Gelöbnis mit Adbusting-Aktion angegriffen

Aktion gegen Bundeswehrgelöbnis in Berlin

von Boris Pistolenschuss
Initiativen
Initiativen

Munition und Menschenleben: Bisschen Schwund ist immer.“ So dürfte sich die Bundeswehr die Bewerbung des Gelöbnisses des Wachregiment am Abgeordnetenhaus nicht vorgestellt haben. Rund um den Veranstaltungsort kaperte die antimilitaristische Kommunikationsguerilla-Gruppe "GelöbNix 2.0" unerlaubt Werbevitrinen. Über 30 gefälschte Poster im Design der Bundeswehr hängen nun in den Vitrinen. Eines der Poster trägt die Aufschrift: „Nicht jeder Soldat ist ein Nazi - aber verdammt viele Nazis sind Soldat*innen“. Auf anderen Motiven heißt es: „Jeder Tote ist ein kleiner Schritt zum Weltfrieden“ und „Wir suchen Klimakiller, m/w/d“.

Die 30 gefälschten Poster hängen in den Straßen und Bahnstationen rund um das Abgeordnetenhaus. Die weitreichenden Absperrungen, die die normale Bürger*in aus der Mitte der Gesellschaft vom Gelöbnis fernhalten sollten, wirkten gegen die Guerilla-Gruppe nicht: Warnwesten wirken wie postmoderne Unsichtbarkeitsmäntel.

Wolfsrudel im Wachregiment
Wie wenig exzellent das Wachregiment im Verteidigen der freiheitlich-demokratischen Grundrechte ist, zeigt ein handfester Naziskandal. Im Oktober 2021 meldete der Spiegel, dass es im Wachregiment eine Nazigruppe namens „Wolfsrudel“ gebe. Auch gegen Unteroffiziere werde ermittelt. Im Alltag des Regiments hätten Ausbilder Soldat*innen rassistisch beschimpft, Rekrut*innen hätten T-Shirts mit einer schwarzen Sonne und der Aufschrift „Sonnenstudio 88“ getragen. Auf der Rückseite sei der Schriftzug „Wir sind braun“ zu lesen gewesen. Kein Einzelfall: Ein bereits 2017 an den MAD gemeldeter Sympathisant der „Identitären Bewegung“ durfte dort bis Sommer 2021 weiter Dienst leisten.
Das Verfahren gegen das „Wolfsrudel" wurde ein Jahr später ohne Ergebnis eingestellt. Angeblich gäbe es keinen Anfangsverdacht. Dafür hätte die Justiz jedoch bloß die Bundeswehr-eigene Youtube-Serie „Semper talis" über das Wachregiment gucken müssen. Bedenklich ist bereits, was die Soldat*innen in der Serie über ihre Motivation für den Dienst an der Waffe in die Kamera sagen. Es ist zum einen offene Begeisterung für Waffen, - “endlich den Karabiner 98k in der Hand halten, das will ich, seit ich in der Bundeswehr bin“ - , zum anderen, dass der Vater oder Großvater auch schon gedient habe. Man sieht einen Ausbilder, der die Rekruten mit der Drohung „Disziplin ist das A und O. Macht mich unglücklich, und ich mach‘ euch unglücklich“ begrüßt. Beim Sport trägt der Unteroffizier ein selbstgemachtes Fanshirt seiner Kompanie, das altdeutsche Schrift und eine drohend geschlossene Faust zeigt. (Siehe z. B. https://antifa.vvn-bda.de/2022/09/04/stets-gleich/)

Was ist Adbusting?
Die hier praktizierte Kunstform nennt sich Adbusting, ein Kofferwort aus dem englischen „Advertising“ (Werbung) und „to bust“ (kaputtmachen, stören). Dabei wird Werbung mit Farbe, Papier und Schere so verändert, dass sich der Sinn der ursprünglichen Botschaft ins Gegenteil verkehrt.
Die Bundeswehr ist dieser Kritik im öffentlichem Raum trotz eines millionenstarken Werbeetats, Panzer und Raketen bis heute schutzlos ausgeliefert. Obwohl sich schon das Terrorabwehrzentrum von Bund und Ländern mehrmals mit dem Fälschen von Werbeplakaten beschäftigte, sich die Geheimdienste in mehreren Verfassungsschutzberichten über Adbusting empörten und diverse Landespolizeien mit DNA-Analysen nach den Künstler*innen fahndeten, stellten Gerichte und Staatsanwaltschaften Strafverfahren immer wieder ein. Gerade erst entschied das Bundesverfassungsgericht, das die Berliner Polizei illegal Hausdurchsuchungen bei Adbuster*innen durchgeführt hatte.

Ausgabe

Rubrik

Initiativen
„Boris Pistolenschuss“ ist Mitglied der Gruppe "GelöbniX 2.0".