Aktiv für den Frieden - an der Basis in Köln

von Ariane DettloffLuzie Wingen
Schwerpunkt
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Der Beginn
Angefangen haben wir als "AK Frieden bei den Grünen Köln" mit einer grünen Schildkröte (Alternativpanzer!) als Emblem, die die damaligen vier grünen Säulen "Pazifistisch, Ökologisch, Basisdemokratisch, Sozial" als Schriftzug präsentierte. Damals (1982) beteiligten wir uns an den Massendemonstrationen in Bonn gegen die Atomraketenstationierung, gingen aber in unseren eigenen Aktionen vor Ort über die Ein-Punkt-Bewegung hinaus: Wir wandten uns gegen die Bundeswehr insgesamt wie gegen jedes Militär, unterstützten Kriegsdienst- und Totalverweigerer (Wir verteilten Aufforderungen und Anleitungen zum Verweigern vor dem Kreiswehrersatzamt), blockierten das Heeresamt und den Bau des unterirdischen NATO-Bunkers in Glimbach-Linnich: "Lasst sie nicht ungestört weiterbauen", "NATO grab` NATO-Grab!" Wir bestückten unseren Infostand mit Friedenslektüre und verteilten Flugis gegen Rüstungsprojekte (Wisst ihr noch? Jäger 90 beispielsweise, heute als "Eurofighter" immer noch auf der Bundeswehrbeschaffungsliste!) Wir protestierten gegen Rüstungsexporte (immer wieder beispielsweise in die Türkei, um den menschenverachtenden Krieg in Kurdistan zu fördern) und verlangten den Austritt der Bundesrepublik aus dem Kriegsbündnis NATO. Wir beteiligten uns an den Aktionen gegen den Golfkrieg. Vor Ort protestierten wir auf dem Flughafen Köln-Wahn gegen das Eingreifen deutscher Soldaten in Somalia.

Abschied von den Grünen
Seit der "Wende" bröckelte der grüne Konsens in Sachen Frieden. Als "Bündnis 90/Die Grünen" sich schließlich vom Pazifismus verabschiedete, verabschiedeten wir uns von "Bündnis 90/Die Grünen". Mit einem Transparent "Macht Politik, nicht Krieg!" zogen wir 1995 in den Bundestag, als die grüne Fraktion dem Bundeswehreinsatz in Bosnien zustimmte. Antje Vollmer als Vizepräsidentin forderte den Saalschutz auf, den unliebsamen Spruch zu entfernen - was dieser auch tat. Wir erhielten Strafanzeige und mussten blechen.
 

Die Bundeswehr zog nach Jugoslawien, wo bis heute kein Frieden herrscht. Militärs eignen sich halt nicht als "Friedensstifter". Wir gaben uns 1996 den neuen Namen "Pax an" (nicht bedenkend, dass er leicht zu Verwechslungen führt. Viele ordnen uns christlich ein - was nicht zutrifft, wir wollen mit diesem Namen "Frieden" und "Aktion" ausdrücken.)

Aktionen
Am Antikriegstag konfrontieren wir das Publikum regelmäßig mit Friedensveranstaltungen, 1998 z.B. mit einem öffentlichen "Gelöbnix". Wir protestierten vor dem Hohen Dom zu Köln gegen die jährlich im Januar zelebrierten Soldatengottesdienste von Kardinal Meisner.

Mit dem Kosovo-Einsatz der Bundeswehr im Rahmen des "humanitären" NATO-Kriegs gegen Jugoslawien gegen jedes Völkerrecht und mit ausdrücklicher Befürwortung grünerseits bekamen wir neuen Zulauf. Während des Kriegs gestalteten wir eine tägliche Mahnwache vor dem Kölner Dom und jede Woche eine Kundgebung. Wir entlarvten Medienlügen zur Kriegsrechtfertigung. Wir sammelten Unterschriften gegen den Krieg und schickten sie an die verantwortlichen Politiker. Außerdem verfassten wir eine "Denk-Schrift", in der wir die rot-grüne Koalition mit früheren friedensversprechenden Aussagen, UN-Bestimmungen und dem Grundgesetz (Streitkräfte nur zur Verteidigung) konfrontierten. Wir überreichten sie im Außenministerium.

Nach dem Jugoslawienkrieg hielten wir am 24. jeden Monats eine Gedenk-Mahnwache bis zum 1. Jahrestag des Kriegsbeginns am 24. März 2000. "Krieg ist kein Mittel gegen humanitäre Katastrophen, Krieg ist eine humanitäre Katastrophe!!" war unser erstes Flugblatt gegen den NATO-Krieg überschrieben - was sich ja traurigerweise wieder mal bestätigte. Unsere Kriegskritik verbanden wir mit Informationen zum "Zivilen Friedensdienst" als Alternative zum Militär. Schließlich bedeutet Pazifismus nicht passives Zuschauen, wie gerne unterstellt wird. Auch unser Straßentheater "Kriege, soll`s euch ewig geben?" begleiteten wir mit Informationen zum Thema "Alternativen zum Krieg".

