Redebeitrag für die Antikriegstagsveranstaltung am 1. September 2021 in Lehrte

 

- Sperrfrist: 1.9.21, Redebeginn: 18 Uhr -
- Es gilt das gesprochene Wort -

 

Sehr geehrte damen und Herren,
Liebe Freundinnen und Freunde,

als Vertreter unserer Kirchengemeinde möchte ich mich zunächst herzlich bedanken, dass Sie, Herr Nold, den Antikriegstag heute hier bei uns begehen. Und ihnen, Herr Bürgermeister Prüße, vielen Dank dafür, dass Sie hier aktiv auftreten. Der Frieden und damit die Abwesenheit von Krieg ist mit das wichtigste und verbindet uns alle.

Der heutige Tag ist der Jahrestag des Überfalls auf Polen, des Beginns des grausamen und verbrecherischen zweiten Weltkriegs. Wir haben nun in Deutschland 76 Jahre ohne Krieg erlebt. Aber Kriege sind nicht verschwunden.

Papst Franziskus warnt wieder und wieder vor einer "Wieder-Aufwertung des Krieges". Er sagt: "Heute spricht man sich allzu schnell für einen Krieg aus und bringt dafür alle möglichen Entschuldigungen vor: humanitäre, defensive oder präventive." Und weiter: "Krieg ist völliger Wahnsinn, es ist wahnsinnig, Häuser, Brücken, Fabriken, Krankenhäuser zu zerstören, Menschen zu töten.

Und weiter sagt er: "Die Welt ist im Krieg! 1914, 1939 bis 45, und nun wieder… wir dürfen keine Angst haben, das auszusprechen." Er warnt vor einem "Dritten Weltkrieg", der "stückweise" ausgetragen wird.
Übertreibt er damit? Wikipedia zählt für den heutigen Tag 17 Kriege mit jeweils mehr als 10.000 Toten auf, in unserer Welt, während wir davon kaum etwas spüren. Die schlimmsten davon sind wohl die in Afghanistan, in Syrien, im Irak, in Somalia, im Südsudan, in Darfur, aber auch der Drogenkrieg in Mexiko mit 230.000 Toten. Und auch in Europa haben wir Konflikte: die Ukraine ist in einem heißen Krieg, und wir haben Konfliktlinien wie Türkei gegen Griechenland, Konflikte auf dem Balkan und weitere, z.B. die Unterdrückung der Opposition in Belarus.

Bei vielen Kriegen geht es um Geld, wirtschaftliche Interessen, Bodenschätze und um die Herrschaft über Völker. Und in vielen Konflikten geht es auch um Wertevorstellungen. Z.B. in Afghanistan, wo unsere westlichen Werte gegen die Werte der Scharia stehen.

Was können wir gegen Kriege tun? Wichtig ist soziale Gerechtigkeit: Alle Menschen müssen Chancen haben: auf Arbeit, auf Wohlstand, auf Freiheit. Nicht nur in Deutschland sondern weltweit.

In jedem Gottesdienst beten wir mehrfach um Frieden. Im Gloria zu Beginn, bei der Wandlung im Friedensgebet, dann geben wir uns ein Zeichen des Friedens und der Versöhnung, und am Schluss segnet uns der Pfarrer mit den Worten "Gehet hin in Frieden".

Kann beten helfen? Darüber streiten sich die Gelehrten. Erinnern wir uns an den gefährlichsten Konflikt, der zu unseren Lebzeiten existierte: der kalte Krieg. Tausende von Atombomben mit kurzen Vorwarnzeiten waren aufeinander gerichtet. Die völlige Auslöschung Deutschlands und weiter Teile der Welt waren möglich. Die Fronten schienen völlig verhärtet.

Dann wurde 1978 ein Pole zum Papst gewählt. Zwei Jahre später entstand in Polen die Gewerkschaft Solidarność, die für Gerechtigkeit und Freiheit kämpfte. Sie wurde von der übermächtigen Regierung nicht vernichtet, sondern nur unterdrückt. Dies auch wegen der Rückendeckung von Papst Johannes Paul II. Drei Jahre später, 1985, wurde Michail Gorbatschow zum Generalsekretär der kommunistischen Partei der Sowjetunion gewählt. Und dann geschah das Undenkbare. Gorbatschow beendete den Kalten Krieg.

Ohne Waffengang, nur durch eine Änderung im Denken wichtiger Personen wurde eine große Kriegsgefahr beseitigt.

Und so ist es vielleicht doch sinnvoll, wenn wir in den Fürbitten zu Gott beten: "Wir bitten dich für alle, die in Politik und Wirtschaft Entscheidungen zu treffen haben, dass Gott ihr Handeln zum Wohl der ganzen Schöpfung leite."
Und da noch nicht überall Frieden ist, beten wir auch: „Wir bitten dich für die Menschen, die auf der Flucht sind, dass Gotte sie auf ihren Wegen beschütze.“
Und schließen möchte ich mit den Worten: "Möge der Friede bei uns, bei unserem Land, in Europa und in der ganzen Welt sein."

Vielen Dank.

 

Dr. Günther Schrüfer ist Pfarrgemeinderatsvorsitzender St. Bernward Lehrte.