, kann man da nur sagen. Aber wer für Frieden einstehen will, der darf nicht weltweit mit seinen Waffen Kriege ermöglichen. Nach der im Spiegel veröffentlichten Studie von Sipri haben 2019 die Waffenexporte aus Deutschland um 17% zugenommen. Nicht zuletzt in die Türkei, die damit Krieg führt gegen die Kurden im eigenen Land und im Nordirak führt. Mit deutschen Waffen. Für 344 Mio. € lieferten deutschen Firmen 2019 Waffen in die Türkei, meldete die Tagesschau am 23.06.2020. Versteht das die Bundesregierung unter Einstehen für den Frieden?

 

Liebe Freunde,

viele Menschen wollen nicht mehr erinnert werden. Auf twitter schreiben sie an Heiko Maas, dass wir nach vorne schauen sollen, nicht nach hinten in die Geschichte. Welch ein verhängnisvoller Irrtum. Wie wollen wir aus der Geschichte lernen, wenn wir sie verdrängen ? Wie wollen wir die Zukunft friedvoll gestalten, wenn wir uns nicht den Verbrechen der Vergangenheit stellen?

Am 1. September 1939 überfiel das Deutsche Reich Polen mit rund 1,6 Mio. Soldaten, besetzte innerhalb weniger Wochen das Land und zerschlug und teilte das Land in Absprache mit der Sowjetunion auf. Schon während der Kampfhandlungen im September verübten Einsatzgruppen der Polizei aber auch Angehörige der Wehrmacht planmäßig Massenmorde an polnischen Priestern, Gewerkschaftern, Intellektuellen und Juden. Die rücksichtslose Ausbeutung von Polen und Juden wurde Ziel sog. völkischer Ausrottungsmaßnahmen. Am 3. September erklärten Frankreich und Großbritannien als Antwort auf den Überfall Deutschland der Krieg. Der von Deutschland entfesselte 2. Weltkrieg und der Holocaust hatten begonnen.

Wir stehen hier, um an dieses Verbrechen an der Menschheit zu erinnern, das am 1.9.39 von deutschem Boden ausging. Man schätzt, dass in den folgenden 6 Jahren 60 Millionen Menschen das Leben verloren.

Diesen Krieg haben die Faschisten planmäßig vorbereitet mit Völkischem Denken, Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus.

Am Wochenende wehte in Berlin die schwarz-weiß-rote Fahne, unter der die Faschisten die Weimarer Republik und ihre demokratische Verfassung zerstörten. Kein Veranstalter, kein Demonstrant sah einen Grund zum Einschreiten. Das sind die Leute, die nicht nach hinten in die Geschichte schauen wollen. Es spielt keine Rolle, wie viele dieser 38.000 Rechtsradikale sind, denn die vollkommene Distanzlosigkeit zu Faschisten, Antisemiten und Rassisten ist das eigentliche Problem.

 

Liebe Freunde,

wer Friedensarbeit leistet, braucht einen langen Atem. Die nukleare Rüstungskontrolle befindet sich seit Trump in einer tiefen Krise. 75 Jahre nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki wächst erneut die atomare Bedrohung. Umso wichtiger wäre, dass der internationale Atomwaffenverbotsvertrag rechtlich in Kraft treten kann. Doch auch Deutschland ist diesem 2017 von den Vereinten Nationen verabschiedeten Vertrag bislang nicht beigetreten.

Mitte Juni 2017 hat der damalige Außenminister Sigmar Gabriel nochmals die Stationierung von Atomwaffen in Deutschland sowie eine gleichgewichtige nukleare Abschreckung gegenüber Russland verteidigt. Deshalb könne Deutschland nicht hinter einem Atomwaffenverbot stehen. Und kürzlich hat Außenminister Maas diese Position bekräftigt. Damit dürfen wir uns nicht zufrieden geben. Von Deutschland sind im letzten Jahrhundert 2 Weltkriege entfesselt worden. Deutschland hat die Verpflichtung diesem Abkommen beizutreten, damit die Herstellung und Lagerung dieser Waffen völkerrechtlich verboten wird. Auch die Friedensorganisation von über 6000 Kommunen majors for peace, der Freiburg beigetreten ist, fordert alle Staaten auf dem Abkommen beizutreten.

Ich möchte allen Friedensfreunden im Namen der Stadt danken für ihren unermüdlichen Einsatz für Frieden. Gerade in einer Zeit, in der die Vorboten des Krieges, völkisches, nationalistisches und rassistisches Denken wieder um sich greifen, kommt dieser Arbeit hohe Bedeutung für unser aller Zukunft zu.

Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!

 

Michael Moos ist aktiv bei der Partei die Linke in Freiburg.