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Bericht von der FIfF-Konferenz 2023
Cyberpeace, Nachhaltigkeit und Künstliche Intelligenz
von
Am 3.-5. November 2023 fand am Ostkreuz in Berlin die diesjährige Konferenz des Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (kurz FIfF) statt. In Vorträgen und Diskussionen wurden drei Schwerpunkte gesetzt, die vor allem auf zukünftige Entwicklungen gerichtet waren:
Cyberpeace – Entwicklungen der Informatik im militärischen Bereich und Auswirkungen von Informatik-gestützten Angriffen einschließlich möglicher Maßnahmen dagegen.
Nachhaltigkeit – Auswirkungen der Digitalisierung mit Blick auf nachhaltige Ökologie, Maßnahmen gegen den Klimawandel und Förderung sozialer Gerechtigkeit.
Künstliche Intelligenz – Nutzung generativer Künstlicher Intelligenz und damit verbundene Auswirkungen auf die Gesellschaft, beispielsweise unter ökonomischen Aspekten.
Bereits der erste Vortrag machte deutlich, dass zwischen diesen Schwerpunkten enge Verbindungen bestehen. Generative Künstliche Intelligenz, wie sie beispielweise für den verbreiteten Chatbot ChatGPT (1) eingesetzt wird, kann sowohl für Angriffe genutzt werden, als auch um sich dagegen zu verteidigen. Militärische Operationen erfordern ein genaues Bild der Lage und der Handlungsoptionen – dafür wird durch fortgeschrittene Militär- und Überwachungstechnik ein „Gläsernes Schlachtfeld“ geschaffen, wie in einem weiteren Vortrag dargestellt wurde. Um die Sicherheit im Cyberraum zu stärken, müssen entdeckte Schwachstellen schnell geschlossen werden. Um dies zu erreichen, wird deren verantwortliche Veröffentlichung gefordert – nachdem den Hersteller*innen angemessene Zeit zur Behebung eingeräumt wurde. Militärische Aspekte der Cybersicherheit und deren Demilitarisierung behandelte ein Panel, in dem diskutiert wurde, wie die bisher in der öffentlichen Debatte und in Kommunikationsstrategien stark militärisch geprägte Cybersicherheit über diese militärischen Narrationen hinaus konzeptionalisiert werden kann.
Nachhaltigkeit und Machtfragen wurden in einem weiteren Vortrag thematisiert – ist die Digitalisierung Chance oder Risiko für die Umsetzung nachhaltiger Lösungen, den Kampf gegen die Klimakrise und die Förderung sozialer Gerechtigkeit? Aus der Perspektive politischer Lobbyarbeit wurde dabei analysiert, wie neue Akteure, Dynamiken und Herausforderungen der digitalen Welt eingeordnet und politisch für eine sozial-ökologisch gerechte Zukunft gestaltet werden können. Die Digitalisierung der Informationstechnik in der Entwicklungszusammenarbeit, damit verbunden das Vorgehen der Technologiekonzerne, das teilweise als digitaler Kolonialismus bewertet werden muss, und die Nutzung der Technologie zum Aufbau eines Überwachungsstaats wurden ebenfalls behandelt.
Über die bereits genannten militärischen Gesichtspunkte hinaus spielen auch Auswirkungen auf die Ökonomie bei generativer Künstlicher Intelligenz eine wichtige Rolle. Dies betrifft vor allem den Wandel des Arbeitsmarkts – von der Ersetzung von Jobs durch KI-gestützte Einrichtungen bis hin zu verstärktem Einsatz von Gig-Worker*innen – häufig im globalen Süden –, die in prekären Arbeitsverhältnissen unterschiedlich komplexe Aufgaben erledigen. Leitplanken für die zukünftige Nutzung von generativer KI wurden dargestellt, die sich aus den technischen und ökonomischen Eigenschaften dieser Technologie ergeben.
Ingesamt ergab sich ein breites Spektrum von Themen, bei denen deutlich wurde, dass die unterschiedlichen Bereiche viele Querverbindungen haben und zusammengedacht werden müssen.
Das fachliche Programm wurde ergänzt durch eine persönliche Sicht auf aktuelle Debatten aus ostdeutscher Perspektive und eine Kunstpräsentation mit Ausstellung, die ästhetische Zugänge zum Cyberpeace thematisierte.
Wie in jedem Jahr wurde ein Rückblick auf die Aktivitäten des vergangenen FIfF-Jahres gehalten und der Weizenbaum-Studienpreis verliehen. In diesem Jahr wurden damit zwei Arbeiten ausgezeichnet, die unausweichliche Überwachung aus zwei Perspektiven betrachten: Die problematische Forderung nach „Digitaler Mündigkeit“ und die damit verbundene Abwälzung der Verantwortung für Überwachung auf Nutzer*innen, die dieser Verantwortung aufgrund der fortgeschrittenen Überwachungsmethoden nicht mehr gerecht werden können, und die Auswirkung der Überwachungstechniken auf Unbeteiligte – Menschen, die die Technik selbst nicht nutzen, ihr aber aufgrund ihrer Allgegenwärtigkeit dennoch nicht entgehen können. Den Abschluss bildete die Mitgliederversammlung des FIfF, in der der Vorstand turnusgemäß neu gewählt wurde.
Weitere Informationen zur Konferenz sind unter 2023.fiffkon.de zu finden – dort gibt es auch Aufzeichnungen der meisten Vorträge. In der FIfF-Kommunikation 1/2024 wird es einen ausführlichen Bericht zur Konferenz mit Ausarbeitungen der Vorträge geben.
Anmerkung
1 GPT steht für Generative Pre-trained Transformer, eine Anwendung der Künstlichen Intelligenz, die mit Hilfe umfangreicher Wissensbestände vortrainiert wurde und auf Basis maschinellen Lernens und stochastischer Verfahren in der Lage ist, auf natürlichsprachliche Fragen zu antworten.