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Blick zurück im Zorn
vonDer weitere Wahnsinn war schon beschlossen. Die NATO hielt einen Bodenkrieg für unvermeidlich und die Operation "B-Minus" sollte in der ersten Septemberwoche starten. Mit 170.000 Soldaten wollten die USA und Großbritannien das Kosovo und zur Not auch Serbien erobern. Außenminister Fischer hatte offenbar Kenntnis davon, die Bundesregierung hätte dem Bodenkrieg im NATO-Rat zugestimmt, lediglich die Teilnahme der Bundeswehr war noch ungeklärt.
Man kann sich kaum vorstellen, wie das geendet hätte, muss sich aber wohl merken: Unsere NATO-Regierungen sind bei einer als "humanitäre Mission" ausgegebenen Aktion bereit, zig-, evtl. hunderttausende zivile Opfer zu riskieren, sicher auch tausende der "feindlichen" und der "eigenen" Soldaten zu verheizen, das (eventuell) eroberte Gebiet bei der "Befreiung" völlig zu zerstören und einen Flächenbrand auf dem Balkan und eventuell darüber hinaus zu entfachen. Ihr Motiv ist nicht Humanität sondern Macht.
Die Militärstrategen, in diesem Fall ein bei der NATO in Brüssel sitzendes Geheimteam namens "Jedi-Ritter", sind völlig verhaftet in den Militärstrategien des Kalten Krieges, vordefinierten Eskalationsstufen, die als Einbahnstraße bis zu dem Punkt in der Sackgasse führen, an dem man alles zerstört, was man zu schützen vorgab. Seit der "flexible response", die die Zerstörung der Erde im nuklearen Schlagabtausch ernsthaft inkauf nimmt, hat sich nichts geändert. Kriegslogik kennt keine Menschenrechte. Diesen Soldaten und dieser Logik vertrauen unsere Regierungen unser aller Sicherheit an.
Ganz entgegen der NATO-Propaganda hat der Kriegsverlauf das Scheitern des militärischen Weges zur Erreichung der propagierten Ziele offenbart. Die NATO mit ihren High-Tech-Waffen hat schon den Luftkrieg verbrecherisch geführt, geächtete Cluster-Bomben und Urangeschosse verwendet, hauptsächlich zivile Infrastruktur und Menschenleben zerstört, das Land chemisch verseucht und die Nachbarländer destabilisert. Die militärische Wirkung gegen die jugoslawischen Truppen im Kosovo war aber gering. Die von den USA behaupteten 122 zerstörten Panzer waren wohl weitgehend die von den Serben aufgestellten Attrappen, so wie die NATO-Kampjets auch über Felder gespannte Folien als Straßen bombardiert hatten. Die nach dem Waffenstillstand aus dem Kosovo abziehenden jugoslawischen Truppen waren keineswegs besiegt, die faktische Kapitulation eine politische Entscheidung, herbeigeführt vom durch die NATO immer wieder brüskierten Russland.
Nach der Propaganda der Bundesregierung und der NATO-Herren hat die Kombination aus Bomben und Verhandlungen zum "Erfolg" im Kosovo-Krieg geführt. Aber was ist das Ergebnis? Der jetzt von allen angenommene Plan unterscheidet sich vom Rambouillet-Diktat durch die Einbeziehung Russlands, die Oberhoheit der Vereinten Nationen und die ausdrückliche Beschränkung der internationalen Truppen auf den Kosovo. Und genau dies hätte die NATO auch ohne den Krieg bekommen können. Hunderttausenden Kosovo-Albanern wäre Vertreibung und Not erspart geblieben, viele Verbrechen wären vermieden, tausende Bombenopfer würden noch leben, die weitgehende Zerstörung der Heimat der Menschen im Kosovo und im gesamten Jugoslawien wäre verhindert worden. Die zig Milliarden Kosten des Krieges hätten in den Frieden investiert werden können. Vielleicht wäre auch die jetzige Rache der Kosovaren vermieden worden, würden jetzt nicht die Serben aus dem Kosovo vertrieben. Und vielleicht wäre die Ermunterung für weitere Sezessionen und neuen Nationalismus in anderen Teilen der Region nicht so deutlich ausgefallen, die sich anbahnenden Konflikte um Montenegro, dem Sandjak, der Vojvodina usw. vermeidbar gewesen.
Das NATO-Kalkül des militärischen Diktats und der damit verbundenen Demonstration des absoluten Machtanspruchs ist nicht völlig aufgegangen. Die UN, Rußland und China wurden doch gebraucht. Dennoch wird der NATO-Krieg gegen Jugoslawien nicht der letzte sein. Er ist Präzedenzfall für die kürzlich in Washington verabschiedete neue NATO-Doktrin, die die völkerrechtswidrige Selbstmandatierung als ständige Ausnahme zum Normalfall macht. Und er ist Initialzündung für die Aufrüstung Europas, das sich für eigene militärische Abenteuer von den USA emanzipieren möchte.
Die notwendigen Lehren aus diesem Krieg müssen die antimilitarischen Gruppen wiederum gegen die dominante Propaganda der Regierenden zur Diskussion stellen.
* Nicht die Militarisierung der EU für eigene
Interventionsfähigkeit, sondern die Stärkung der
OSZE in einem kooperativen Gesamteuropa.
* Nicht Kosovo als Präzedenzfall für die neue
NATO-Strategie der Selbstmandatierung, sondern
Rückkehr zum Völkerrecht unter einer gestärkten
UNO.
* Nicht militärische Parteinahme für eine
Konfliktpartei, sondern tatkräftige Unterstützung
für die demokratischen Kräfte der gesamten
Region.
* Nur die Investition in Mittel der zivilen
Konfliktbearbeitung, nur die enge Zusammenarbeit
in Gesamteuropa kann die nächsten Kriege
verhindern.
Wir wollen eine Welt ohne Grenzen, ohne Nationalismus, Rassismus und Ausgrenzung. Wir wollen nie wieder Krieg!