Anlässlich der Kölner Präsentation der Wehrmachtsausstellung veranstalteten wir eine Lesung literarischer Texte zum Thema "Helden und Deserteure" (von Jünger bis Tucholsky, Schnurre und Andersch). Im Rahmen unserer regelmäßigen Beiträge zum Programm des Friedensbildungswerks Köln referierten u.a. der serbische Deserteur Dusan Milosevic, die US-amerikanische Mitarbeiterin des "Balkan Peace Team" Lyn Back, der Irak-Experte Jochen Hippler, Clemens Ronnefeld als Vertreter des "Versöhnungsbunds", Paul Schäfer als sicherheitspolitischer Experte der PDS-Fraktion u.v.a.

Wir beteiligen uns auch weiterhin jedes Jahr am Ostermarsch. Gelegentlich gestalten wir eine Sendung für den Lokalfunk.

Unsere nächsten Aktionen (gemeinsam mit dem "Kölner Friedensforum") werden die Atombombenopfer-Ausstellung und Rahmenveranstaltungen zum Hiroshima-Tag mit aktuellen Informationen zu Atomwaffen in der Bundesrepublik und am Antikriegstag eine Podiumsdiskussion mit Tobias Pflüger und Peter Strutynski sein. Aktuell protestieren wir gegen die Ausweitung des Jugoslawienkriegs auf Mazedonien: "Wieder nichts gelernt?! Militärs sind keine Friedensstifter - auch nicht in Mazedonien". Wir unterstützen auch die Unterschriftensammlung unter den Brief von Andreas Buro an die Bundestagsabgeordneten gegen einen Bundeswehreinsatz in Mazedonien. Ihr seht: wir haben schrecklich viel zu tun und brauchen dringend Frieden. Doch über 40 Kriege auf der Welt zwingen uns weiterzumachen - Uff!

Wie`s abläuft
"Pax an" trifft sich einmal wöchentlich Donnerstag abends. Dann wird etwa 2 « h Friedensarbeit gemacht. Anschließend geht`s ins benachbarte Cafe "Sehnsucht". Der genaue Beginn ist variabel - nach und nach tröpfeln die einzelnen Mitglieder ein, maximal etwa 16, meistens um die 10 Personen. Wenn eine kritische Masse an TeilnehmerInnen erreicht ist, fängt die Diskussion an. Da wir keinen offiziellen Leiter oder Sprecherin haben, beginnt es damit, dass ein/e Freiwillige/r gesucht wird, der/die an diesem Abend das Gespräch koordiniert. Noch schwieriger ist es jedoch, eine ProtokollantIn zu finden - das gelingt nicht immer.

Dann geht es richtig los: Tagesordnungspunkte werden gesammelt - meist aktuell anstehende Aktionen und Termine, aber auch die aktuelle politische Lage oder grundsätzliche Gedanken zu (unserer Ansicht nach stets wirtschaftlichen) Kriegsursachen oder friedlichen Alternativen. Solche Punkte werden von Arbeitskreisen eingebracht, die sich außerhalb der "Pax an"-Treffen zu diesen Themen schlau gemacht haben.

Manchmal stehen aber auch gruppendynamische Themen auf dem Programm oder etwa Abstimmungsmodalitäten. Da wir in der Durchführung von Aktionen schon einige Erfahrung haben, sind die technischen Details meist relativ zügig abgeklärt bzw. die Aufgaben verteilt. Schwieriger sind Flugblattdiskussionen. Hier zeigt sich z.B., dass die TeilnehmerInnen doch unterschiedliche Standpunkte haben. Nur ein Teil der Gruppe ist rein pazifistisch, alle sind aber antimilitaristisch eingestellt.

Alle 14 Tage soll ein inhaltlicher Schwerpunkt diskutiert werden, doch leider schaffen wir es nicht, das regelmäßig durchzuhalten. Dennoch haben wir viel über die unterschiedlichen Auffassungen gelernt. Missverständnisse in unseren Flugblattdiskussionen sind seltener geworden. Das Schöne an der Friedensarbeit ist: man übt sich dabei zugleich in ziviler Konfliktbearbeitung!

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Ariane Dettloff ist Mitglied bei "Pax an" in Köln.
Luzie Wingen ist Mitglied bei "Pax an" in Köln.