Blockupy

Auf dem Weg zur Europäisierung

von Werner Rätz

Vom 29. Mai bis 2. Juni 2013 fanden in Frankfurt die diesjährigen Blockupy-Aktionstage mit Camp, Aktionen Zivilen Ungehorsams und Demonstration statt. Wegen der Knappheit des Platzes beschränke ich mich auf eine Aufzählung einiger wichtiger Aspekte.

Organisatorisch war vieles in diesem Jahr sehr viel besser vorbereitet. Vor allem das Camp war beeindruckend, die Stimmung entsprechend gut. Die technische Seite der Aktionen hat ebenso gestimmt wie die Informationsarbeit nach innen und außen.

Politisch ist das Bündnis nicht wirklich breiter geworden, obwohl es viele Bemühungen diesbezüglich gab und es mit dem Dazukommen des Netzwerks Friedenskooperative und dem eigenen Gewerkschafteraufruf auch einzelne Erfolge gab.

Die zahlenmäßige Beteiligung kann nicht zufriedenstellen. Zwar waren bei den Aktionen Zivilen Ungehorsams wie erwartet einige tausend Menschen, aber der erhoffte Zustrom blieb aus. Die Demo war deutlich kleiner als im letzten Jahr. Es waren auch weniger AktivistInnen aus anderen europäischen Ländern in Frankfurt als 2012, aber das hatte nachvollziehbare Gründe. Zum einen waren wir am Beginn der Mobilisierung davon ausgegangen, dass der europaweite Schwerpunkt in diesem Jahr der EUGipfel im März in Brüssel sein würde. Erst danach gab es eine Umorientierung mancher internationals auf Frankfurt. Zum anderen bauten aber auch viele eigenständige Mobilisierungen für den 1. Juni in ihren Ländern auf, die sich so solidarisch auf Blockupy bezogen wie wir uns auf sie. Damit hat sich die europaweite Kooperation eher verstärkt. Blockupy ist inzwischen tatsächlich in rudimentärer Form ein europäischer Akteur. Das wurde auch am engen Bezug praktisch aller Anwesenden auf Blockupy auf dem Alter Summit in Athen am 7. - 9.6.2013 deutlich. Blockupy 2014 wird europäisch sein.

Anders als 2012 gab es diesmal schon im Vorfeld der Aktionen eine gewisse mediale Aufmerksamkeit für das Ereignis. Das hatte durchaus auch zu einer ganzen Reihe von inhaltlichen Berichten über die Folgen der Krisenpolitik vor allem in vielen Zeitungen und auch in einigen Radiosendern geführt. Meine Aussage auf der Pressekonferenz am Montag vor den Aktionstagen, dass die Austeritätspolitik tötet, wurde breit zitiert. So konnten die Aktionen am Freitag vor einer inhaltlich zumindest teilweise sensibilisierten Öffentlichkeit stattfinden.

Dabei waren vor allem die Aktivitäten in der zweiten Welle, die das globale Abschieberegime, internationale Textilproduktion, Wohnungsnot, Landgrabbing und Nahrungsmittelspekulation thematisierten, hilfreich, weil sie unsere Kritik plastischer und greifbarer machten. Die Stimmung der AktivistInnen war trotz morgendlichen Dauerregens glänzend, die Aktionen alle gelungen, das öffentliche Lob einhellig.

Unsere Einschätzung, dass es gegen diese positive und weitgehend auch gelungene inhaltliche Darstellung unseres Anliegens in dem Medien schwierig sein würde, die Demonstration am Samstag anzugreifen, erwies sich als Irrtum. Im Gegenteil gab es offensichtlich die Absicht, mit dem martialischen Auftreten der Polizei diese Inhalte unsichtbar zu machen. Das ist vollkommen misslungen, die inhaltlichen Fragen bleiben ein Thema. Selbst in der Bildzeitung war die Rede von den dramatischen Folgen der europäischen Krisenpolitik für die Menschen in Südeuropa. Der Streit um diese Politik ist inzwischen auch in der deutschen Öffentlichkeit angekommen. Das Blockupybündnis hatte sehr viel Zeit und Kraft auf die Erarbeitung eines Aktionskonsenses verwandt, der allen Beteiligten einiges abverlangte und ziemlich detailliert festhielt, welche Regelüberschreitungen gemeinsam getragen würden.

Im Prinzip hieß das, keine isolierte Militanz einzelner Gruppen oder Personen und keinerlei Distanzierung. Diese Verabredung kam nicht, wie einige befürchtet hatten, bei den Aktionen Zivilen Ungehorsams unter Druck, sondern bei der Demonstration. Sie hat absolut gehalten. Was bei den fast tausend Menschen im Polizeikessel am 1.6. gefunden wurde und das Verhalten aller Beteiligten trotz massiver Polizeiübergriffe bewegte sich vollständig im abgesprochenen Rahmen. Gleichzeitig wäre während des 9-stündigen Geschehens niemand auf die Idee gekommen, die Demo fortzusetzen, solange der Kessel existierte. Diese Solidarität untereinander hatte die Polizeiführung offensichtlich völlig falsch eingeschätzt. Das war eine der beiden wesentlichen Voraussetzungen für die anschließende umfassende mediale Aufmerksamkeit und die eindeutig gegen die Polizei gewandte Berichterstattung. Die andere war, dass auch JournalistInnen eingekesselt worden waren.

Dennoch ist wieder einmal die Frage der Demokratie der öffentliche Aufreger. Es ist gut, dass diesmal alle politischen Kräfte links von CDU und FDP Blockupy verteidigen, aber unehrlich, weil SPD und Grüne nicht nur inhaltlich die autoritäre Krisenpolitik mittragen, sondern speziell die Frankfurter und die hessischen Grünen alle ihre Möglichkeiten, den demokratischen Skandal um die Demo zu verhindern oder hinterher zumindest anständig aufzuarbeiten, ausgelassen haben. Dagegen hat die hessische Linkspartei eine absolut solidarische Rolle gespielt und ihr Wiedereinzug in den Landtag wäre für Blockupy 2014 sehr wichtig.

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Initiativen
Werner Rätz ist aktiv bei der Informationsstelle Lateinamerika in Bonn und für diese im Koordinierungskreis von Attac Deutschland, ebenfalls im Blockupy-Kokreis. Webseite: www.werner-raetz.de