Buchbesprechung

Am Anfang war die Vision vom Frieden

von Christine Schweitzer

Zu Ehren des 90. Geburtstags des österreichischen Friedensforschers und Begründers des Instituts auf der Burg Schlaining Gerald Mader haben seine FreundInnen und WeggenossInnen ein schwergewichtiges Buch herausgegeben. Schwergewichtig im doppelten Wortsinn: Mit fast 600 Seiten hat das Buch sein Gewicht, und etliche der in ihm veröffentlichten Aufsätze würden es verdienen, in der Community, aber auch darüber hinaus zur Kenntnis genommen zu werden.

Das Buch wurde in elf Teile gegliedert, von denen jedes zwischen zwei und fünf Artikel enthält. Die HerausgeberInnen wurden anscheinend von dem Bestreben geleitet, jene Aspekte einer „Vision vom Frieden“ zu behandeln, die Gerald Mader besonders wichtig waren: Neben einem (abschließenden) Teil, das sich mit dem Wirken Maders befasst, sind in dem Buch folgende Themen zu finden:

  • Kritische Bewusstseinsbildung“, in dem es um die Rolle und die Verantwortung von Friedensforschung und Universitäten geht;
  • Zivilisierungsprojekt Weltunordnung“, mit Beiträgen von Noam Chomsky, Jean Ziegler und Elmar Altvater;
  • Gibt es einen gerechten Frieden?“, eine Frage, der sich die drei Autoren aus unterschiedlichen Perspektiven (Philosophie, Theologie und Entwicklungszusammenarbeit) nähern;
  • Friedensmacht Europa?“, mit Aufsätzen, u.a. von Eckehard Krippendorff und dem verstorbenen Peter Strutynski;
  • Ökonomie und Ökologie in der Pleite“, wo es um Neoliberalismus, Marktideologie und Krise geht, u.a. mit einem Beitrag von Birgit Mahnkopf;
  • Vom Kämpfen für den Frieden“, mit Beiträgen zur Situation in Nahost (Werner Ruf), 'Foreign Fighters' und Bürgerkrieg;
  • Krieg und Frieden weiß-rot“, über Österreichs Außenpolitik, Neutralität und Friedensbewegung;
  • Die Waffen nieder!“, ein Kapitel, in dem sich u.a. Reiner Steinweg mit globaler gewaltfreier Aktion und Pete Hämmerle und Irmgard Ehrenberger mit gewaltfreier Intervention in Konflikte befassen;
  • Kulturen des Friedens“, wo es um Musik (Dieter Senghaas) und in mehreren Beiträgen um Friedenspädagogik geht;
  • Recht und UN-Recht“ über Selbstbestimmung, Völkerrecht und Genozid, Cyberspace und noch einmal, wie im zweiten Teil, um die 'aus den Fugen geratene Welt'.

Angesichts der großen Zahl an Beiträgen und AutorInnen (wobei das Binnen-I etwas schmeichelhaft ist: Von den 37 AutorInnen sind lediglich fünf Frauen) mag es seltsam anmuten, darauf hinzuweisen, dass zwei Themenbereiche, die nach Ermessen der Schreiberin dieser Besprechung wesentlich zu einer „Vision von Frieden“ dazugehören würden, fehlen. In keinem der Aufsätze erscheint das Thema 'Gender und Militarismus', wie überhaupt Militarismus und Militarisierung als Ideologie und innergesellschaftliches Phänomen nicht angesprochen werden.

Der roter Faden ist in dem Sammelwerk die Interessen von Gerald Mader. Wenn man das als eine Fundgrube nimmt und sich jene Aufsätze herauspickt, die einen interessieren, dann lohnt sich die Investition in dieses gewichtige Werk.

 

Roithner, Thomas und Gamauf-Eberhardt, Ursula (Hrsg.) (2016): Am Anfang war die Vision vom Frieden. Wegweiser in eine Zukunft ohne Krieg und Gewalt. Festschrift zum 90. Geburtstag von Gerald Mader. Wien:Kremayr und Scheriau, ISBN 978-3-218-01037-5, 592 S., 27,-€

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Hintergrund
Christine Schweitzer ist Co-Geschäftsführerin beim Bund für Soziale Verteidigung und Redakteurin des Friedensforums.