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BFH-Urteil zur Frage der Steuerverweigerung aus Gewissensgründen
Zum ersten Mal wurde auf höchstrichterlicher Ebene darüber entschieden, ob Gewissensgründe im Einzelfall eine Unbilligkeit i.S. der Abgabenordnung (AO) seien und damit zu einem Steuererlaß gemäß 227 führen können.
Seit 1983 beantragen die Kläger Erlaß eines Teils ihrer Einkommensteuer gemäß 227 AO. Dabei geht es ihnen um den Anteil der Steuer, der mit Sicherheit für militärische Zwecke verwendet wird. Als Mitglieder der Religiösen Gesellschaft der Freunde (Quäker) lehnen sie jegliche Mitwirkung an der Anwendung von Gewalt oder der Vorbereitung zum Töten ab und berufen sich dazu auf die im Grundgesetz Art. 4, Abs. 1 garantierte Freiheit des Gewissens und seiner Verwirklichung.
Der Rechtsweg führte über die Finanzbehörden zur Klage beim Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles wurde von diesem die Revision zum BFH zugelassen.
Im Gegensatz zum FG Baden-Württemberg hat der BFH die Klage als zulässig bezeichnet, sie jedoch in der Sache als unbegründet zurückgewiesen. In der mündlichen Verhandlung ging es u.a. um die Frage, ob die Gewissensfreiheit des einzelnen zurückzutreten hat, um die "Budgethoheit" des Parlaments uneingeschränkt zu sichern. Dabei wurden Parallelen zur Verweigerung des Kriegsdienstes mit der Waffe (Art. 4 Abs. 3 GG) angesprochen sowie die Möglichkeit einer gesetzlichen Pflichtenalternative für Steuerzahler und Steuerzahlerinnen (!), die jede finanzielle Mitwirkung an militärischer Rüstung aus Gewissensgründen ablehnen. Durch das jetzt bekanntgegebene Urteil wird die Klage als unbegründet zurückgewiesen.
Der Urteilstenor ergibt sich aus einigen Kernsätzen: (1) Die Zahlung von Steuern kann nicht aus Gewissensgründen verweigert werden. (2) Auch im Billigkeitsverfahren (kann) eine Steuerherabsetzung nicht in Betracht kommen.
Die Begründung verweist auf die Tatsache, daß Steuerpflichtige nicht über die Verwendung von Steuern entscheiden können. Durch eine Steuerverweigerung aus Gewissensgründen werde die "Funktionsfähigkeit der gesetzgebenden Körperschaften in Frage gestellt".
Der Gewissenskonflikt wird vom BFH nicht in Zweifel gezogen. Trotzdem verneint das Gericht im Ergebnis die Frage, ob auch Gewissensgründe (und nicht nur finanzielle Schwierigkeiten) zu einer Unbilligkeit i.S. des 227 AO führen können. Damit bewertet der BFH aus Gründen der Staatsräson die Pflicht zur vollständigen Entrichtung der Steuern höher als die "Gerechtigkeit des Einzelfalls" unter dem Schutz des Grundrechts auf Gewissensfreiheit gemäß Art. 4 Abs. 3 GG. Die Möglichkeit einer gesetzlichen Pflichtenalternative zum "Kriegsdienst mit der Steuer" (wie sie derzeit aufgrund einer Gesetzes-initiative von Bündnis 90/Grüne in Bonn beraten wird) blieb unberücksichtigt. Ebenfalls unterblieb eine Güterabwägung gemäß dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Damit sehen sich die Kläger grundgesetzwidrig behandelt. Sie werden deshalb Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil einlegen, die, wie bereits das gesamte finanzgerichtliche Verfahren, von der Freiburger Anwaltskanzlei de Witt und Partner vorbereitet wird.
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